Motivationstag „Helfen macht Spaß“ ist gestartet

St. Wendel · Das Herbst-Projekt der Wenedelinus-Stiftung ist in Zusammenarbeit mit Senioreneinrichtungen und zahlreichen Schülern erfolgreich gestartet.

 Mit Rollstühlen und Gewichten in St.Wendel unterwegs: v.li. Newin Kurt, Maurice Fournier, Sofia Kavelius (im Rollstuhl), Sarah Wilhelm, Cindy Freytag, Emily Collet (im Rollstuhl) und Elke Scherer.

Mit Rollstühlen und Gewichten in St.Wendel unterwegs: v.li. Newin Kurt, Maurice Fournier, Sofia Kavelius (im Rollstuhl), Sarah Wilhelm, Cindy Freytag, Emily Collet (im Rollstuhl) und Elke Scherer.

Foto: B&K/Bonenberger/

Maurice ist alt geworden. Die trüben Augen wollen nicht mehr so wie früher, das Hören fällt auch schwer und ebenso jeder Schritt. Wobei sein Schreiten eher ein Schlurfen durch St. Wendels Fußgängerzone ist. Der Theleyer müht sich sichtlich voran zu kommen. Regelmäßig muss er stehen bleiben, muss durchzuschnaufen – mitten im Fußgängerverkehr. So, dass alle einen Bogen um ihn machen müssen. Maurice ist das egal. Er ist mehr oder weniger in seine innere Gedankenwelt abgetaucht. Wie war das Leben doch so einfach, als er noch jung war. Das war, bevor er Gert kennen lernte. Etwa eine halbe Stunde ist das her.

Gert, eigentlich GERT, steht für Gerontologischer Testanzug. Einfach gesagt handelt es sich dabei um einen Anzug, der simuliert, wie es ist, alt zu sein. Gert mitgebracht haben Clara-Maria Falk und Jessica Scherer vom Caritas Seniorenhaus Hasborn. Wir sind im Dachgeschoss der Kreissparkasse in St. Wendel. Dorthin, in den großen Konferenzraum, haben Andrea Eckert und Nadine Gramlich von der Wendelinusstiftung geladen. Und zwar zwölf Schüler der Gemeinschaftsschule Theley, die sich für eine schulische Arbeitsgemeinschaft (AG) entschieden haben, in der das Helfen im Mittelpunkt steht. „Helfen macht Spaß“, lautet auch der Name der AG, die aus dem Projekt „Mach deiner Generation alle Ehre“ entstanden ist. Teil des Herbst-Projektes der Gemeinschaftsschule ist es, dass Schüler an verschiedenen Tagen in ihren Herbstferien einige Stunden in einem Seniorenzentrum verbringen. Dort leisten sie den Bewohnern Gesellschaft, erledigen kleinere Dinge und sind einfach da, spenden den alten Herrschaften sozusagen einen Stückchen ihrer Jugend.

„Das Herbst-Projekt unserer Schule hat mich inspiriert“, berichtet Lehrerin Anke Veit, „eine entsprechende AG zu gründen.“ Die Theleyer Schule dabei unterstützen, so habe sie sich gedacht, könnte die Wendelinus-Stiftung. „Ich habe angerufen und gefragt: Wie sieht es aus? Können wir da gemeinsam etwas machen?“ Kurz darauf habe man sich getroffen und die AG auf die Beine gestellt.

