Wirtschaftlich notwendig oder doch nicht?

St Wendel · Die Kreissparkasse soll ihre Entscheidung überdenken und zurücknehmen, zehn der 25 Geschäftsstellen zu schließen. Das forderte die SPD-Kreistagsfraktion in einer Resolution. Sie fand damit in der Sondersitzung des Kreistages keine Mehrheit. Die CDU lehnte die Resolution ab.

 Blick auf die Hauptstelle der Kreissparkasse in der Bahnhofstraße in St. Wendel. Foto: B&K

Blick auf die Hauptstelle der Kreissparkasse in der Bahnhofstraße in St. Wendel. Foto: B&K

Foto: B&K

Die SPD-Kreistagsfraktion hat in der vergangenen Woche die Schließung von zehn Geschäftsstellen der Kreissparkasse scharf kritisiert, die CDU-Fraktion diese verteidigt. So wunderte es nicht, dass beide Parteien in der Sondersitzung des Kreistages am Montagnachmittag ihre Standpunkte noch einmal unterstrichen. Die außerplanmäßige Sitzung des Kreistags war auf Antrag der SPD zustande gekommen. Gleich zu Beginn machte Friedbert Becker, CDU , deutlich, "dass der Kreistag bei diesem Thema nichts zu beschließen hat. Zuständig ist der Verwaltungsrat der Sparkasse." Becker leitete als Erster Beigeordneter in Vertretung von Landrat Udo Recktenwald die Sitzung. Obwohl kein Entscheidungsgremium, der Kreistag debattierte heftig.

Das Geschäftsstellenangebot werde nicht mehr so genutzt wie früher, sagte Becker. Und bezog sich dabei auf ein Gutachten, bei dem alle Filialen untersucht wurden. In dem Projektteam, das die Entscheidung vorbereitet hat, hätten auch Beschäftigte der Sparkasse mitgearbeitet. Laut Becker gehören 12 000 Menschen zum Kundenstamm der Filialen , die geschlossen werden, direkt betroffen davon seien 2246. Die Entscheidung sei dem Verwaltungsrat nicht leicht gefallen, sie sei aber aus wirtschaftlichen Gründen unausweichlich.

Das sieht Magnus Jung , Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion anders. Die Entscheidung des Verwaltungsrates habe die Bürger wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen. Die Sparkasse sei gut aufgestellt, für die Schließungen bestehe keine wirtschaftliche Notwendigkeit. Die Sparkasse habe den öffentlich-rechtlichen Auftrag, Bankdienstleistungen wohnortnah zur Verfügung zu stellen. Auch dort, wo sich eine Filiale vielleicht nicht rechne. "Mit der Entscheidung gefährdet die Sparkasse ihren Markenkern", so Jung. Die Schließungen hätten auch Auswirkungen auf die Dörfer und stünden im Widerspruch zu vielem, was gemacht werde, um wieder Leben in die Dörfer zu bekommen. Der größte Nachteil treffe die Kunden , vor allem ältere Menschen. Jung: "Hier ist Glaubwürdigkeit verspielt worden." Jung forderte, dass die Sparkasse ihr Angebot an Geldautomaten ausbaut, ein Sparkassenbus sei das Mindeste an Service. Zudem solle das Unternehmen einen Teil des eingesparten Geldes für zusätzliche Projekte in den Dörfern zur Verfügung stellen, eine Million Euro in fünf Jahren.

Christof Falkenhorst, Linke, sprach sich ebenfalls gegen die Schließungen aus: "Das ist das falsche Signal für die Dörfer."

"Das Kundenverhalten hat sich radikal verändert. Davor darf man nicht die Augen verschließen", sagte hingegen der CDU-Fraktionsvorsitzende Stefan Spaniol. Mehr als die Hälfte der Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte online. Im Schnitt nutze jeder nur einmal im Jahr den Service einer Geschäftsstelle. Ohne genügend Eigenkapital könne die Sparkasse ihre Aufgaben nicht erfüllen. Die Entscheidung sei unter Einbindung der Mitarbeiter getroffen worden. Spaniol: "Der Wunsch nach Neuausrichtung kam auch aus der Mitarbeiterschaft." Filialschließungen seien kein Sonderweg der Kreissparkasse St. Wendel . Die Entscheidung des Verwaltungsrates sei unausweichlich gewesen, so Spaniol. Allerdings falle diese nicht in die Kompetenz des Kreistages. Spaniol: "Die Resolution der SPD ist rechtlich ein Nullum". Von den Schließungen seien nur vier Prozent der aktiven Kunden direkt betroffen, so Spaniol: "Wir stehen zur Kreissparkasse in ihrer Eigenständigkeit, wollen diese fördern."
Zwei Drittel sind gegen die Schließungen

