Von Susi und Susi aus Jürgenstorf

Hoof · „Unser Leben ist geprägt von kuriosen Zufällen“, erzählt Susanne Persch aus Hoof. Sie berichtet von ihrer besten Freundin Susann, deren Eltern einen Ausreiseantrag aus der DDR bewilligt bekommen hatten – am 14. November 1989 reisten sie aus. Keiner rechnete damals damit, dass bald beide in Freiheit leben könnten – 200 Kilometer voneinander entfernt.

 Abschiedsbild: Susann (links) und Susanne ließen 1989 dieses Bild schießen. Beide waren zehn.

Abschiedsbild: Susann (links) und Susanne ließen 1989 dieses Bild schießen. Beide waren zehn.

Es ist nicht nur der fast gleiche Vorname - Susanne und Susann wurden beide Susi gerufen. Beide haben an einem 15. Geburtstag, der gleiche Jahrgang, der gleiche Wohnort. Und dann zog Susann von dem Plattenbau, in dem Susanne lebte, in die Doppelhaushälfte neben Susannes Oma. "Unser Leben ist geprägt von kuriosen Zufällen", sagt Susanne Persch, die heute in Hoof lebt. Anlässlich des 25. Jahrestages des Mauerfalls erzählt die 35-Jährige von ihrer besten Freundin und wie das Schicksal sie trennte, als sie zehn Jahre waren.

Denn Susanns Eltern - damals hieß sie Krautwurst, heute Desch - hatten einen Ausreiseantrag gestellt. Im Spätsommer 1989 erzählte sie ihrer Freundin Susanne Drews - heute Persch -, dass sie die DDR verlassen würde. "Wir waren total trauig, haben hinterm Haus gesessen und geweint", erzählt Susanne Persch. "Ich sehe das noch genau vor mir." Schließlich waren sie die beiden einzigen Mädchen ihres Jahrgangs in Jürgernstorf/Mecklenburg-Vorpommern. Seit der Kinderkrippe waren sie Freundinnen - später auch im Kindergarten und in der Schule. Immer waren sie zusammen. Das sollte sich nun ändern.

Die Mauer fiel am 9. November. Aber in dem kleinen Dorf auf dem Land sei alles ganz normal weitergelaufen. "Wir haben gedacht, das ist nicht endgültig; die machen die Grenze bestimmt wieder dicht", erzählt Persch. Die Krautwursts mussten planmäßig ausreisen. "Da hat niemand gesagt, die Grenze ist offen, ihr könnt fahren, wann ihr wollt." Am 11. November hat Susannes Bruder Geburtstag. "Da feierten wir das letzte Mal zusammen; es war ein großes Geheule", erinnert sich die 35-Jährige.

Familie Krautwurst verließ am 14. November die DDR . Nur mit wenig Hab und Gut. "Außer ein paar Kleidern durften sie nichts mitnehmen." Für Susanne begann eine furchtbare Zeit, wie sie erzählt: "Ich habe sie so vermisst, ich habe keinen Anschluss mehr gefunden." Noch ein Zufall: 1991 kauften Susannes Eltern das Haus neben der Großmutter: "Susanns Kinderzimmer wurde zu meinem Kinderzimmer ." Bis dahin hatten sie sich nicht mehr gesehen. Sie schrieben sich, blieben in Konakt. Susann wohnte mittlerweile in Hessen.

Es dauerte Jahre

 Die Freundinnen sahen sich erst viele Jahre später wieder; 2011 trafen sie sich. Fotos: Persch/Privat

Die Freundinnen sahen sich erst viele Jahre später wieder; 2011 trafen sie sich. Fotos: Persch/Privat

Auch Susanne zog's in den Westen. 2001 lernte sie ihren Mann durchs Internet kennen. Dann ging rasch. Drei Wochen nach dem ersten Telefonat besuchte sie ihn in Hoof , drei Wochen darauf zog sie zu ihm. Sie muss schmunzeln, wenn sie davon erzählt. Umso erstaunlicher findet die dreifache Mutter, warum es so lange dauerte, bis sie sich wiedertrafen. Das war 2011. "Wir wissen selbst nicht, warum wir so lange gebraucht haben", trennen sie doch gerade mal 200 Kilometer. Sie telefonierten regelmäßig. Als sie sich dann gegenüberstanden, war es, als sei die Zeit stehen geblieben: "Wir waren so vertraut, als wäre keine Zeit vergangen." > : Lokal-Spezial

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