Imsbach Familien haben Herz für geschickte Tiefflieger

Theley · „Schwalben willkommen“ heißt ein Nabu-Projekt, bei dem Haushalte gewürdigt werden, die Schwalben ein Stück Lebensraum zur Verfügung stellen.

 Auf dem Hofgut Imsbach wurden die gastfreundlichen Schwalben-Wirte für ihre Verdienste um den Tierschutz ausgezeichnet.

Auf dem Hofgut Imsbach wurden die gastfreundlichen Schwalben-Wirte für ihre Verdienste um den Tierschutz ausgezeichnet.

Foto: Marion Schmidt

„Wenn Schwalben am Haus brüten, geht das Glück nicht verloren“ besagt ein altes Sprichwort. Noch kann man die Flugkünstler als Sommerboten jedes Jahr beobachten, wenn sie im Frühjahr mit fröhlichem Gesang zum Brüten in hiesige Gefilde zurückkehren. Rauch- und Mehlschwalben nisten sich gerne in unmittelbarer Nachbarschaft ein. Dass Rauchschwalben gesellige Vögel sind, die oft in größeren Gruppen auftreten, hat auch Elke Neis aus Theley beobachtet: „Wenn wir abends auf der Terrasse sitzen, hören wir die Schwalben munter batscheln. Wer weiß, was sie sich erzählen.“

Seit 45 Jahren kehren die Schwalben aus ihrem Winterquartier südlich der Sahara nach Theley zurück, um sich bei Familie Neis einzunisten. Die Schwalben sind der Familie mittlerweile vertraut. „Ich hatte mal so ein Ritual. Wenn ich morgens aus dem Haus ging, piepste ich kurz Richtung Schwalbennest. Da lugten dann zwei Schwalben aus dem Nest“, verrät Elke Neis mit einem Augenzwinkern. Unter dem Schwalbennest hat Familie Neis ein Brett angebracht, um den Kot der Vögel aufzufangen. Auch Nachbarin Veronika Meisberger beherbergt seit mehr als 45 Jahren Schwalben an ihrem Haus und notiert jedes Jahr die Ankunftszeit der Vögel: „Die Schwalben kommen immer wieder. In diesem Jahr waren sie am 9. Mai da und haben auch noch Bekannte mitgebracht.“ Elke und ihre Mutter Rosel Neis sowie Veronika Meisberger wurden nun von Umweltminister Reinhold Jost (SPD) und Vertretern des Nabu Landesverbandes Saarland als schwalbenfreundlicher Haushalt ausgezeichnet.

Seit 2015 läuft saarlandweit das Schwalbenschutz-Projekt „Schwalben willkommen“. Ziel sei, die saarlandweite Erfassung der Schwalben, vorhandene Bestände zu sichern und neue Nistplätze zu schaffen. Die Resonanz sei von Anfang sehr groß gewesen, erinnert sich die ehrenamtliche Projektleiterin Teresa Feld: „Wir beraten Hauseigentümer, die Schwalben ansiedeln möchten und geben hierzu auch Kunstnester aus.“ Leider würden die Schwalben immer weniger natürliche Nahrung und Baumaterial für ihre Nistplätze finden. „Es gibt heute nicht mehr viele Räume, die den Schwalben Nistmöglichkeiten bieten. In vielen Dörfern gibt es keine Ställe mehr. Die Stubenfliege als ideale Nahrungsgrundlage ist heute stark dezimiert. Und in manchen Orten werden gar Gegenmaßnahmen ergriffen, um Schwalben etwa mit Nadelbrettern fernzuhalten“, ergänzt Rudi Reiter, stellvertretender Landesvorsitzender des Nabu. Dabei stünden die Schwalben wie auch ihre Nester laut Bundesnaturschutzgesetz unter Artenschutz. „Man kann die Schwalben mit einfachen Mitteln bei ihrem Nestbau unterstützen. Einfach ab April eine künstliche Lehmpfütze im Garten oder auf der Terrasse anlegen und diese den Sommer über feucht halten. Schwalben formen aus dem Lehm mit ihrem Speichel kleine Kügelchen für den Nestbau“, erläutert Rudi Reiter.

Um die Schwalben ranken sich viele Geschichten. Rudi Reiter: „Früher dachte man, die Schwalben verwandeln sich in Frösche und verschwinden im Winter im Sumpf. Man wusste nicht, dass sie so weit weg nach Afrika zum Überwintern fliegen“. Viele Hausbesitzer hätten aus ihrer Kindheit heraus einen Bezug zu den Schwalben und erinnern sich an die von den Großeltern wiedergegebenen Bauernweisheiten. Jeder kenne die Weisheit, dass tief fliegende Schwalben schlechtes Wetter ankündigen. Der Grund für den Tiefflug sei aber bei den Insekten zu suchen, die bei einer von Tiefdruck geprägten Wetterlage eher in Bodennähe zu finden sind.

Auch Ilona Schwarz aus Mettlach-Orscholz erhielt die in Acryl gefasste Plakette. Seit Anfang Juni haben sich Schwalben an ihrem Haus eingenistet, worüber sich vor allem ihre Kinder Katharina und Alexander gefreut haben. „Bei unserem Opa haben wir immer schon die Schwalben beobachtet. Jetzt haben wir eigene“, freut sich die neunjährige Katharina. Die Ernennungsurkunde zum schwalbenfreundlichen Haushalt will sie nach den Ferien stolz in der Schule zeigen.

Für Rudi Reiter ist es ein wichtiger Baustein in der Öffentlichkeitsarbeit: „Wir hoffen, dass alle prämierten Haushalte ihre Nachbarn  über das Projekt informieren und motivieren, mitzumachen.“ Dass Schwalben sich auch im städtischen Umfeld wohl fühlen, hat Familie Sander aus Saarbrücken beobachtet und freute sich über die Auszeichnung als schwalbenfreundlicher Haushalt. Auch das Hofgut Imsbach, das mit mindestens 15 Rauchschwalbennester eine wahre Schwalbenkolonie beherbergt, wurde ausgezeichnet. Während Umweltminister Jost und Tholeys Bürgermeister Hermann Josef Schmidt (CDU) im Gebälk des Stalles vier neue Kunstnester für Rauchschwalben monierten, herrschte reger Flugverkehr im Stall des Hofgutes. Ludger Wolf, Kurator der Naturlandstiftung, nahm die Plakette entgegen. Umweltminister Reinhold Jost betonte die Bedeutung des Projektes „Schwalben willkommen“ für den Artenschutz: „Wir wollen Sensibilität wecken dafür, die Schwalben dort zu halten, wo sie sind. Privatpersonen und Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahren bereit erklärt, einen Beitrag zu leisten, dass die Artenvielfalt erhalten bleibt.“ Ulrich Heintz, der Landesvorsitzende des Nabu Saarland, ergänzte: „Wir sind auf breite Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen, damit viele Arten mit uns unter einem Dach leben.“

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