Bilanz Sie sind nicht nur zur Stelle, wenn’s brennt

St. Wendel · Unfälle, Brände, Unwetter – die Feuerwehrleute haben im Jahr 2016 insgesamt 797 Einsätze abgearbeitet. Immer mehr Frauen sind dabei.

 Ein Feuer hat im Januar 2016 einen als Unterstand für einen Traktor genutzten Stall in Freisen zerstört. 

Ein Feuer hat im Januar 2016 einen als Unterstand für einen Traktor genutzten Stall in Freisen zerstört. 

Foto: Dirk Schäfer

Wenn die Einsatzwagen mit Blaulicht und Martinshorn losfahren, muss es schnell gehen. Warten Menschen dringend auf Hilfe. Wenn die Feuerwehr ausrückt, ist der erste Gedanke vieler wohl – passend zum Namen – irgendwo brennt’s. Doch längst liegt der Schwerpunkt der Arbeit der Helfer nicht mehr bei Bränden. Das dokumentieren die Zahlen der Jahresstatistik der Feuerwehren 2016.

Kreisbrandinspekteur Dirk Schmidt, sein Stellvertreter Karl-Heinz Loch und Feuerwehr-Sprecher Dirk Schäfer sind in die St. Wendeler Redaktion gekommen, um das Zahlenwerk zu erläutern. Die positive Botschaft vorweg: „Von der Bambini- bis zur Alterswehr ist der Landkreis St. Wendel noch gut aufgestellt“, sagt Dirk Schäfer. Noch, denn die Ehrenamtler wissen, dass es wichtig ist, Nachwuchs für ihre Sache zu gewinnen. Das gelingt bei der Jugendfeuerwehr gerade ganz gut: Die Zahl der Jugendlichen, die sich engagieren, ist von 703 im Jahr 2015 auf 758 im Jahr 2016 gestiegen. Für die Kleinsten gibt es saarlandweit 17 Bambini-Feuerwehren. Davon sind – Stand heute – allein sieben im Landkreis St. Wendel: Bergweiler-Sotzweiler (2013 die erste Gründung einer Bambini-Feuerwehr), Nohfelden, Marpingen, Theley, Überroth, Grügelborn und Urweiler. „Um gute Jugendarbeit zu machen, braucht es motivierte Ausbilder“, sagt Dirk Schmidt. „Und die haben wir.“

Ebenfalls erfreulich: Es kämen wieder verstärkt Quereinsteiger zu den Löschbezirken. „Das sind Leute, die in der Jugendfeuerwehr aktiv waren und nach Studium oder Ausbildung sesshaft werden und zur Feuerwehr zurückkehren“, erklärt Schmidt. Und diese seien wichtig für die Feuerwehr. 61 Löschbezirke gibt es im St. Wendeler Land. Zwischen 35 und 40 Jahren liegt das Durchschnittsalter der 1854 Helfer.

Und für die gab es 2016 reichlich zu tun. 797 Einsätze sind im Landkreis St. Wendel dokumentiert (721 waren es 2015). „Wobei Unwetterereignisse als ein Einsatz erfasst werden, auch wenn die Helfer mehrfach ran müssen“, erläutert Schäfer. Und Wetterkapriolen mit Sturm und Starkregen hatte das vergangene Jahr einige zu bieten. Ob zu Fastnacht oder Anfang Juni, als Berschweiler zwei Mal von heftigsten Regengüssen mit Überschwemmungen heimgesucht wurde  – in diesem Bereich gab es viel zu tun für die Feuerwehr. Außerdem rückten die Helfer zu 232 Bränden aus (2015 waren es 234). 83 Fehlalarme sind in der Statistik vermerkt. 45 Einsätze mit dem Vermerk „Sonstige“. Mit 437 Einsätzen sticht ein Bereich deutlich hervor: technische Hilfeleistung. Dazu gehören Unfälle. Ein Vergleich zu 2015: Da waren es lediglich 299 Alarmierungen. Ein deutliches Plus.

48 Menschen konnten die Floriansjünger 2016 retten, sieben verstarben – überwiegend bei Verkehrsunfällen. Während der Arbeit an der Unglücksstelle haben die Retter immer häufiger mit Gaffern zu tun. Die Nonnweiler und Freisener Feuerwehr hat einen Sichtschutz angeschafft, um die Opfer zu schützen. Dirk Schäfer erinnert sich an einen tragischen Fall. Bei einem Unfall gab es einen Toten. Schaulustige schossen Fotos und stellten diese ins Internet. Angehörige erkannten den Wagen des Opfers, erfuhren quasi aus dem Netz von dem Unglück. „Es wird immer schlimmer“, so Schäfers Eindruck. Was wieder besser funktioniere, sei das Bilden einer Rettungsgasse, merkt Karl-Heinz Loch an. Lobende Worte gibt es vom Kreisbrandinspekteur für die Zusammenarbeit mit anderen Hilfsorganisationen. Die habe schon immer hervorragend funktioniert. Als „sehr positiv“ stuft Schmidt auch die Zusammenarbeit mit der Polizei ein.

