Grabungsfest Grabungsfest eröffnet Blicke in die Antike

Tholey · Die römische Ausgrabungsstätte im Wareswald war am Wochenende wieder Treffpunkt vieler Archäologie-Freunde.

 Gladiatorenkampf: Archäologe und Kampfregisseur Mathias Kunzler (links im Bild) demonstiert römische Kampfkunst der Gladiatoren.

Gladiatorenkampf: Archäologe und Kampfregisseur Mathias Kunzler (links im Bild) demonstiert römische Kampfkunst der Gladiatoren.

Foto: Marion Schmidt

Eine Zeitreise in die Welt der Römer und Kelten erlebten am letzten Juni-Sonntag die Besucher des Grabungsfestes am Wareswald bei Tholey. Die Terrex gGmbH und die Gemeinde Tholey hatten zum 17. Mal in die römische Ausgrabungsstätte geladen. Hunderte Besucher nutzten die Gelegenheit, in die alte Zeit einzutauchen. Der eine oder andere Besucher kam sogar in den Genuss eines römischen Shuttleservices und konnte in einem Triumphwagen vom Parkplatz zur Grabungsstätte fahren.

Dort herrschte den ganzen Tag über reges Markttreiben. An verschiedenen Stationen wurden keltische und römische Handwerkstechniken vorgeführt. So auch am Stand von Frank Wiesenberg. Der Archäologe aus Köln hat eine ganze Sammlung von alten Münzen, Fibeln und Glasrepliken mitgebracht. Ruhig und anschaulich informiert er die Besucher über die Herstellungsmethoden antiker Glasgefäße, die bis heute nachwirken. Seit Mitte der 90er Jahre fasziniert den Archäologen die Glasverarbeitung in römischer Tradition. Im Archäologiepark der Römischen Villa Borg hat er römische Glashütte rekonstruiert und die Ergebnisse der ersten Brennvorgänge in seiner Bachelorarbeit publiziert. Beim Grabungsfest im Wareswald demonstriert Frank Wiesenberg die Fertigung von Bronzegüssen mit dem traditionellen Sandgussverfahren. Hierbei drückt er verschiedenen Metallformen wie Fibeln, kleine Schlüssel und ein Phallus-Glücksamulett in einen mit Formsand gefüllten Gussrahmen und presst einen zweiten Rahmen auf die Metallrohlinge. In einem tönernen Schmelztiegel wird die Bronze erhitzt, bis sie flüssig ist und in die Sandgussform eingegossen werden kann. Hierzu muss der Archäologe erst einmal die Holzkohle mit einer handbetriebenen Blasebalgkonstruktion auf etwa 1000 Grad aufheizen. Nach dem Brennvorgange wird die Gussform zerschlagen, das Gussteil in kaltem Wasser abgekühlt, entgratet und poliert. Der Archäologe hat sein Hobby zum Beruf gemacht, nachdem er nicht mehr in seinem Beruf als Maschinenbauer arbeiten wollte: „Ich hatte keine Lust mehr Produkte herzustellen, die aufgrund bewusst eingebauter Schwachstellen nur kurzlebig sind, und habe dann mit dem Archäologiestudium begonnen.“ Für ihn sei es wichtig zu wissen, wie sich in früheren Zeiten die Städte und Gesellschaften entwickelt hätten. „Die Archäologie zeigt uns, wo wir herkommen und wo auch technisch gesehen unsere Wurzeln liegen“, so Frank Wiesenberg.

Einen Stand weiter hängt Heidi Gessner aus Marpingen gerade gewebte Stoffbänder auf. Sie gehört zur Keltengruppe Treveromagos und ist zum Grabungsfest ein keltisches Gewand geschlüpft. Der saarländische Verein hat sich auf die Vermittlung von keltischem Handwerk spezialisiert. „Als gelernte Näherin bin ich in unserem Verein in der Textilabteilung gelandet“, verrät sie. Die Besucher des Grabungsfests erfahren, wie die Kelten früher Schafswolle gefärbt haben. Gefärbt wurde mit verschiedenen Pflanzen wir Zwiebel, Birkenblüten oder Kamille. Die Materialbeschaffenheit der Färbetöpfe wirke sich auf das Farbergebnis aus. „Wenn ich Wolle zum Beispiel mit Zwiebelstücken färbe, erhalte ich ein unterschiedliche Tönung, je nachdem, ob ich in einem Kuper-, Ton- und Eisentopf gefärbt habe“, erklärt Heidi Gessner.

Eine Kostprobe römischer Kochkunst präsentierten Andrea und Stefan Nitsche an ihrem Stand. Beim Probieren der römischen Käsepaste Moretum erklärt Stefan Nitsche die Ursprünge: „Die Zubereitung der Frischkäsepaste ist uns aus einem Gedicht des Virgil überliefert.“ Das Paar aus Bad Dürkheim gehört zu einer Gruppe, die es sich unter dem Titel „Römischer Vicus“ zum Ziel gemacht hat, das römische Handwerk mit Livepräsentationen am Leben zu erhalten. So wie im alten Rom ganze Menschenmassen in die Amphitheater strömten, um bei den harten kämpfen die Gladiatoren wie Popstars zu feiern, so lockte beim Grabungsfest im Wareswald die Kampfvorführung der Gladiatoren viele Besucher an. Der Lehrstuhl des Ludus Gorgonis, des Instituts für Archäologische Wissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt, ist mit zehn Studenten angereist. Sie legen die für einen Gladiator typische Rüstung an und demonstrieren unter fachkundiger Moderation von Mathias Kunzler, mit welchen Waffen und Techniken die Berufskämpfer im alten Rom gekämpft haben. „In der Kaiserzeit entstanden viele verschiedene Gattungen, um das Publikum bei Laune zu halten. Und um für Spannung zu sorgen, kämpften stets unterschiedlich ausgerüstete, aber gleich starke Gladiatoren gegeneinander“, erklärte Kunzler. Als Archäologe und ausgebildeter Kampfregisseur für Theater und Film, ist er ein wahrer Fachmann auf diesem Gebiet. Ergänzend zu dem Grabungsfest informierte Projektleiter und Archäologe Dr. Klaus-Peter Henz in seinen Führungen über aktuelle Grabungsergebnisse. „Als ein nächstes Projekt wollen wir den Mars-Tempel visualisieren, so wie es schon für das Pfeilergrab realisiert wurde.“ Es gibt noch viel zu tun im Wareswald, denn aktuell sind erst acht bis neun Prozent des Grabungsfeldes erforscht.

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