Wochenkolumne Von Fröschen und Diktaturen

St. Wendel · Wenn das Fantasie-Land grenzenlos ist.

 Thorsten Grim

Thorsten Grim

Foto: SZ/Robby Lorenz

Hinter unserem Haus wohnt ein Frosch. In einem Tümpel mit Seerosen. Der Hüpfer ist groß und grün und sprechen kann er auch. Regelmäßig erlebt Fred Froschen gemeinsam mit unserem Junior sowie Hund und Katz – selbstredend beide auch des Sprechens mächtig – spannende Abenteuer. Natürlich nur in der Fantasie, denn es sind selbst ausgedachte Geschichten, die ich unserem Filius hin und wieder beim Zubettgehen erzähle. Wie das im Leben so ist, hat auch die spannendste Reise ins Fanatasie-Land immer ein Ende. Und die Realität sieht so aus: Es gibt keinen Tümpel und keinen Frosch. Der kann somit genauso wenig sprechen wie Hund und Katz. Mein Sohn weiß das. Mit seinen drei Jahren kann er Fiktion und Wirklichkeit schon recht gut trennen. Damit scheint er mir weiter und reifer zu sein als so manch Erwachsener. Ja, ich rede von selbsternannten Querdenkern, Corona-Leugnern und -Verharmlosern, den vermeintlichen Verschwörungsaufdeckern und – nach eigener Einschätzung – aufgewachten Durchblickern. Auf genehmigten Demonstrationen dürfen sie ihre Sicht verbreiten und so ziemlich jeden Stuss von sich geben – und wähnen sich doch auf dem Weg in eine Diktatur, die ihnen den Mund verbietet. Mit „Maulkörben“ aus Stoff. Mit spielerischer Leichtigkeit werden Parallelen zur Nazi-Zeit gezogen, werden Andersdenkende mit Worten und – leider auch immer öfter – mit Taten angegangen, fühlen (lautschreiende) Minderheiten, sie seien die Mehrheit. Oder gar „das Volk“. Ich hab das mal gegoogelt. Maladaptives Tagträumen ist der Fachbegriff, wenn jemand ständig aus der Realität abdriftet und nur ganz schwer wieder in die Gegenwart findet. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben. Suchen Sie selbst im Internet nach weiteren Infos und bilden Sie sich eine eigene Meinung.

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