Im AH-Training stimmt was nicht

Tholey · Über Nutzen und Risiken von Fußball im Alter referierte der Arzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Dr. Tim Meyer, bei einem Vortrag in Tholey. Eine der wichtigsten Erkenntnisse: Das Training in diesem Altersbereich ist nur bedingt effektiv.

 Tim Meyer sieht in der Trainingsgestaltung der meisten AH-Teams noch viel Verbesserungsbedarf. Foto: semmler

Tim Meyer sieht in der Trainingsgestaltung der meisten AH-Teams noch viel Verbesserungsbedarf. Foto: semmler

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"Es wird ein Ball in die Mitte geschmissen, und dann geht es los." So sieht für Dr. Tim Meyer, Arzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ein typisches Training bei den Alten Herren (Fußball-Spieler über 32) im Saarland aus. Und nicht nur im Saarland. Meyer befasste sich in den vergangenen Jahren in zwei Studien mit dem Thema "Fußball im Alter - Nutzen und Risiken". Die Ergebnisse stellte der Mediziner am Dienstagabend vor rund 50 Zuhörern bei einer Veranstaltung des Saarländischen Fußball-Verbandes in Tholey vor.

Kaum Nutzen für die Gesundheit

Eine der wichtigsten Erkenntnisse: Das AH-Training, wie es bei vielen Vereinen durchgeführt wird, bringt nur bedingt positive Effekte für die Gesundheit. "So wie das Training derzeit läuft, macht das sicher Spaß, aber unter gesundheitlichen Aspekten ist das nicht optimal." Meyer rät deshalb, zumindest 20 Prozent der Trainingszeit mit einem Aufwärmprogramm zu verbinden. "Das Aufwärmen kann man dabei auch funktionell machen. Man kann beispielsweise Kräftigungsübungen einbauen oder Geschicklichkeits-Übungen und Koordination. Der Ball kann dabei ruhig mit dabei sein", erklärt Meyer.

Als nur bedingt geeignet für das Aufwärmprogramm hat sich laut Meyer der vom Weltverband Fifa herausgegebene Leitfaden "Eleven plus" herausgestellt. Dieser beinhaltet elf verschiedene Übungen zum Warmmachen. Im Rahmen einer seiner Studien führte Meyer ein Projekt durch, bei dem eine Gruppe von AH-Teams das Aufwärmprogramm unter Anleitung durchführte, eine andere Gruppe nicht. "Das Programm hatte in der Ü-Fußball-Gruppe keinen positiven Effekt. Man muss dabei allerdings auch betonen, dass es nicht extra für den Ü-Fußball entwickelt wurde", erklärte Meyer. Warum es keinen Nutzen gab, darüber kann Meyer nur spekulieren. "Die meisten AH-Teams trainieren nur einmal pro Woche. Das ist zu wenig, um einen positiven Effekt zu erzielen. Zudem war zu merken, dass im Laufe der Saison die Motivation für das Programm nachließ. Einige Spieler kamen sogar extra zu spät, um nicht mitmachen zu müssen."

Um richtig fit zu bleiben, rät Meyer älteren Fußballern zudem, sich neben dem oft nur einmal wöchentlich stattfindenden Fußballtraining noch anderweitig sportlich zu betätigen. Meyer und seine Kollegen vom Institut für Sport- und Präventivmedizin in Saarbrücken sind derzeit gerade dabei, in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine Broschüre für ein optimales Aufwärmtraining und einen guten Trainingsaufbau für den AH-Bereich zu entwickeln. Diese soll 2016 veröffentlicht werden. Dazu gibt es ein Programm "Fußball-Fitness", in dem Vorschläge zu ergänzenden sportlichen Aktivitäten neben dem Fußball gemacht werden.

Meyer rät auch allen AH-Fußballern dazu, sich einem Medizin-Check mit einem Belastungs-EKG zu unterziehen, bei dem Vorerkrankungen am Herzen ausgeschlossen werden können. Wenn keine Vorerkrankungen vorlägen, könnten ältere Fußballer gerne auch an ihre Leistungsgrenze gehen. Denn das tun sie oft - sowohl im Training als auch im Spiel. Der Puls der gecheckten Spieler lag bei allen Einsätzen zwischen 77 und 99 Prozent des Maximalpulses.

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