Viele Schritte zur Straße des Friedens

St Wendel · Skulpturen reihen sich wie Perlen zu einer Kette und bilden die Straße des Friedens. Eine Ausstellung gibt ab Sonntag einen Einblick in die Arbeit der verschiedenen beteiligten Künstler und Vereine. Bis 2. November geht die Schau, bei der Exponate zwischendurch ausgetauscht und ein begleitendes Programm geboten wird.

 Die aus Freisen stammende Künstlerin Isabelle Federkeil inmitten ihrer Installation. Diese ist Teil der neuen Ausstellung ab Sonntag im Mia-Münster-Haus. Foto: B&K

Die aus Freisen stammende Künstlerin Isabelle Federkeil inmitten ihrer Installation. Diese ist Teil der neuen Ausstellung ab Sonntag im Mia-Münster-Haus. Foto: B&K

Foto: B&K

Ein Bohrer heult auf, während an anderer Stelle Mitarbeiter mit dem Zollstock hantieren, um Maß zu nehmen. Farbeimer stehen parat, und auf dem Boden liegen Kabel. Im Museum St. Wendel laufen die Vorbereitungen für die neue Ausstellung. Am Sonntag, 15 Uhr, wird Eröffnung gefeiert. Das heißt, dem Team um Museumsleiterin Cornelieke Lagerwaard bleiben noch drei Tage für die Vorbereitungen.

Vermächtnis von Otto Freundlich

"500 Skulpturen für den Frieden - 5500 Kilometer quer durch Europa" - das ist der Titel der neuen Ausstellung. Im Sinne der Völkerverständigung haben Künstler Skulpturen geschaffen. Sie stehen im öffentlichen Raum und verbinden auf einer Strecke von 4000 Kilometern von Westen nach Osten die Küste der Normandie mit Moskau, von Norden nach Süden verläuft eine 1500 Kilometer lange Strecke von Amsterdam bis zu den Pyrenäen. Die Grundidee einer solchen Skulpturenstraße stammt von dem jüdischen Künstler Otto Freundlich. 1936 beschrieb er seine Vision von begehbaren "Skulpturen für die Menschlichkeit" als "Leuchttürme des Friedens und der Künste" in der Landschaft.

Doch wie kommen die Skulpturen ins Museum? Zum Beispiel mit Hilfe von Fotografien oder Filmdokumentationen. Insgesamt 15 Partner der Friedensstraße sind zwei Monate lang in St. Wendel vertreten. "Es ist ein wilder Haufen", sagt Cornelieke Lagerwaard und lächelt. "Alle sind verschieden, und genau das macht es lebendig". Die Organisation dieser Ausstellung verlangt der Museumsleiterin einiges ab. Geschäftig läuft sie von Raum zu Raum, koordiniert Termine und empfängt die ersten Künstler. Ein nicht unbedeutender Teil der "Straße des Friedens" ist im St. Wendeler Land. 1979 erklärte Leo Kornbrust die von ihm zuvor initiierte "Straße der Skulpturen " als Teil dieses europäischen Friedensprojekts. Leo Kornbrust hat die Idee der Skulpturenstraße immer weiter getragen. Das Vermächtnis des Bildhauers Otto Freundlich wurde auch das seine. Und so darf er bei der Ausstellung nicht fehlen. In einer Sonderschau werden Arbeiten von ihm und Bertrand Ney gezeigt. Letzterer ist seit 2014 künstlerischer Vorstand des Vereins "Europäische Skulpturenstraße des Friedens". Es war der Wunsch von Cornelieke Lagerwaard, die das Amt der Vorsitzenden übernommen hat, einen Künstler an ihrer Seite zu haben. Leo Kornbrust hatte den Vorsitz nach einem Schlaganfall abgegeben. Er wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Für ihn und den Verein ist das Eröffnungsdatum, 31. August, ein ganz besonderes. Denn Leo Kornbrust feiert am Sonntag seinen 85. Geburtstag, und der Verein "Europäische Skulpturenstraße des Friedens" wurde vor zehn Jahren gegründet. Rund wird auch die Zahl der Skulpturen , die im St. Wendeler Raum stehen. Während der Ausstellung wird Nummer 60 aufgestellt. Es ist eine Skulptur von Ansgar Nierhoff, die einen Platz im Stadtpark der Kreisstadt bekommen wird. Kleinere Arbeiten dieses Künstlers bereichern auch die Schau im Museum.

