Wenn Körper und Seele im Einklang sind

St. Wendel · 5 000 Shows auf fünf Kontinenten. Als Herbert Fechter vor 20 Jahren die erste Show der Shaolin-Mönche produzierte, glaubte kaum einer an einen Erfolg. Im Interview mit SZ-Redaktionsmitglied Patricia Heine verrät er, worin das Erfolgsgeheimnis liegt und was wir von den Mönchen lernen können.

 Eine hinreissende Show liefern die Shaolin-Mönche auf der Bühne. Am 6. April führt sie ihre Jubiläumstournee nach Merzig. Foto: Agentur Fechter

Eine hinreissende Show liefern die Shaolin-Mönche auf der Bühne. Am 6. April führt sie ihre Jubiläumstournee nach Merzig. Foto: Agentur Fechter

Foto: Agentur Fechter

Herr Fechter , können Sie wie die Mönche , auch eine Steinplatte mit der bloßen Hand zerschlagen?

Herbert Fechter : Nein. Es wäre vermessen zu glauben, die Fähigkeiten, die sich diese Menschen sowohl mental als auch körperlich über Jahrzehnte antrainieren, in einem Abend- oder Wochenendkurs zu erlernen. Um diese Fähigkeit verstehen zu können, müssen wir begreifen, dass wir in unserem Leben unheimlich viele Dinge, versuchen parallel zu machen. Das lenkt uns ab und "vergeudet" unsere Energie. Während sich die Mönche von allem Äußeren abschotten und sich nur auf eine Sache konzentrieren, die uns sinnlos erscheint. Es ist richtig, dass wir keinen Sinn darin sehen, einen Ziegelstein mit der Hand zu durchschlagen oder sich anzutrainieren, dass man eine Eisenstange am Kopf zerschlagen kann. Für die Mönche aber ist es der Beweis, wie weit sie mit der Beherrschung fließender Körperenergie gekommen sind.

Die Show der Shaolin Mönche feiert dieses Jahr 20-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass haben Sie eine spezielle Jubiläumstour auf die Beine gestellt. Was ist das Besondere daran?

Fechter : Vor 20 Jahren wurde das Kloster der Shaolin Mönche 1500 Jahre alt. Bis zu diesem Jubiläum war es von der Außenwelt abgeschottet. Ich war einer der ersten Europäer, die dort waren. Ihr Ziel war es, den Tempel für den Tourismus zu öffnen und attraktiver zu machen. Also brauchten sie jemanden, der aus den Übungen der Mönche eine "Show" macht. Also eine Geschichte erzählt, durch die die Menschen im Westen verstehen, worum es geht. Und das glaube ich, ist mir ganz gut gelungen. Wir denken ja oft, der Mönch sitzt draußen, liest ein Buch und meditiert. Den Ausgleich zu dem langen, ruhigen Sitzen in der Meditation finden die Mönche in den Körperübungen des Kung Fu . Diese Brücke versuche ich in der Show, den Leuten klarzumachen.

Für die Jubiläumsshow haben wir die spektakulärsten Übungen und die besten Schüler und Meister der Klosterschule ausgesucht.

Was ist das Geheimnis der Show, dass sie so lange auf der ganzen Welt so großen Erfolg feiert?

Fechter : Ich habe mich nicht auf die Leute konzentriert, die in irgendwelchen Kellern Kung Fu üben. Das ist sicher ein wichtiger Teil meiner Besucher, aber es sind vielleicht zehn Prozent. Ich wollte eine Familienshow machen, mit der ich verschiedene Menschen jeden Alters anspreche, zum Beispiel Menschen, die sich für Esoterik oder fremde Kulturen interessieren. Ich glaube der Erfolg meiner Show liegt darin, dass wir die Leute im Kopf, im Herzen und im Bauch berühren. Die Zuschauer überlegen, wie es möglich sein kann, dass man so etwas machen kann, wie die Mönche auf der Bühne. Im Herzen fühlen sie mit, wenn der fast 80-jährige Altmeister einen stehenden Spagat macht. Und dann gibt es einen Teil im Bauch, gegen den man sich nicht wehren kann. Das ist wie mit guter Musik. Damit dringt man in das Unterbewusstsein der Zuschauer ein und bringt in ihnen etwas zum Klingen, wodurch sie sie sich selbst finden. Sehr viele Leute gehen hinaus und beginnen über ihr eigenes Leben nachzudenken. Ist es wirklich notwendig, dass wir all das tun, was wir uns aufgehalst haben. Sollten wir nicht ein bisschen weniger machen. Die Leute nehmen etwas mit aus der Show, ohne dass es explizit angesprochen wird. Und das ist, glaube ich, das Erfolgsgeheimnis.

Hätten Sie von Anfang an an den Erfolg geglaubtt?