Ein eindeutiges Ergebnis: Die meisten sind gegen ein ausge- dünntes Filialnetz. Zwar handelt es sich mit 92 Teilnehmern nicht um eine repräsentative Umfra- ge, aber eine Tendenz ist klar.

Das Ergebnis der Online-Umfrage: 68 Prozent der Teilnehmer sind nicht damit einverstanden, dass die St. Wendeler Sparkasse zehn ihrer 25 Filialen dichtmacht. Die Gründe der Befragten sind unterschiedlich. So teilen 49 Prozent die Ansicht, dass damit vor allem ältere Kunden abgehängt werden, die weder mobil noch im weltweiten Computernetz agil sind. Dass es die Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Institutes wie der Sparkasse ist, ein flächendeckendes Geschäftsstellennetz zu betreiben, dies sehen 16 Prozent so und stimmen deswegen gegen die Schließungspläne. Drei Prozent sind der Ansicht, dass die Sparkasse genug Erträge hat, um alle Filialen aufrecht zu erhalten.

Im Gegenzug sprechen sich 29 Prozent der Befragten für die angekündigte Schließung als notwendig aus. Die Mehrheit derer - 23 Prozent - begründet dies mit dem kontinuierlichen Umstieg der Kunden ins Netz, wo sie ihre Bankgeschäfte erledigen. Drei Prozent finden es plausibel, das Geld lieber in individuelle Kundenberatung zu stecken. Weitere drei Prozent gehen davon aus, dass der Niedrigzins die Einnahmen des Kreditinstituts stutzt und deshalb gespart werden muss, auch am Filialnetz.

Drei Prozent der Online-Befragten haben keine Meinung zu dem Thema.

Wie sehen SZ-Leser das Erscheinungsbild der Sparkassen in der Öffentlichkeit, was erwarten sie von ihr? Hier stimmten 23 Prozent der Aussage zu: "Sparkassen haben eine höhere Verantwortung gegenüber ihren Kunden als rein privatwirtschaftliche Institute." Damit vereinte diese Antwort die meisten Teilnehmer. Auf dem zweiten Rang folgte mit 20 Prozent, dass Sparkassen an Vertrauen einbüßen, wenn sie sich aus der Fläche verabschieden. Dass sich der Verwaltungsrat wieder stärker am Kundenwohl orientieren muss, verlangen 18 Prozent. Das öffentlich-rechtliche Bankenmodell der Sparkassen halten zwölf Prozent für überholt. Dass es den Sparkassen wie ihrer privaten Konkurrenz um Gewinnmaximierung geht, davon sind zehn Prozent überzeugt. Dass der Ruf der Sparkassen nicht darunter leidet, weil sie wegen geänderten Kundenverhaltens ihr Filialnetz ausdünnen, empfinden nur neun Prozent so. Keinen Unterschied zwischen privaten Geldhäusern und Sparkassen sehen sieben Prozent. Übrigens, bei den hier genannten Antworten waren Mehrfachnennungen der Abstimmenden möglich.

Trotz der mehrheitlich kritischen Einstellung gegenüber der Schließungen versicherten 37 Prozent, Sparkassen-Kunde bleiben zu wollen. Entscheidend dafür: Sie seien mit dem Angebot zufrieden. 53 Prozent aller Befragten sind Sparkassen-Kunde. 16 Prozent denken über einen Wechsel nach und begründen dies mit den gestrichenen Geschäftsstellen . 35 Prozent sind bei einem genossenschaftlichen Haus (Volksbank), neun Prozent sind bei Privaten. Drei Prozent machten dazu keine Angabe.

Das Ergebnis der SZ-Umfrage ist allerdings nicht repräsentativ, gibt lediglich ein Stimmungsbild ab. An der Umfrage beteiligten sich per Abstimmung im Internet 92 Menschen.

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