Laien und Profis graben im Wareswald Wenn der Forschergeist geweckt wird

Tholey · Vom 16. bis 19 September spüren die Teilnehmer eines Grabungscamps im Wareswald unseren Vorfahren nach.

 Dieses Foto vom Juni zeigt die Profis bei der Arbei: Klaus-Peter Henz (links) und Philip Kiernan beobachten, wie eine Studentin einen Grabungsabschnitt in Millimeterarbeit auf ein Zeichenpapier überträgt.

Dieses Foto vom Juni zeigt die Profis bei der Arbei: Klaus-Peter Henz (links) und Philip Kiernan beobachten, wie eine Studentin einen Grabungsabschnitt in Millimeterarbeit auf ein Zeichenpapier überträgt.

Foto: Marion Schmidt

Im Vicus Wareswald am Fuße des Schaumbergs kann ab kommendem Montag wieder ordentlich gebuddelt werden. Zweimal im Jahr bietet die Gemeinde Tholey  mehrtägige Grabungscamps an. Zuletzt trafen sich Ende Juni Hobbyarchäologen aus ganz Deutschland, um sich auf Spurensuche unserer Vorfahren zu begeben.

Wer sich für Archäologie interessiert und schon immer mal bei einer Ausgrabung mitmischen wollte, ist hier bestens aufgehoben. Unter fachmännischer Anleitung eines Archäologen lernen die Teilnehmer die Grundlagen archäologischer Arbeits- und Vorgehensweisen kennen und erhalten zugleich einen Einblick in das Leben in keltisch-römischer Zeit. Denn der Vicus Wareswald entstand vor 2000 Jahren am Kreuzungspunkt der zu römischer Zeit überregional bedeutsamen Straßen zwischen Metz und Mainz einerseits und Straßburg und Trier andererseits. Viele Menschen, vor allem Reisende und Händler, nutzten die zumeist vom Militär angelegten Wege. Die dadurch hervorgerufene Nachfrage nach Unterkunft und Verpflegung, aber auch nach Gütern des täglichen Bedarfs veranlasste Händler und Handwerker, sich im Wareswald niederzulassen. Es setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung ein, der die Siedlung zu einer stattlichen Größe von mehreren Hektar besiedelter Fläche wachsen ließ. Um das Jahr 400 wurde der Vicus verlassen. Der Platz ist seither nicht mehr besiedelt, wird aber von der Terrex gGmbH wissenschaftlich erforscht.

Archäologe Klaus-Peter Henz betreut die Hobbyarchäologen im Grabungscamp. Bereits zum fünften Mal dabei ist Brigitte Stütz aus Brühl: „Ich habe mich schon immer für Archäologie interessiert. Das ist so faszinierend, beim Graben auf alte Sachen zu stoßen und mir dann vorzustellen, dass die Scherbe, die ich jetzt in der Hand halte, in früheren Zeiten auch schon jemand anderes in der Hand hielt.“ Ein Grabungstag beginnt morgens kurz nach 7 Uhr mit einem gemeinsamen Frühstück im Gästehaus Lioba in Tholey, kurz vor 8 Uhr bricht die Gruppe dann mit einem Lunchpaket für die Mittagspause zum Wareswald auf. „Das ist schon ein anstrengender Tagesablauf, aber dennoch so erholsam, weil wir den ganzen Tag an der frischen Luft aktiv sind. Man ist raus aus dem Alltag. Das Graben hat auch so etwas Meditatives. Über das gemeinsame Interesse an der Archäologie entsteht in der Gruppe schnell ein Gemeinschaftsgefühl“, schwärmt Brigitte Stütz.

Viele Teilnehmer sind Wiederholungstäter. So auch Nadine Märkisch aus Berlin. Sie hat sich bereits zum siebten Mal im Grabungscamp eingebucht: „Das hier ist erlebte Geschichte pur zum Anfassen und das mitten in der Natur. Das ist ein Wahnsinnsgefühl, eine alte Scherbe zu halten und nach 2000 Jahren noch Spuren zu erkennen.“ Sie fühle sich im Grabungscamp schnell vom Forschergeist getriebenen Gruppendynamik angesteckt. „Irgendwie sind wir alle seelenverwandt“, findet die Hobbyarchäologin.

Christoph Bubel ist das Interesse für die alten Zeiten quasi in die Wiege gelegt. „Als kleiner Junge habe ich meinen Urgroßvater zu Ausgrabungen begleitet. Die Archäologie erdet einen, weil man sich mit seinen Wurzeln beschäftigt“, so der Jurist aus Frankfurt über seine Motivation. Das Grabungscamp war für die Teilnehmer ein besonderes Erlebnis, weil tatsächlich auch Fundstücke ausgegraben wurden, die zurzeit wissenschaftlich untersucht werden.

Während für die Hobbyarchäologen das Grabungscamp eine Art Aktivurlaub bedeutet, verbrachten andere aus beruflichen Gründen ihre Zeit im Wareswald. Kurz nach dem Ende des Grabungscamps reiste eine Gruppe amerikanischer Archäologen an. Professor Dr. Philip Kiernan von der Kennesaw State University im US-Bundesstaat Georgia setzte mit seinen Studenten seine Forschungsgrabung aus dem vergangenen Jahr fort. Für den gebürtigen Kanadier Kiernan, Professor für Kunstgeschichte und Archäologie, ist es bereits die dritte Grabung auf deutschem Boden. Sein mehrwöchiger Besuch im Wareswald war sein zweites Grabungsprojekt mit der Terrex. Das Spezialgebiet des amerikanischen Archäologen ist die provinzialrömische Archäologie sei, die sich mit der Geschichte, der Sachkultur und der Zivilisation der Provinzen des Römischen Reichs befasst. Durch eine Bekannte auf den Vicus Wareswald aufmerksam geworden, war sein Interesse schnell für das Grabungsfeld in der Gemeinde Tholey geweckt. „Unsere Ausgrabungen fördern immer wieder einen neuen Baustein der Geschichte zu Tage“, so Philip Kiernan.

 Beim ersten Grabungscamp 2019, war auch Hobbyarchäologin Brigitte Stütz aus Brühl dabei. Sie fand es faszinierend, alte Scherben zu finden und in der Hand zu halten.

Beim ersten Grabungscamp 2019, war auch Hobbyarchäologin Brigitte Stütz aus Brühl dabei. Sie fand es faszinierend, alte Scherben zu finden und in der Hand zu halten.

Foto: Marion Schmidt

Das nächste archäologische Grabungscamp findet von Montag bis Freitag, 16. bis 20. September, statt. Weitere Informationen bei der Gemeinde Tholey, Tel. (0 68 53) 5 08 13 oder per Mail tourist@tholey.de

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