Fechter : Nein, überhaupt nicht. Das hätte ich nie gedacht. Alle haben mir den Misserfolg vorhergesagt. Sie haben gesagt, dass sich nur eine Hand voll Leute für Kung Fu interessiert. Und schon gar niemand für einen alten Mönch und ein paar Kinder auf der Bühne. In den Anfangszeiten hat man mir gesagt, dass mein Konzept nicht aufgehen kann. Aber solche negativen Voraussagen machen mich besonders stark.

Sie organisierten auch schon Konzerte von Whitney Houston , Elton John , U2 oder Robbie Williams . Was brachte Sie dazu, in die Welt der Shaolin Mönche einzutauchen?

Fechter : Es ist schon einmal außergewöhnlich, dass ein chinesischer Tempel einen österreichischen Showproduzenten einlädt. Ich glaube, dass der liebe Gott ihnen das sozusagen zugewiesen hat, sonst wären sie nicht auf mich gekommen. Eigentlich war es Zufall, durch einen österreichischen Ingenieur, der von dort stammt. Die Chinesen haben ihn gefragt, ob er jemanden kennt, der das machen will und kann. Er wiederum hatte damals ein Interview von mir in einer österreichischen Zeitung gelesen, in dem ich gesagt habe, dass ich genug von den Popkonzerten habe und nicht die Reichen noch reicher machen will. Stattdessen wollte ich etwas Besonderes machen und war offen für neue Dinge. Und daraufhin hat er mich angerufen. Ich bin dann nach China gefahren ohne irgendwelche Vorstellungen. Ich habe vorher nichts vom Buddhismus , nichts vom Zen Buddhismus und nichts vom Kung Fu gewusst. Ich war ganz offen, in meinem Herzen und in meinem Kopf. Die Annäherung ist oft gut, wenn man nichts weiß. Genauso auch für den Zuschauer, der in die Show geht und nichts weiß.

Was fasziniert Sie am Kung Fu der Shaolin-Mönche ?

Fechter : Kung Fu ist in China wie in Österreich Skifahren oder in Deutschland Fußball. Es wird an den Schulen unterrichtet. Es ist eine Kampfsportart, aus der sich alle anderen asiatischen Kampfsportarten ableiten lassen. Am Kung Fu fasziniert mich die Qi Beherrschung. Qi ist die Energie. Die Shaoline glauben, dass das Qi entlang der Energiebahnen in unseren Körpern fließt. Wenn das Qi blockt, sind wir krank. Wenn es fließt, sind wir gesund. Die Mönche sind im Stande nur durch mentale Kraft und durch Meditation diese Körperenergie zu lenken. Und das ist auch der Trick, weshalb sie ohne Verwundung eine Holzstange am Kopf zerschlagen können. Diese Qi Beherrschung begeistert mich, weil sie zeigt, dass wir im Stande sind, mit dem Geist, den Körper zu beherrschen. Und das haben wir Europäer verlernt und das glauben wir auch nicht, wenn wir es nicht so nah erleben, wie ich jeden Tag.

Im Laufe der Show kommen auf der Bühne immer wieder Waffen wie Speere, Stöcke, Schwerter oder Säbel zum Einsatz. Haben Sie manchmal Angst, dass etwas schief geht und die Mönche sich daran verletzen?

Fechter : Ungefährlich ist das alles nicht und sie verletzen sich auch manchmal. Aber das, was in 20 Jahren passiert ist, kann man an zwei Händen abzählen. Aber ich erzähle Ihnen eine Geschichte. In Bremen hat es vor vielen Jahren einmal nicht funktioniert, dass die Eisenstange, die sich der Mönch an den Kopf schlägt, zerbrochen ist. Und dann hat der Mönch sich so über sich selbst und seine Unfähigkeit geärgert, dass er sich zwanzigmal mit der Stange selbst auf den Kopf geschlagen hat. Dabei ist die Kopfhaut aufgeplatzt und er hatte eine blutende Wunde auf dem Kopf wie ein Boxer. Drei Tage später hatten wir einen wichtigen Auftritt in London. Ich habe die anderen Mönche gefragt, was wir jetzt tun sollen, ihn im Krankenhaus nähen lassen? Er hatte schließlich einen zehn Zentimeter langen Riss auf dem Schädel. Und die Leute sagten nein, sie machen das schon. Und dann haben sie es innerhalb von zwei Tagen durch ihre Gruppenenergie geschafft, dass er beim Auftritt nicht einmal mehr eine Narbe auf dem Kopf hatte. Wir haben durch das ganze 19. Jahrhundert gelernt, dass bei uns nur das gilt, was wir erklären können. Aber es gibt Dinge, die sind noch nicht erklärbar. Das müssen wir einfach akzeptieren.

