Show Ein spektakuläres Statement für Frieden

Tholey · Für ihr audio-visuelles Projekt „Peace“ nutzte die Künstlergruppe „Die Redner“ den Schaumbergturm.

 Das Projekt „Peace“ der Redner: Hierzu  gehörte auch eine Rede des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy .

Das Projekt „Peace“ der Redner: Hierzu gehörte auch eine Rede des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy .

Foto: Frank Faber

In Sekundenschnelle verwandelt sich der 36 Meter hohe Schaumbergturm in den 202 Meter hoch empor steigenden Trump-Tower in New York. Der Anblick des kurz eingeblendeten US-Präsidenten Donald Trump verschwindet unter einer gewaltigen Rauchwolke. Eine nukleare Katastrophe, ein Bombenangriff? Ist der Weltfrieden aktuell bedroht? „Es ist eine Zugabe mit Augenzwinkern“, sagt Oliver Strauch, musikalischer Kopf der Künstlergruppe Die Redner.

„Peace“ heißt der Titel ihres auf den Schaumbergturm in Tholey zugeschnittenen Projekts, welches mit der Schlussszene unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten für die 160 Besucher zulässt.

Was bleibt? Frieden ist ein Dauerauftrag an die Gesellschaft. Das Gesamtkunstwerk der Redner vereint taktsynchron Live-Musik, Video, Licht und aktuelle Fragen. Dazu stellt das Künstlerkollektiv visionäre Botschaften früherer Staatsmänner in den Kontext zur Gegenwart.

Deutschlands erster Bundeskanzler Konrad Adenauer etwa glaubt an ein vereintes Europa, Charles de Gaulle ermutigt den Kriegsverlierer Deutschland, John F. Kennedy reicht der Sowjetunion die Hände und Willy Brandt verneigt sich im Kniefall am Ehrenmal vor den Toten des Warschauer Ghettos. Dazu werden Worte und Appelle der globalen Friedensprediger eingespielt, die mehr Hoffnung als beispielsweise heutzutage die fast täglichen Tweetausraster des umstrittenen US-Präsidenten Trump verbreiten.

Warnende Marschmusik begleitet Kennedys berühmte Universitätsrede von 1963. Originalaufnahmen bei Raketentests auf einem Flugzeugträger, Collagen aus Bildern der Kennedys, amerikanische und sowjetische Bauwerke und Popkultur, Ausdruckstänzer und Theaterszenen — mal den Text der Rede visuell unterstützend, dann wieder historisch-kritisch konterkarierend — vervollständigen die gleichzeitig künstlerische und politische Performance.

Mit Bildern aus dem Vietnamkrieg 1967, nur vier Jahre nach der Friedensrede, von militärischen Einsätzen 2006 in Afghanistan und einem Bombenanschlag 2006 in Bagdad zerplatzen Worte zur Illusion. Willy Brandt weiß, dass Deutschland mit dem verlorenen Krieg eine Hypothek hinterlassen hat. Bilder vom Kalten Krieg flimmern auf der Fassade des Schaumbergturmes. Brandts Worte fließen parallel mit der Ruhe einer norwegischen Wasserlandschaft. Aus dem Off erklingt die Stimme der Sängerin Joyce Joe zum Jazz angehauchten Song „Swim“. Der ehemalige französische Staats-
präsident de Gaulle wendet sich 1962 an die deutsche Jugend: „Ich beglückwünsche Sie junge Deutsche zu sein, das heißt Kinder eines großen Volkes“. Konrad Adenauers hat „ein Europa der Vaterländer“ nicht gewollt und fordert: „Europa muss geschaffen werden“.

Zwischendrin flackern Schlüsselwörter auf, die sich mit ganzen Absätzen und der Wucht aus den Reden der Staatsmänner abwechseln. „Derzeit müssen wir zur Friedenssicherung jedes Jahr Milliarden von Dollar für Waffen ausgeben, die nur gekauft werden, damit wir sie niemals einsetzten“, beschreibt Kennedy den Irrsinn des Kalten Krieges. Gebetsmühlenartig beschwört er: „Und das ist das wichtigste Thema auf Erden: Frieden“. Doch es ist deprimierend festzustellen, wie kurz die Botschaften der bedeutenden Ex-Staatsmänner, die den Gedanken des globalen Friedens verankern sollten, bei den Mächtigen rund um den Erdball hängen geblieben sind. Das multimediale Projekt „Peace“ vom Künstlerensemble „Die Redner“ hat für das Dasein in einer friedlichen Welt aufgerufen und dessen Relevanz unterstrichen. Mit der Frage, was jeder Einzelne für den Frieden tun kann, haben die Künstler 160 Besucher vom Schaumberg zu einer nachdenklichen Heimfahrt verabschiedet.

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