Wenig Gerammel in der Kammer

St Wendel · Wie kann ein Waldbesitzer Borkenkäfer – gefährliche Schädlinge – ausfindig machen und was kann er gegen Befall tun? Diese und andere Fragen hat Oliver Linnebach bei einer Exkursion mit 30 Teilnehmern erörtert.

 Ingo Piechotta (rechts) vom FGB-Saar zeigt den Exkursion-Teilnehmern wie ein Borkenkäfer aussieht. Foto: Sarah Konrad

Ingo Piechotta (rechts) vom FGB-Saar zeigt den Exkursion-Teilnehmern wie ein Borkenkäfer aussieht. Foto: Sarah Konrad

Foto: Sarah Konrad

Die Rammelkammer ist für Borkenkäfer ein Ort der Lust und Leidenschaft. Für Waldbesitzer ist sie ein wenige Zentimeter großer Raum des Grauens. Denn hier beginnt die Entwicklung ihres größten Feindes. "Das ist der Eingang", sagt Oliver Linnebach, Geschäftsführer der Forstbetriebsgesellschaft-Saar (FBG). Er deutet mit seinem Finger auf ein winziges Loch im Stamm einer gut zehn Meter hohen Fichte. Ein Harztropfen klebt etwas unterhalb. Der Experte blickt nach oben. "Die Nadeln in der Krone haben sich schon verfärbt. Sie sind nicht mehr grün, sondern rötlich", stellt Linnebach fest, "Dieser Baum ist definitiv Opfer von Borkenkäfern geworden."

Auf einer Waldexkursion für Mitglieder des FGB in Urweiler möchte er die Teilnehmer für die Schädlinge sensibilisieren. Wie kann ein Waldbesitzer sie ausfindig machen? Was sollte er bei einem Befall tun? Und verliert das betroffene Holz seinen Wert? Linnebach betrachtet die umliegenden Bäume . "Die Rinde ist an einigen Stellen schon abgefallen", erklärt er den 30 Zuhörern.

Der Eigentümer müsse schnell handeln, um eine weitere Verbreitung zu verhindern. "Borkenkäfer dringen hauptsächlich in Fichten ein. Hin und wieder findet man sie auch in Lerchen", so der Experte. Waldabschnitte an Südhängen mit voller Sonneneinstrahlung seien besonders gefährdet.

Ingo Piechotta, ebenfalls Vorstandsmitglied im FGB, führt die Gruppe weiter zu einer umgestürzten Fichte. "Das vergangene Jahr war überdurchschnittlich trocken. Viele Bäume haben nicht ausreichend Wasser bekommen. Sie sind daher geschwächt", erläutert er. Optimale Voraussetzungen für Schädlinge . Auch die Borkenkäfer konnten sich dank dieser Witterung kräftig vermehren und aufgrund des milden Winters gut entwickeln.

Piechotta beugt sich über den umgestürzten Baum. Er blickt auf einen kleinen, braunen Haufen. Sieht aus wie Schnupftabak. "Das ist Bohrmehl", erklärt er. Es werde aus den Bohrlöschern ausgestoßen und sammele sich an den Rinderschuppen. "Ein eindeutiges Zeichen. Mal sehen, ob wir hier einen Borkenkäfer finden", sagt Piechotta und zückt sein Taschenmesser. Er ritzt ein Viereck in die Rinde und hebt das Stück heraus. Ein kleiner, dunkelbrauner Käfer krabbelt aufgeregt hin und her. "Das ist ein Buchdrucker", berichtet der Experte. Er bevorzuge dicke Stämme, während der Kupferstecher-Borkenkäfer meist in jungen Bäumen zu Gange ist.

Im Stamm selbst sind noch keine Spuren der Insekten zu erkennen. Sie haben den Baum frisch befallen, vermutet Piechotta: "Zunächst schwärmen sogenannte Pionierkäfer aus und suchen nach geeigneten Bäumen." Die männlichen Insekten würden sich in die Rinde des Stammes bohren und eine Rammelkammer bauen. Darin würden sie sich mit zwei bis vier Weibchen paaren. Die Weibchen fressen einen Gang in den Baum und legen darin ihre Eier ab. "Nach rund acht Wochen sind die Insekten fertig entwickelt und bohren sich wieder aus dem Baum heraus", erklärt Piechotta. Die Pflanze habe kaum eine Überlebenschance. Durch die Löcher und Gänge sei seine Wasserzufuhr stark eingeschränkt. "Man muss sich das vorstellen wie einen durchlöcherten Gartenschlauch", ergänzt Linnebach.