In einem Raum dokumentieren Fotos die Entwicklung der St. Wendeler Skulpturenstraße innerhalb der vergangenen 25 Jahre. Ebenfalls mit Fotografien wird an das Stahlsymposium von Salzgitter aus dem Jahr 1999 erinnert, auch Aufnahmen des Skulpturenwegs aus Reipoltskirchen nahe Kusel sind vertreten. Ein paar Schritte weiter widmet sich ein Teil des Raumes der "Steine an der Grenze" (Merzig). Hier wurde ein aktueller Bezug zur Krise im Gaza-Streifen hergestellt. Auf einem Monitor werden Sequenzen von 2005 gezeigt. Damals arbeiteten ein Künstler aus Israel und einer aus Palästina einträchtig zusammen. Ein Beispiel dafür, wie sich Kunst über Grenzen hinweg setzt, darum geht es bei der Straße des Friedens.

Skulpturen im öffentlichen Raum bedeuten Kunst zum Anfassen. Dieser Aspekt wird auch in der Ausstellung aufgegriffen. Denn in Raum eins dürfen die Exponate berührt werden. Die Verführung ist auch groß. Denn hier stehen Trommeln aus Holz bereit, und lange Holzstäbe hängen an Seilen von der Decke. Diese Installation geht zurück auf den Waldklangtempel des Künstlers Osamu Ishikawa. Es präsentiert sich damit der Verein Skulpturen Rheinland-Pfalz.

Ebenfalls hölzern sind die Leisten, die in einer Metallkonstruktion in Reih und Glied angeordnet sind. Die aus Freisen stammende Künstlerin Isabelle Federkeil hat die Original-Fußabdrücke von Kriegsversehrten bei einem Schuster in ihrer Wahlheimat Berlin entdeckt. "Die Füße werden auch in Bewegung gesetzt", verrät Lagerwaard. "Es geht um die Frage, durch welche Kräfte Menschen dazu bewegt werden, in eine Richtung zu marschieren." Die Installation bezieht sich thematisch auf den Ersten Weltkrieg.

Das Gezeigte sei so vielfältig wie die Künstler selbst, verspricht Lagerwaard. Dazu gibt es ein begleitendes Programm, das von Tanzvorführungen über Konzerte bis hin zu Filmvorführungen einiges zu bieten hat. Auch an die Kinder wurde gedacht. Neben Malworkshops, in denen es beispielsweise um das Thema Frieden geht, gibt es in Zusammenarbeit mit dem Fotoclub Tele Freisen einen Fotoworkshop. Jugendliche ab zehn Jahren haben an der Skulpturenstraße und im Museum Gelegenheit zum Fotografieren. Später werden ihre Arbeiten im Eingangsbereich des Museums ausgestellt.

Bereits vor der offiziellen Eröffnung gibt es am Samstagnachmittag gegen 16 Uhr eine Performance vor dem Mia-Münster-Haus. Ein Stein an sich ist hart und starr, Steinstaub hingegen ganz fein. Künstler werden mit Steinstaub auf den Boden zeichnen. "Von dort aus sickert der Staub in den Boden, Menschen, die vorbeigehen, tragen ihn mit sich. Scheinbar verschwindet der Staub, doch er hinterlässt Spuren", erklärt Lagerwaard. Die Museumsleiterin freut sich - trotz des Vorbereitungsstress' - schon jetzt auf die Schau und die Besucher. Sie würde sich wünschen, dass die Menschen den Glauben an Utopie aus der Schau mitnehmen. "Nicht viele hätten geglaubt, dass aus einer Idee etwas so Großes werden kann. Es ist wichtig, positiv zu denken."

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AUF einen Blick "500 Skulpturen für den Frieden - 5500 Kilometer quer durch Europa" - das ist der Titel der Ausstellung, die am Sonntag, 31. August, 15 Uhr, im Mia-Münster-Haus eröffnet wird. Gemeinsam mit dem Verein "Europäische Skulpturenstraße des Friedens" und dem Ministerium für Bildung und Kultur Saarland präsentiert das Museum bis 2. November Exponate und Aktionen der 15 Partner der Friedensstraße. evy

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