Auf dem Schaumberg Ein Bauwagen als Ort des Zuhörens

Tholey · Auf dem Schaumberg können Besucher jetzt über ihre Probleme reden. Oder einfach nur über Gott und die Welt plaudern.

 Erwin Adelbert spricht mit Gemeindereferentin Anna Rolinger über seine Sorgen wegen der Zusammenlegung von Pfarreien im Bistum Trier.

Erwin Adelbert spricht mit Gemeindereferentin Anna Rolinger über seine Sorgen wegen der Zusammenlegung von Pfarreien im Bistum Trier.

Foto: Marion Schmidt

Facebook und Social Media gehen auch anders: Wer möchte, findet noch bis zum 9. September auf dem Schaumberg leibhaftige Gesprächspartner in der analogen Welt. Einfach nur mal reden und gehört werden, ungezwungen und unverbindlich über Themen, die einem auf dem Herzen liegen. Das ist in diesem Sommer in Tholey möglich.

Seit einigen Wochen hat ein Mitarbeiterteam der Pfarreiengemeinschaft Schaumberg, der Evangelischen Kirche und der Zivilgemeinde Tholey am Parkplatz zum Herzweg ein offenes Ohr für Menschen, die einen Gesprächspartner suchen. Ein aufgehübschter, ausgedienter Bauwagen hat unterhalb des Herzweges seinen Standplatz gefunden. „Ort des Zuhörens“ ist auf einem farbenfrohen Banner zu lesen, das die Außenseite des Wagens schmückt.

Wer den Schaumberg besucht, kann den Bauwagen nicht übersehen. Auch die Passanten des Herzweges kommen auf ihrer Runde um unweigerlich an dem Ort des Zuhörens vorbei. „Wenn jemand nicht in der Öffentlichkeit reden möchte oder wenn das Wetter schlecht ist, können wir unsere Gespräche auch in unserem Bauwagen führen“, sagt Anna Rolinger. Die hauptamtliche Gemeindereferentin hat an diesem Tag die Nachmittagsschicht übernommen.

Bei bestem Sommerwetter hat sie sich mit einem Tisch und zwei bequemen Lehnstühlen vor dem Bauwagen niedergelassen. Es dauert auch nicht lange, da hat sie schon Gesellschaft. Erwin Adelbert aus Eiweiler gesellt sich zu ihr. Schnell sind die beiden im Gespräch. „Ich bin zufällig vorbei gekommen. Bei meinem Spaziergang auf dem Herzweg ist mir der Bauwagen aufgefallen“, verrät der Senior. Er ist sehr angetan von der Aktion der Pfarreiengemeinschaft. Ihn beschäftigen besonders Fragen um die aktuelle Zusammenlegung einzelner Pfarreien zu einer Großpfarrei: „Man hört eigentlich nur Negatives über diese Pläne. Ich sorge mich, dass dadurch in den kleineren Orten weitere Kirchen geschlossen werden und nicht mehr überall Messen gelesen werden. Für ältere Menschen, die nicht mehr mobil sind, wäre das schlimm.“ Mit der Gemeindereferentin tauscht er sich über dieses brisante Thema aus. „Heutzutage redet man zu wenig miteinander. Ich finde es wichtig, dass die Menschen mit den Mitarbeitern der Kirchen im Gespräch bleiben können“, erklärt Erwin Adelbert.

Für Anna Rolinger ist er an diesem Nachmittag kurz nach Beginn ihrer Schicht bereits der dritte Gesprächspartner. „Unsere Aktion wird sehr gut angenommen. Viele Menschen sind alleine und suchen einen Raum und Ansprechpartner zum Reden. Manche kommen zufällig vorbei, plaudern etwas oder fragen auch schon mal einfach nur nach dem Weg. Andere kommen extra mit der Absicht, über ein bestimmtes Thema zu reden“, erzählt die Gemeindereferentin.

Neben Fragen zu kirchlichen Bereichen wie Taufe, Firmung oder Wiedereingliederung geht es in den Gesprächen auch konkret um Lebensfragen wie Scheidung oder Streit in der Familie. Anna Rolinger sagt: „Das sind zum Teil schon sehr ernste Seelsorge-Gespräche, die wir dann abgeschirmt auch im geschützten Raum des Bauwagens führen können.“ In Zeiten der rückläufigen Kirchenbesuche sind Aktionen wie der „Ort des Zuhörens“ eine Möglichkeit, dennoch die Menschen zu erreichen und mit ihnen im Gespräch zu bleiben. Gemeindereferentin Therese Thewes hatte 2018 bereits die Idee zu der Aktion, die dann in diesem Jahr realisiert wurde. Ein 31-köpfiges Team aus ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern teilt sich die Schichten auf.

Anna Rolinger ist überzeugt, dass der „Ort des Zuhörens“ auf dem Schaumberg keine Eintagsfliege bleibt: „Für uns ist dies eine Möglichkeit, Kirche zu öffnen und einmal anders zu präsentieren. Wenn die Leute nicht mehr zu uns kommen, müssen wir raus gehen in das Leben der Menschen hinein.“ Nach Ende der Aktion wollen alle Beteiligten in einem Reflektionstreffen die Premiere ihres „Ortes des Zuhörens“ Revue passieren lassen und Erfahrungen austauschen.

Öffnungszeiten im Bauwagen am Parkplatz Herzweg: bis 9. September, donnerstags bis montags, jeweils von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 17.30 Uhr.

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