Von St. Wendel in die weite Welt

St Wendel · Mit 1800 Mitarbeitern ist der Standort von Fresenius Medical Care in St. Wendel einer der größten Arbeitgeber der Region. Die hier gefertigten medizinischen Produkte helfen nierenkranken Menschen in der ganzen Welt. 2014 blickt das Werk auf eine 40-jährige Erfolgsgeschichte zurück.

 Das Werk von Fresenius Medical Care in St. Wendel aus der Vogelperspektive. Fotos: Fresenius Medical Care

Das Werk von Fresenius Medical Care in St. Wendel aus der Vogelperspektive. Fotos: Fresenius Medical Care

Unscheinbar sind sie, die hauchdünnen weißen Fasern, die das Kernstück der künstlichen Niere bilden. Dabei sind sie ein Hochtechnologie-Produkt. Was das bloße Auge nicht sieht, die Fasern sind hohl, durch die winzigen Kapillaren fließt Blut, Schadstoffe passieren die Außenhaut, das Blut wird gereinigt. Bis zu 20 000 dieser Kapillaren stecken in einer künstlichen Niere, die nicht größer ist als ein Taschenregenschirm. Entwickelt und hergestellt werden diese Dialyse-Filter, Dialysatoren genannt, auch in St. Wendel , im Werk von Fresenius Medical Care.

Fresenius Medical Care ist nach eigenen Angaben der weltweit größte Hersteller dieser Filter. Der Standort des Unternehmens in der Kreisstadt besteht 2014 seit 40 Jahren. Das Werk entwickelt und produziert eine umfassende Palette lebenserhaltender Produkte zur Behandlung schwer nierenkranker Menschen. Dazu zählen die künstlichen Nieren sowie Lösungen und Systeme für die Bauchfelldialyse (Peritonealdialyse).

Arbeiten die Nieren nicht richtig oder gar nicht mehr, dann reichern sich im Blut Giftstoffe an. Ohne Blutreinigung endet dies tödlich. Weltweit sind mehr als 2,5 Millionen Menschen auf eine Nierenersatztherapie angewiesen. "Fast jeder zweite Dialysator kommt von Fresenius Medical Care", unterstreicht der St. Wendeler Werkleiter Ulrich Kramp. Im SZ-Gespräch berichtet er gemeinsam mit dem Laborleiter Christian Schall über die Entwicklung des Unternehmens.

St. Wendel ist weit mehr als ein reiner Produktionsstandort. Hier werden neue Produkte und Behandlungsverfahren entwickelt. Das umfasst auch die dazugehörige Fertigungstechnologie. "Wir entwickeln und fertigen die meisten Komponenten unserer Produkte selbst", unterstreicht Werkleiter Kramp. Diese Strategie habe sich von Anfang an bewährt. Das Werk St. Wendel sei eine der größten und fortschrittlichsten Fertigungs- und Entwicklungsstätten des Fresenius-Medical-Care-Konzernes.

Was sich auch an Zahlen festmachen lässt. Am Standort St. Wendel arbeiten 1800 Mitarbeiter, davon rund 150 Ingenieure und Wissenschaftler. Damit ist Fresenius Medical Care einer der wichtigsten Arbeitgeber im nördlichen Saarland. Ob Hochregallager, neue Produktionshallen, ein eigenes Blockheizkraftwerk: In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen Millionen Euro investiert. Allein in diesem und dem vergangenen Jahr summieren sich diese auf mehr als 100 Millionen Euro.

Ihren Anfang nahm diese Erfolgsgeschichte vor 40 Jahren. 1974 war das Unternehmen aus Bad Homburg auf der Suche nach einer weiteren Produktionsstätte. Und entschied sich für St. Wendel , für die ehemalige Strumpffabrik im damals neuen Industriegebiet West. "Ein wichtiger Grund damals war die Wasserqualität", sagt Ulrich Kramp. Das Unternehmen brauchte gutes, sauberes und weiches Wasser. Denn zu Beginn stellte Fresenius in St. Wendel Infusionslösungen her. Ende der siebziger und in den frühen achtziger Jahren gelang dann der Durchbruch bei der Entwicklung eigener Dialyseprodukte.

