Flammen vernichten ihr Zuhause in Tholey

Tholey. Sie haben viel verloren. Doch das Wichtigste ist ihnen geblieben: ihr Leben. Körperlich unversehrt. Dennoch wird der gestrige Tag Narben hinterlassen. Seelische. Denn der Brand, der ihr Wohnhaus in der Metzer Straße 41 in Tholey verwüstete, schockte Dorothee Schäfer-Schneider (48), Tochter Sophie (16) und ihre fünf Schützlinge zutiefst

Tholey. Sie haben viel verloren. Doch das Wichtigste ist ihnen geblieben: ihr Leben. Körperlich unversehrt. Dennoch wird der gestrige Tag Narben hinterlassen. Seelische. Denn der Brand, der ihr Wohnhaus in der Metzer Straße 41 in Tholey verwüstete, schockte Dorothee Schäfer-Schneider (48), Tochter Sophie (16) und ihre fünf Schützlinge zutiefst. Auch wenn's wenige Stunden nach dem Unglück auf den ersten Blick nicht so aussieht. Schließlich sind sie abgelenkt. Vorerst. Richten notdürftig ihr Quartier in der ehemaligen Zwergenburg ein, dem bis vor einem halben Jahr genutzten Bau des Sotzweiler Kindergartens oberhalb der Kirche. Mit Kleinmöbeln, Matratzen des kommunalen Wertstoffhofes. Kostenlos, informiert Eduard Graf (56), stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes, und schleppt mit Kollegen erneut Möbel vom Laster ins Haus.Noch während der Löscharbeiten leitete dies alles Tholeys Bürgermeister Hermann Josef Schmidt (CDU) in die Wege. "Weil die Obdachlosigkeit drohte", unterstreicht er später. Der Rathauschef half laut eines St. Wendeler Feuerwehrsprechers sogar beim Einsatz mit. Denn den von den 50 Feuerwehrleuten dringend fürs Löschwasser benötigten Hydranten begruben Schneereste, er musste freigelegt werden.

Dorothee Schäfer-Schneider steht vor den Trümmern ihres Hauses, in dem sie seit Jahren eine sozialpädagogische Familiengruppe leitet. Einsturzgefahr. Keiner darf rein. "Wir haben alles zurückgelassen, wir haben nur das, was wir an Kleidern tragen." Während sie das berichtet, klingelt abermals ihr Handy. In der Leitung Menschen, die helfen wollen, sich nach ihr und den Kindern erkundigen: neben ihrer Tochter fünf Mädchen von 16 Monaten bis zwölf Jahre. Pflegekinder, um die sich die Fachfrau kümmert. "Aber sie nennen mich alle Mutti."

Tochter Sophie füttert in einem Nebenraum des einstigen Kindergartens die Jüngste mit Brei. "Die Tassen haben wir gerettet", berichtet sie. Aber sonst ging viel verloren. Sophie: "Mein Zimmer liegt unterm Dach, direkt neben dem, wo das Feuer ausgebrochen ist. Ich bin nur wach geworden, weil der Rauchmelder dröhnte."

Das war gegen 9.45 Uhr. Die Kinder gehen zur Waldorfschule. Der Unterricht beginnt dort nach den Weihnachtsferien erst am kommenden Montag. Deshalb waren die Mädchen bis auf eines zu Hause. Die Kinder rannten rechtzeitig raus. Tamara (15): "Ich hatte nur einen Schlafanzug an." Jetzt trägt sie warme Kleidung, die ihr eine Nachbarin gab.

Die Mutti: "Unsere Nachbarin Eva Klees von gegenüber hat uns sofort aufgenommen, mit Kaffee und Brötchen versorgt. Ich bin ihr so dankbar." Sowie dem Edeka-Chef, der spontan einen Einkaufswagen voll mit Lebensmitteln stiftete, ergänzt der Bürgermeister.

Schäfer-Schneider will ihr Haus wieder aufbauen lassen. Doch das braucht Zeit. Wie lange - das steht noch in den Sternen. Üblicherweise stellt die Gemeinde Tholey eine Notunterkunft bis zu drei Monaten zur Verfügung. Verwaltungschef Schmidt: "Aber es ist auch kein Problem, wenn es mit dem Renovieren länger dauert."

Trotzdem sucht die Familienbande für die Übergangszeit rasch eine Wohnung mit sechs Zimmern in Tholey. Das mache auch den Weg zur Schule leichter, erklärt Mutti Dorothee. > Seite B 3: Weiterer Bericht

Hintergrund

Die sozialpädagogische Familiengruppe in Tholey ist eine Einrichtung der Jugendhilfeeinrichtungen Südwest gGmbH (Jes). Die anerkannte gemeinnützige Gesellschaft hat ihren Sitz in Schwegenheim/Rheinland-Pfalz an der Grenze zu Baden-Württemberg. Aufgabe der Wohngruppen ist es, Kindern aus sozial schwierigem Umfeld eine familiäre Atmosphäre zu bieten und sie zu fördern.

 Dichter Qualm quillt unter dem Dach hervor, während die Feuerwehr von einer Drehleiter aus gegen die Flammen kämpft. Foto: Feuerwehr

Dichter Qualm quillt unter dem Dach hervor, während die Feuerwehr von einer Drehleiter aus gegen die Flammen kämpft. Foto: Feuerwehr

Leiterin vor Ort ist Dorothee Schäfer-Schneider (48). Die aus Eppelborn stammende Sozialpädagogin begann 1993 mit dem Wohnprojekt in ihrem eigenen Haus in Tholey, das jetzt die Flammen zerstörten. Dort lebten zum Unglückszeitpunkt nach ihren Angaben unter anderem Kinder aus Trier, Saarlouis, St. Wendel und Saarbrücken. hgn

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