Archäologischer Sensationsfund Kopflose Fortuna im Wareswald entdeckt

Tholey · Sensationeller Fund in der vergangenen Woche: 35 Zentimeter hohe Statue vermutlich aus dem zweiten Jahrhundert ausgegraben.

 Archäologe Klaus-Peter Henz mit dem bemerkenswerten Fund der Sandsteinskulptur.

Archäologe Klaus-Peter Henz mit dem bemerkenswerten Fund der Sandsteinskulptur.

Foto: Marion Schmidt

Der Traum eines jeden Archäologen ist am Montag in den frühen Abendstunden für Klaus-Peter Henz in Erfüllung gegangen. Auf einem neu erschlossenen Grabungsfeld im gallo-römischen Vicus Wareswald auf Fuße des Schaumbergs erblickte gestern eine verschüttete Sandsteinskulptur nach geschätzten 1800 Jahren wieder das Tageslicht. Im Juni, als im Wareswald ein Grabungscamp mit Hobbyarchäologen stattfand, wurde die neue Ausgrabungsstelle in Höhe des Feldes mit dem Marstempel entlang der gegenüberliegenden Straßenseite eröffnet.

„Nachdem ein Bagger erste Flächen freigeschaufelt hatte, stießen wir auf eine etwa 14 Meter parallel zur Straße verlaufende Mauer. Es war so ein Bauchgefühl, dass wir auf diesem Gelände angesetzt haben“, so Klaus-Peter Henz. Er ist Projektleiter der Terrex im Vicus Wareswald. In einer Ecke zwischen dem frei geschaufelten Mauerwerk stieß die ehrenamtlich engagierte Grabungshelferin Anke Kannengießer auf die Sandsteinskulptur. „Wir hatten eigentlich schon Feierabend, als Anke den Fund entdeckte“, so Henz.

Die Figur lag auf dem Bauch, mit der Rückseite nach oben im Erdreich. Zuerst dachten alle an einen länglichen Stein. Erst nach und nach sahen sie, dass er bearbeitet war. „Und erst als Dr. Henz im Beisein einer Kollegin den Fund barg, sahen wir diese wunderschöne Skulptur. Mir gingen wohl wie Howard Carter wundervolle Dinge durch den Kopf. Aber es war ein Zufallsfund. Ich hatte zwar das Glück, ihn zu finden, aber im Grunde ist es die Arbeit eines ganzen Teams und der Spürsinn von Dr. Henz, die uns zu diesem Fund führten“, beschreibt Anke Kannengießer den Moment, als sie auf die Skulptur stieß. „Anke putzte sie behutsam frei, traute sich dann aber doch nicht, sie umzudrehen. Als ich das tat, war ich beim ersten Anblick der recht gut erhaltenen Figur fast schon erschrocken“, erinnert sich Klaus-Peter Henz an den Moment, als sie die aus stabilem Sandstein, kaum verwitterte Skulptur freigelegt hatten.

Die frohe Kunde von dem bemerkenswerten Fund postete er auch gleich bei Facebook und erntete viele anerkennende Kommentare: „Fund des Monats!“ – „Anke hat Fortuna ausgegraben, welch ein Glück“. So lauteten nur zwei davon. Grabungshelferin Carmen Keßler schrieb: „Fortuna cum nobis“. Hobbyarchäologe Christoph Bubel beantragte sogar gleich mal bei seinem Chef einen Tag Homeoffice, um einen Abstecher in den Wareswald zur Fundstelle machen zu können. „Zum Glück interessiert sich mein Chef auch für die Archäologie, da war das kein Problem“, verrät der Jurist aus Frankfurt.

Aufgrund des Füllhorns, das die Figur in ihrem linken Arm hält, erkannte Henz schnell die Darstellung der römischen Gottheit Fortuna. Der linke Unterarm sowie der Kopf sind nicht vorhanden. „Die Bruchstellen sind sauber. Wir hoffen diese Teile im Erdreich nahe der Fundstelle zu finden“, so der Archäologe. Ohne Kopf misst die stehende Figur 35 Zentimeter in der Höhe. Die Vorderseite der Figur lässt ein anmutig gestaltetes Gewand mit Faltenwurf erkennen. Auch die Früchte des Füllhorns haben die Zeit gut überstanden.

Die Skulptur ist auf Frontalansicht angelegt. Die reduziert flach gestaltete Rückseite lässt ihren Standort vor einer Wand, vielleicht eines römischen Hausaltares (Lararium) oder in einer Nische an einem Brunnen vermuten. Aufgrund der stilistischen Gestaltung wagt der Archäologe eine vorläufige Datierung ins zweite Jahrhundert.

Gestern Nachmittag trat die Fortuna aus dem Wareswald ihre Reise ins Landesdenkmalamt in Landsweiler-Reden an. Dort wird Restauratorin Nicole Kasparek die Figur sichten, nach einer Autopsie reinigen, vermessen und auf Farbreste hin untersuchen. Anschließend wird Grabungshelferin Carmen Keßler die Figur zeichnen.

In der Zwischenzeit werden die Archäologen im Wareswald ihre Forschungsgrabung fortsetzen. „Wir können heute noch nicht sagen, ob die Mauerfragmente unseres neuen Grabungsfeldes auf eine private Villa eines vermögenden Römers zurückzuführen sind oder auf ein öffentliches Gebäude“, erklärt Henz. An einer Stelle fanden die Archäologen Fragmente von Treppenstufen sowie zwei pyramidenförmige Sandsteinstümpfe, die eine Art Durchgangsbereich zu einem Park vermuten lassen. Das umliegende Landschaftsidyll macht diese These nachvollziehbar. Die Gemeinde Tholey habe bereits signalisiert, dass die Archäologen den Gemeindeboden, auf dem sich das Grabungsfeld befindet, längerfristig nutzen könnten.

 Grabungshelfer bei der Arbeit im neuen Grabungsfeld im Vicus Wareswald.

Grabungshelfer bei der Arbeit im neuen Grabungsfeld im Vicus Wareswald.

Foto: Marion Schmidt
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