„Bei der Entwicklung der ‚Helfen macht Spaß-AG’ haben wir der Schule mit unserer Erfahrung und Ideen gerne zur Seite gestanden und und gemeinsam mit den beteiligten Seniorenzentren das Konzept entwickelt“, erläutert dazu Nadine Gramlich von der Wendelinus-Stiftung. Und auch die Auftaktveranstaltung zum Start der AG hat die Stiftung organisiert. Motivationstag nennt sich das ganze. An dem sollen die Schüler sich „erst einmal untereinander kennenlernen und austauschen, bevor sie dann von den Seniorenzentren auf ihre künftige Zeit in der AG vorbereitet werden“, erläutert Gramlich Sinn und Zweck des Tages. Dazu gehört eben auch, mit Gert durch die Innenstadt zu gehen. „Die Kinder sollen erleben, wie es ist, mit Einschränkungen umzugehen. Und herausfinden, wie barrierefrei St. Wendel ist.“

Eine Rollstuhl-Rallye soll den Schülern vermitteln, wie es mit der Barrierefreiheit in der Kreisstadt bestellt ist. Drei Rollstühle haben Mitarbeiterinnen des Seniorenzentrums Haus am See in Neunkirchen/Nahe mitgebracht. In denen nehmen die zwölf Schüler nacheinander Platz und gehen beziehungsweise fahren in Gruppen durch die Innenstadt. Die Schüler haben Bögen mit Fragen mit, die sie beantworten müssen. Etwa, ob es in St. Wendel behindertengrechte Toiletten gibt? Oder: welche Probleme es gibt, wenn man in ein Geschäft fährt?. In welche Cafés und Einkaufsläden kommt man überhaupt rein mit dem Rollstuhl? Wie fühlst Du Dich?

„Das war schon richtig anstrengend für die Arme“, berichtet Marvin Johann aus Aschbach, „besonders auf den Pflastersteinen und berghoch.“ „Für den Schieber auch“, wirft Lars Wilhelm ein, der Rolli-Fahrer Johann durch die Stadt begleitet hat. „Und in einige Geschäfte in der Bahnhofstraße und de Fußgängerzone sind wir mit dem Rollstuhl nicht rein gekommen.“ Marvin ergänzt: „Aber es gibt schon viele Stellen in der Stadt, die mit einer Rampe ausgestattet sind, sodass man auch mit dem Rolli hinkommt.“

Auf Rampen war Maurice Furnier mit seinem Gerontologischen Testanzug zwar nicht angewiesen, aber anstrengen musste er sich allemal. „Wie es wirklich ist, alt zu sein, kann man sich in meinem Alter nicht wirklich vorstellen“, sagt der 17-Jährige. „Aber jetzt, wo ich in dem Anzug unterwegs war, habe ich eine Ahnung. Und die alten Leute können einem schon leid tun, wenn sie sich so quälen müssen.“ Daher will er ihnen helfen und etwas Gutes für sie tun – in der Schul-AG. Wie die anderen Schüler auch.

Drei Senioren-Einrichtungen sind bei der AG mit im Boot: Zunächst das Caritas-Seniorenzentrum in Hasborn, hier werden künftig vier Schüler jeden Mittwoch die siebte und achte Stunde verbringen. Auch die Stiftung Hospital ist dabei – mit den Häusern in St. Wendel und Theley. In St. Wendel kommen laut Guido Klesen fünf Schüler zum Einsatz, in Theley sind es zwei. Auch das Haus am See in Neunkirchen/Nahe hätte gerne mitgemacht. „Allerdings funktioniert das dort mit der Busanbindung nicht. Leider“, bedauert AG-Leiterin Veit.

 Newin Kurt (links) hilft dem Schüler Maurice Fournier, der den Gert-Anzug trägt, die Treppe hinunter.

Newin Kurt (links) hilft dem Schüler Maurice Fournier, der den Gert-Anzug trägt, die Treppe hinunter.

Foto: B&K/Bonenberger/

Indes freut sich Hospital-Mitarbeiter Klesen bereits auf die Schüler: „Für die Bewohner ist das eine schöne Abwechslung, wenn neue und junge Leute kommen, die sich engagieren.“ Clara-Maria Falk von der Einrichtung in Hasborn findet ähnliche Worte: „Unsere Bewohner freuen sich schon sehr. Es ist toll für sie, regelmäßig junge Leute im Haus zu haben.“

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