Sie haben das Kloster der Mönche im Herzen von China besucht und unter anderem Bildbänder darüber veröffentlicht. Sie gelten als einer der profundesten Kenner des Shaolin-Tempels. Ist es Ihnen gelungen diese völlig andere Kunst und Kultur vollständig zu verstehen und zu erfassen?

Fechter : Nein, das wäre vermessen. Solange Sie nicht die Schrift und die Sprache beherrschen, bleibt Ihnen vieles verschlossen. Und davon bin ich weit entfernt. Ich lese immer wieder Bücher darüber, ich suche mir die Dinge mühsam zusammen. Ich habe auch sehr viel mit den Meistern gesprochen mit der Hilfe von Dolmetschern. Und wenn man dann den europäischen Geist mitbringt und mit offenem Herzen dabei ist, ist man in der Lage, die Elemente der Mönche zu europäisieren. Ich habe mich in die Lage des europäischen Zuschauers versetzt und mich gefragt, wie könnte ich ihm das näher bringen, was mir näher gebracht wurde.

Sie ziehen quasi hinter den Kulissen die Fäden der Show. Wie können wir uns Ihre Arbeit konkret vorstellen? Wie bereiten Sie so eine Jubiläumsshow vor?

Fechter : Ich führe viele Gespräche mit den Trainern dort und den Mönchen selbst, die inzwischen auf mich hören. Sie nennen mich Lao Fe, weil sie Fechter nicht aussprechen können. Lao heißt alt, aber auch weise. Dann habe ich eine Idee für eine Übung. Sie probieren das aus, schicken mir ein Video, oder ich fliege rüber und schaue es mir an. Dann suchen wir die Leute für die Show gemeinsam aus, ähnlich wie bei einem Casting. Und dann versuche ich die Elemente zusammenzufügen, sodass wir einen bunten Bogen spannen können.

"Wir Manager sind Menschenhändler. Und unsere Ware sind Künstler." Haben Sie einmal in einem Interview gesagt. Das wirkt sehr nüchtern. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu den Mönchen beschreiben?

Fechter : Es ist ein wahnsinnig respektvoller Umgang miteinander. Es sind nun mal Menschen, die sich unglaublich in ihrer Mitte befinden. Sie haben keine Wünsche, außer ordentlich ernährt zu werden. Egal was passiert, sie sind nicht aus der Ruhe zu bringen. Das ist faszinierend. Sie bringen aber auch mir großen Respekt entgegen. Es ist ein großes gegenseitiges Vertrauen da. Der Trainer zum Beispiel ist seit 1999 mit mir auf Tournee. Wir kennen uns mittlerweile sehr gut, verständigen uns, obwohl er nicht deutsch und ich nicht chinesisch spreche mit Händen und Füßen. Die Mönche sind wahnsinnig angenehme Partner, sie zicken nicht rum. Aus ihrem Verhalten können wir unwahrscheinlich viel lernen. Wir, im Gegenteil, regen uns so oft auf über Dinge, die wir nicht ändern können.

Ist es für die Shaolin Mönche hart, so lange fern von der Heimat zu sein?

Fechter : Ja. Die längste Tour ging eineinhalb Jahre. Dann haben sie sich schon gefreut nach Hause zu kommen. Dann hatten wir beschlossen, die Tour um einen Monat zu verlängern und haben es Ihnen aber erst eine Woche vor der geplanten Heimreise gesagt. Daraufhin haben sie einfach nur gefragt, ob sie eine Kiste Bier haben können. Dann haben sie sich ein Bier gegönnt, weil sie gedacht haben, noch einen Monat ohne die Familie aushalten. Sie haben aber inzwischen wie fast alle Menschen ein Smartphone und können mit ihrer Familie per Skype sprechen. Aber sie genießen die Tour auch, schauen sich die Landschaft an , erkunden die Städte.

Können wir uns auf neue Shows der Shaolin Mönche freuen?

Fechter : Ja. Wir lassen immer zwischen zwei und drei Jahren Abstand. Im Sommer geht es erst einmal nach Südamerika. Wir brauchen auch immer einige Zeit und überlegen dann, was können wir neu machen, umstellen oder verbessern.

Die Jubiläumsshow "Die mystischen Kräfte der Mönche des Shaolin Kung Fu " ist am Mittwoch, 6. April, um 20 Uhr, in der Merziger Stadthalle zu sehen. Karten gib es im Vorverkauf ab 36,60 Euro (Kinder zahlen die Hälfte) inklusive aller Gebühren (erhöhte Abendkassenpreise) im Kulturbüro/Stadthalle Merzig, in allen Servicecentren von Wochenspiegel/Die Woch und Saarbrücker Zeitung sowie in allen bekannten Vorverkaufsstellen. Ticket-Hotline (06 51) 9 79 07 77.

Tickets online unter www.kultopolis.com .

Produktion dieser Seite:

Patricia Heine

Margit Stark

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