Haben sich Borkenkäfer in einer Fichte eingenistet, sei diese nicht mehr zu retten. Ein Schädlingsbekämpfungsmittel gibt es nicht. "Wenn Eigentümer entdecken, dass ein Baum befallen ist, sollten sie ihn fällen und aus dem Wald transportieren", rät Linnebach. Waldbauern müssten das Holz trocknen und aufarbeiten. Je länger der Baum tot ist, desto wertloser werde er. Waldbesitzer sollten wachsam sein und regelmäßig kontrollieren. "Wir hatten Glück. Das kühle Wetter hat eine Borkenkäferplage bisher verhindert", sagt Piechotta. Er hofft, dass es weiterhin feucht bleibt und die 20-Grad-Marke nicht überschritten wird. Dann wird es in den Rammelkammern eher ruhig zugehen.Michael Klein bleibt an der Spitze der Forstbetriebsgemeinschaft-Saar (FGB). Während der Jahresversammlung wählten die Mitglieder den Siersburger erneut zum Vorsitzenden. Somit wird sich Klein auch weiterhin um die Belange der Waldbesitzer im Saarland - den Kreis Merzig-Wadern ausgenommen - kümmern.

Nach fünf Jahren im Amt ist der Diplom Forstwirt noch immer voller Tatendrang. Für die Zukunft hat er sich vorgenommen, ein größeres Angebot an Fachvorträgen zu schaffen und die Waldflurbereinigung anzugehen. Darüber hinaus möchte er den bereits entworfenen Waldpflegevertrag der Öffentlichkeit anbieten. "Dieser Vertrag ist quasi ein Rundum-Sorglos-Paket", erklärte der Vorsitzende. Waldbesitzer, die nicht über die erforderlichen Kenntnisse, technische Ausstattung oder Lust verfügen, um ihre Parzelle selbst zu verwalten, könnten diesen Vertrag abschließen. Der FGB Saar kümmere sich dann um die Bewirtschaftung.

Doch dem 63-Jährigen liegt noch ein weiterer Punkt am Herzen. "Jäger, Angler, Waldbauer, Landwirte - es gibt so viele Gruppen da draußen, die ein gemeinsames Ziel haben: ihr Eigentum zu bewirtschaften", erklärte Klein. Er möchte einen Dachverband gründen, der die Interessen dieser Gruppen bündelt. "Wir müssen gemeinsam für unser Anliegen kämpfen", forderte Klein. In diesem Zusammenhang bat der Vorsitzende die Mitglieder des FGB-Saar auch, besser mit den Jägern und Jagdverbänden zu kooperieren. "Ich bin selbst Jäger und ich bin selbst Waldbauer", sagte Klein. Beide Parteien sollten mehr Verständnis füreinander entwickeln und sich nicht gegenseitig mit Vorwürfen überschütten.

Der Vorsitzende nutzte die Versammlung auch, um auf die vergangenen beiden Jahre zurückzublicken. Besonders konzentrierte sich Klein dabei auf die Zahlen der Privatwaldinventur, die kürzlich im Saarland stattfand. Dabei stellte sich heraus, dass es 26 000 Hektar Privatwald im kleinsten Bundesland gibt. 40 000 Waldeigentümer seien für 106 000 Parzellen verantwortlich. "Allerdings werden nur etwa 30 Prozent des Privatwaldes auch tatsächlich bewirtschaftet", erklärte Klein. In den restlichen 70 Prozent schlummere viel Kapital. "Etwa 4,4 Millionen Umsatz gehen durch die Nichtnutzung verloren", sagte Klein. Doch der Vorsitzende betonte, letztlich müsse jeder Waldbesitzer selbst entscheiden dürfen, was er mit seinem Grundstück mache. "Klar muss es gewisse Regeln geben. Aber die Politik darf uns nicht durch Schutzgebiete vorschreiben, wie wir unsere Parzellen verwalten sollen", forderte der Forstwirt. Der FGB-Saar werde sich daher dafür einsetzen, dass die Bewirtschaftungsfreiheit des Privateigentums erhalten bleibt. Klein erläuterte: "Die Schönheit unserer Landschaft ist ein Produkt der unterschiedlichen Bewirtschaftung und nicht das Produkt von Naturschutzgebieten."

Zum Thema:

Auf einen Blick Der Vorstand der Forstbetriebsgemeinschaft Saar (FGB): Michael Klein (Vorsitzender); Antonia Renner und Michael Stroh (Stellvertreter); Thomas Reget (Schriftführer); Wolfgang Schwenk (Kassierer); Oliver Linnebach (Geschäftsführer); Sabine Ballier, Wolfgang Barth, Mathias Jung, Georg Klein , Stefan Kuhn, Detlef Lilier, Ingo Piechotta, Herbert Schreiner, Anna von Schwind, Helmut Wolf (Beisitzer); Friedrich Blon, Wolfgang Kuhn (Kassenprüfer). Ehrungen: Norbert Maurer und Wolfgang Klein sind aus dem bisherigen Vorstand ausgeschieden. Die Forstbetriebsgemeinschaft hat die beiden für über zwei Jahrzehnte ehrenamtliche Vorstandsarbeit geehrt. sara

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