Wie gut ist unser Trinkwasser?

St Wendel · Die Aufregung nach der jüngsten Empfehlung, Leitungswasser vor Gebrauch abzukochen, war groß. Nach wenigen Tagen aber entwarnten Experten. Die SZ erkundigt sich, wie schlimm die Lage wirklich war.

 Wasser aus dem Hahn ist wieder bedenkenlos zu genießen. Es unterliegt strenger Kontrollen. Symbolfoto: Jochen Eckel/dpa

Wasser aus dem Hahn ist wieder bedenkenlos zu genießen. Es unterliegt strenger Kontrollen. Symbolfoto: Jochen Eckel/dpa

Das hat viele Menschen im St. Wendeler Land beunruhigt: Trinkwasser womöglich mit Fäkalienkeimen verseucht. Wie gefährlich kann dies der Gesundheit werden?

Rund 1000 Anrufe besorgter Bürger habe die Wasser- und Energieversorgung Kreis St. Wendel , kurz: WVW, innerhalb weniger Tage nach der Meldung, Wasser vorerst abzukochen, bewältigen müssen. Unter ihnen sei ein Gastronom gewesen, der befürchtete, 180 Portionen Salat wegwerfen zu müssen, die er mit Leitungswasser gewaschen und für den Abend vorbereitet hatte. Oder der verzweifelte Landwirt, der sich erkundigte, wie er es nur bewältigen sollte, für seine 150 Kühe das Wasser abzukochen. Dann der Geschäftsmann, der sich nicht im Klaren war, wie er mit dem Wasser nun den Schnaps brennen soll. Zudem ein Vater, der sich keinen Rat wusste; denn sein Sohn war mit einer Flasche Kranenwasser zum Fußballtraining aufgebrochen. Außer Reichweite, ihn vor dem Genuss warnen zu können.

Die Experten sind um Aufklärung bemüht - und gleichzeitig wollen sie die Kunden beruhigen. "Unser Wasser im Netz ist top", versichert Günter Schnur, technischer Leiter beim Versorger WVW. Denn Leitungswasser , so ergänzt Geschäftsführer Joachim Meier, sei in Deutschland das "best überwachte Lebensmittel". So hätten die Menschen in den betroffenen Orten des Landkreises St. Wendel auch nichts zu befürchten gehabt. Denn: "Wir haben vorsichtshalber das Leitungswasser gechlort", berichtet Fachabteilungsleiter Dieter Wolter. Proben sollen aber keine Keime nachgewiesen haben - weder vor noch nach dem beigemengten Chlor .

Grund für die Tests: Im benachbarten Landkreis Birkenfeld waren krankheitsverdächtige Bakterien im Trinkwasser aufgetaucht, zurzeit bezieht die WVW einen Teil ihres Wassers aus dem betroffenen Bereich. Direkt nach dieser Warnmeldung seien die Leitungen aus Rheinland-Pfalz gekappt worden. Danach seien Proben im Saarland negativ ausgefallen.

Das dem Trinkwasser beigesetzte Chlor sei eine reine Vorsichtsmaßnahme und für Verbraucher auf Grund der geringen Konzentration völlig unbedenklich gewesen. Der chemische Stoff hätte im Fall der Fälle die Erreger sofort unschädlich gemacht, erklärt Wolter.

Und wenn doch jemand verkeimtes Wasser nicht abgekocht getrunken hätte? Schnur stellt einen Vergleich an: "Wenn Sie mit dem Bus fahren und sich dort an der Stange festhalten, ..." - und Wolter ergänzt: "... kommen Sie millionenfach mit Keimen in Berührung. Das muss ein Immunsystem aushalten." Die Menge der aufgetauchten Keime im Raum Birkenfeld in einer Aufbereitungsanlage habe weitaus niedriger gelegen als die zu vermutenden Erreger an Türgriffen. WVW-Chef Meier: "Die Belastung ist viel höher, als sie bei Trinkwasser in Deutschland jemals möglich ist."

Um nachzulegen, dass Verbraucher aufs Leitungswasser gefahrlos setzen können, sagt Schnur: "Die Kontrollen beim Trinkwasser sind höher als bei Abfüllanlagen der Getränkehersteller." Zahlen sollen dies belegen: Nach Wolters Angaben ziehen die WVW sowie andere ans Leitungssystem angeschlossene Unternehmen sowie Institutionen wie Pflegeheime an die 1000 Proben pro Jahr. Davon allein würden bis zu 250 mikrobiologische Tests gehören, um solche Erreger wie Fäkalienkeime zu entdecken.

Für Tiere sehen die drei Experten ebenso wenig eine Gefahr, auch wenn sie verkeimtes Wasser getrunken haben sollten. Meier: "Wenn ein Hund aus einer Pfütze trinkt, stirbt er auch nicht." In diesen Tümpeln seien ja wohl viel mehr Erreger.

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