Damit die Feuerwehr effektiv arbeiten kann, braucht es auch eine entsprechende Ausrüstung. Zwischen 800 bis 1000 Euro koste es, einen Feuerwehrmann einzukleiden. 147 Fahrzeuge gibt es im Landkreis. Ob Kommune oder Feuerwehr – die interkommunale Zusammenarbeit gewinne an Bedeutung. Kleidung bestellen, neue Fahrzeuge anschaffen – in diesen Bereichen ließe sich gemeinsam sparen. Um die Zusammenarbeit zu intensivieren, wurde eine Arbeitsgemeinschaft (AG) Feuerwehr gegründet. Zu dieser Gruppe gehören der Kreisbrandinspekteur, Wehrführer, Bürgermeister sowie der Leiter des Bereichs Katastrophenschutz beim Landkreis St. Wendel.

In jeder Kommune gibt es einen Brandschutzbedarfsplan, ein unabhängiges Gutachten, in dem alle Fakten in Sachen Brandschutz niedergeschrieben sind. „Früher hieß es immer: Die Feuerwehr hat Wünsche. Davon sind wir weg. Und die Wehrführer wissen, wie es finanziell um die eigene Gemeinde bestellt ist“, sagt Schäfer. Um Kosten zu sparen, wurden im Landkreis gewisse Sonderaufgaben verteilt. So gibt es bei Löschbezirken Spezialisierungen. „Daher werden auch immer mehrere Einheiten alarmiert“, erläuert Schäfer. Das Denken von früher: Das ist dein Feuer und das meins, habe sich geändert. Über Landkreis-Grenzen hinweg wird bei dem Thema Ausbildung kooperiert. So nutzen sowohl Feuerwehrleute aus dem Landkreis Neunkirchen als auch aus dem St. Wendeler Land die Atemschutz-Übungsstrecke in Ottweiler.  „Ausbildung insgesamt ist ein wichtiger Faktor“, betont Schmidt. 265 Helfer haben 2016 an Kursen teilgenommen.

Meist ist im Alltag vom Feuerwehrmann die Rede. Aber wie sieht es denn mit dem vermeintlich schwächeren Geschlecht bei der Feuerwehr aus? Entsprechend dem landesweiten Trend steige der Frauenanteil in der Feuerwehr auch im Landkreis St. Wendel. 174 Frauen sind derzeit aktiv, in der Jugendfeuerwehr sind es 180 Mädchen. Zwei Frauen haben den Posten der Löschbezirksführerin inne. Zum Vergleich: vor knapp zehn Jahren, 2007, waren es lediglich 136 Frauen.

Auch Flüchtlinge engagieren sich ehrenamtlich bei den Brandschützern. „Feuer wird in Syrien genauso gelöscht wie in St. Wendel“, sagt dazu Schäfer. Da sei die Integration kein Problem.

Die erste Hälfte des Jahres 2017 ist rum. Seit 1. Januar sind Rauchmelder Pflicht. Hat sich das bereits auf die Arbeit der Helfer ausgewirkt? Dirk Schäfers klare Antwort: Ja. Einsätze seien glimpflicher ausgegangen, weil es Rauchmelder in den Häusern gab. Insgesamt gingen die Menschen sensibler mit dem Thema Brandschutz um. Karl-Heinz Loch fällt zu dem Thema eine schöne Geschichte ein. Regelmäßig seien er und seine Kollegen in Kindergärten und Schulen unterwegs. „Einmal hat ein Kind gesagt, dass es sich zum Geburtstag einen Rauchmelder wünscht.“  Zeichentrickheld Sam, der Feuerwehrmann, findet sich in so manchem Kinderzimmer. Die Begeisterung für die Feuerwehr sei bei den Kleinen auch im Landkreis zu spüren. „Zu den Feuerwehrfesten kommen wieder mehr Familien“, beobachtet Loch.

Also alles gut? Die aktuelle Situation ist gut, aber die Feuerwehrmänner machen deutlich, dass sie nicht die Augen vor der Zukunft verschließen. „Es wird immer schwieriger, Führungskräfte zu finden“, spricht Dirk Schmidt ein Problem an. Sein Stellvertreter pflichtet ihm bei: „Die Indianer sind da, es fehlen die Häuptlinge.“ Als Grund hierfür nennt er die vielen Vorschriften, die Bürokratie. „Als ich 1968 in die Feuerwehr eingetreten bin, war das noch anders.“ Der Hasborner ist seit 2002 Wehrführer der Gemeinde Tholey.

 Wasser bedroht Häuser: Anfang Juni 2016 traf ein Unwetter den Marpinger Ortsteil Berschweiler besonders schwer.

Wasser bedroht Häuser: Anfang Juni 2016 traf ein Unwetter den Marpinger Ortsteil Berschweiler besonders schwer.

Foto: Dirk Schäfer
 Bei diesem Unfall auf der B 41 im Dezember 2016 wurden zwei Menschen schwer verletzt.

Bei diesem Unfall auf der B 41 im Dezember 2016 wurden zwei Menschen schwer verletzt.

Foto: Dirk Schäfer

Die Feuerwehr wünscht sich neben dem jugendlichen Nachwuchs auch weitere Quereinsteiger. Eine Gelegenheit, für die eigene Sache zu werben, bietet sich beispielweise im kommenden Jahr. Dann stehen vom 28. bis 30. September die Rescue-Days (übersetzt: Rettungs-Tage) mit 850 Teilnehmern aus 25 Nationen am Bostalsee an.

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