Besuch Ein großer Kirchenmann, der kleine Gesten schätzt

Theley · Dom Odilo Pedro Kardinal Scherer feierte bei seinem Besuch in der Gemeinde Tholey mit den Menschen Messen und Feste. Im SZ-Gespräch blickt er zurück auf die Papstwahl 2013.

 Nach der Messe in der vollbesetzen Kirche in Theley begrüßt Kardinal Odilio Scherer Tante Mathilde Ludwig. Seit 1982 kennt er sie und ihre Casa do Brasil.

Nach der Messe in der vollbesetzen Kirche in Theley begrüßt Kardinal Odilio Scherer Tante Mathilde Ludwig. Seit 1982 kennt er sie und ihre Casa do Brasil.

Foto: B&K/Bonenberger/

Vor gut fünf Jahren herrschte mächtig Aufregung im Hause der Familie Ludwig in Theley, gingen Journalisten in der Casa do Brasil ein und aus. Sie alle wollten, dass ihnen Mathilde Ludwig etwas erzählt von Dom Odilo Pedro Scherer, dem Kardinal aus Brasilien, dessen Wurzeln in der Schaumberg-Gemeinde liegen, und der plötzlich als aussichtsreicher Kandidat für den Heiligen Stuhl im Vatikan gehandelt wurde. Und so schaute so mancher aus der Gemeinde Tholey im März 2013 erwartungsvoll auf die Papstwahl und jene weiße Rauchschwaden, die bedeuteten: Die katholische Kirche hat eines neues Oberhaupt. Auch Mathilde Ludwig saß damals gebannt vorm Fernseher. Als die TV-Sprecherin verkündete „Wir haben einen Papst aus Lateinamerika“, hielt die damals 83-Jährige den Atem an. Ist es der Brasilianer mit den deutschen Wurzeln? Wenig später betritt der Argentinier Jorge Mario Bergoglio als Papst Franziskus I. die  Benediktionsloggia des Petersdomes.

Von der Aufregung in der Heimat seines Urgroßvaters, der 1872 von Theley nach Brasilien ausgewandert war, bekam Dom Odilo Pedro Kardinal Scherer selbst nichts mit, wie er im SZ-Gespräch verrät. Erst im Nachhinein habe er mitbekommen, dass in den Medien einzelne Kandidaten in den Vordergrund gestellt wurden. Je nach Land sei das ein anderer Kardinal gewesen. „Das bedeutet für die Kirche, dass sich die Menschen interessieren“, konnte er dem Rummel etwas Positives abgewinnen. Er selbst habe sein erstes Konklave in Stille und Ruhe erlebt. Alle seien dort eingetreten, um dafür zu beten, dass ihnen der Heilige Geist helfen möge, den Richtigen als Papst zu wählen. „Es war ein großes Glaubenserlebnis für mich“, sagt er.

Viele Gespräche seien während des Konklaves geführt worden – über die Lage in der Welt und die Situation der Kirche. Deren Hauptaufgabe sieht der kirchliche Würdenträger aus Brasilien darin, den Glauben zu pflegen. „Und dann macht man sich Gedanken, welche Person die Antwort auf das sein könnte, was die Welt braucht“, sagt Scherer. Es sei die Aufgabe des Papstes, die Beziehung der Völker und der Religionen untereinander zu fördern, damit sie sich nicht im Streit gegenüberstehen. Er selbst hat an jenem Tag im Himmelszelt auf dem Schaumbergplateau eine Partnerschaft zwischen zwei Gemeinden auf verschiedenen Kontinenten besiegelt: zwischen Tholey und Alto Feliz (wir berichteten)

Dom Odilo Scherer lässt seinen Blick vom Schaumberg aus über das Tal schweifen. Zuletzt besuchte er Mathilde Ludwig 2003 in Theley. Kurz zuvor war er zum Bischof geweiht worden. Inzwischen ist der Kardinal als Erzbischof von São Paulo kirchliches Oberhaupt der drittgrößten Diözese in der Welt (5,2 Millionen Katholiken). Der 68-Jährige erinnert sich noch an seinen ersten Besuch in der Heimat seiner Vorfahren. „Das war 1982. Ich habe damals noch in Rom studiert.“ Weitere Stippvisiten folgten. Doch sei er nie für länger im Schaumberger Land geblieben. Dieses Mal aber konnte er einige Tage hier verbringen. „Die Gastfreundschaft ist ausgezeichnet. Es ist interessant, die Leute kennen zu lernen“, sagt der Kardinal. Dazu hat er auch während der Partnerschaftsfeier zwischen Tholey und Alto Feliz im Himmelszelt Gelegenheit. Immer wieder gehen Menschen strahlend auf den kirchlichen Würdenträger zu, lassen sich mit ihm fotografieren. „In Brasilien ist alles näher, da leben die Bischöfe mit den Menschen zusammen“, sagt Herbert Ludwig. Ebenso wie seine Mutter ist er dem Erzbischof seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden. Als einer von 15 Angehörigen durfte er den Brasilianer begleiten, als er 2007 von Papst Benedikt XVI. zum Kardinal ernannt wurde.

Für die brasilianischen Gäste aus Alto Feliz im Bundesstaat Rio Grande do Sul hatte die Gemeinde Tholey ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt. Dazu zählte auch eine Tour nach Trier. „Ich freue mich, dass ich die Gelegenheit habe, mit dem Bischof in Trier zu sprechen. Auch in São Paulo ist eine Synode in Gang. So können wir uns über unsere Erfahrungen austauschen.“

Inzwischen ist der Kardinal wieder in Brasilien. „Ich glaube, er hat die Zeit hier sehr genossen. Es war mal ein Urlaub von allen Pflichten“, sagt Herbert Ludwig. Seine Mutter blättert in einem Gästebuch. Über die Jahre haben sich mehrere angesammelt. Gefüllt sind sie mit Erinnerungen und guten Wünschen von Menschen, die Mathilde Ludwig in der Casa do Brasil bewirtet hat. Auch Odilo Scherer hat sich schon mehrmals darin verewigt. So auch jetzt. Er nennt Tante Mathilde eine „Patin“ der Freundschaft zwischen Tholey und Alto Feliz. „Er ist ein so lieber Mensch“, sagt sie und lächelt. Gerne hätte sie noch mehr Zeit mit dem einstigen Papst-Kandidaten verbracht. Vielleicht beim nächsten Mal. Bis dahin wird Mathilde Ludwig sicher noch öfter in ihren Büchern blättern, in Erinnerungen schwelgen. Und Grüße senden nach Brasilien.

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