Fresenius Medical Care gehört zu dem weltweit tätigen Gesundheitskonzern Fresenius mit Produkten und Dienstleistungen für die Dialyse , Krankenhäuser und die ambulante medizinische Versorgung. Im Geschäftsjahr 2013 erzielte das Unternehmen laut Pressemitteilung einen Umsatz von 20,3 Milliarden Euro. Zum 31. März dieses Jahres beschäftigte der Konzern weltweit 201 924 Mitarbeiter.

 Patienten mit chronischem Nierenversagen werden dreimal pro Woche mit einer Hämodialyse behandelt. Dabei wird das Blut des Patienten über ein Blutschlauchsystem mittels einer Dialysemaschine, einem Dialysator, der künstlichen Niere zugeführt und von Giftstoffen befreit. Das Bild zeigt einen Blick in ein Dialysezentrum von Fresenius Medical Care.

Patienten mit chronischem Nierenversagen werden dreimal pro Woche mit einer Hämodialyse behandelt. Dabei wird das Blut des Patienten über ein Blutschlauchsystem mittels einer Dialysemaschine, einem Dialysator, der künstlichen Niere zugeführt und von Giftstoffen befreit. Das Bild zeigt einen Blick in ein Dialysezentrum von Fresenius Medical Care.

 Früher: Dialysefilter bestehen aus bis zu 20 000 gesponnenen Hohlfasermembranen, durch die das Blut bei der Dialyse geleitet wird. Das Foto zeigt eine frühe Spinnmaschine in St. Wendel.

Früher: Dialysefilter bestehen aus bis zu 20 000 gesponnenen Hohlfasermembranen, durch die das Blut bei der Dialyse geleitet wird. Das Foto zeigt eine frühe Spinnmaschine in St. Wendel.

 Heute: Die Fertigung in St. Wendel ist auf dem neuesten technischen Stand. Dieses Foto zeigt eine moderne Faserspinnanlage für Dialysemembranen im Werk St. Wendel.

Heute: Die Fertigung in St. Wendel ist auf dem neuesten technischen Stand. Dieses Foto zeigt eine moderne Faserspinnanlage für Dialysemembranen im Werk St. Wendel.

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HintergrundDie künstliche Niere: Bei der sogenannten Hämodialyse wird das Blut außerhalb des Körpers in einem speziellen Filter, dem Dialysator, gereinigt. Der Dialysator ist die eigentliche künstliche Niere. Herzstück ist die Dialysemembran, die aus bis zu 20 000 hauchdünnen Kapillaren besteht, durch die das Blut fließt, während durch den Außenbereich der Kapillaren eine Spülflüssigkeit geleitet wird. Durch Poren in den Kapillaren wandern die Schadstoffe im Blut in die Spülflüssigkeit. Die Zu- und Abführung des Blutes zum Dialysator erfolgt über ein Schlauchsystem. Die Dialysemaschine regelt und überwacht die Blutreinigung. Die Behandlung erfolgt drei Mal in der Woche in speziellen Zentren und dauert jeweils vier bis fünf Stunden.Die Bauchfelldialyse: Bei der so genannten Peritonealdialyse wird zur Entgiftung des Blutes das eigene Bauchfell genutzt. Dieses ist stark durchblutet und wirkt als natürliche Austauschmembran. Eine Dialyseflüssigkeit wird mithilfe eines implantierten Katheters in die Bauchhöhle geleitet. Dort hat sie einige Stunden Kontakt mit dem Bauchfell und nimmt die Schadstoffe aus dem Blut auf. Die verbrauchte Flüssigkeit wird abgeleitet und regelmäßig ersetzt. Diesen Wechsel macht der Patient zu Hause selbst vier bis fünf Mal am Tag. Ein solcher Wechsel dauert etwa eine halbe Stunde. Quelle: Fresenius-Firmenbroschüre. red

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