Geld ist wichtig, aber „Beschäftigungssicherung ist das A und O“

St Wendel · Mit roten Fähnchen an den Autos: Gewerkschaft IG Metall läutet mit Autokundgebung in St. Wendel die zweite Warnstreikwelle ein.

  Eine Demonstration nach Corona-Regeln: Etwa hundert Wagen parken am Wendelinuspark zur Kundgebung der IG Metall.

 Eine Demonstration nach Corona-Regeln: Etwa hundert Wagen parken am Wendelinuspark zur Kundgebung der IG Metall.

Foto: Jennifer Fell

Lautes Gehupe ertönt von gut 100 Autos, als Jörg Caspar, erster Bevollmächtigter der IG Metall Geschäftsstelle Neunkirchen, am Donnerstagmittag in seiner Rede die Arbeitgeber in der Metall- und Elektroindustrie im Saarland und dem angrenzenden Rheinland-Pfalz dazu aufruft, auch in Pandemiezeiten ihren Verpflichtungen gegenüber den Beschäftigten nachzukommen. Aussagen von Unternehmer-Seite, dass Arbeitnehmer in der Krise froh sein sollten, überhaupt Arbeit zu haben und nun nicht der geeignete Zeitpunkt für Forderungen sei, lässt er nicht gelten: „Zwar waren einige Betriebe in Kurzarbeit, aber vielerorts wurde auch im normalen Umfang durchproduziert und weitergearbeitet – sei es vor Ort oder im Homeoffice. Und die Beschäftigten in Kurzarbeit hatten meist finanzielle Einbußen, weil das Kurzarbeitergeld nur von wenigen Betrieben aufgestockt wurde.“

Die IG Metall fordert bei ihrer Autokundgebung auf dem Parkplatz des Wendelinusparks ein ganzes Paket an Verbesserungen für die Arbeitnehmer: „Seit 2018 gab es keine Entgelterhöhung, deshalb halten wir vier Prozent mehr für vertretbar. Daneben braucht es einen Tarifvertrag für Betriebe, um deren Zukunft zu sichern (. . .). Generell möchten wir den in den kommenden Jahren anstehenden Strukturwandel aktiv mitgestalten und damit Arbeitsplätze und die Zukunft der Werktätigen sichern.“, erläutert der Gewerkschafter.

Beschäftigte der Firmen Hörmann KG Eckelhausen, Hörmann KG Freisen, DSL Defence Service Logistics Nonnweiler und MTD Wolf Garten in St. Wendel waren dem Ruf der IG Metall gefolgt und hatten die Arbeit zwei Stunden früher niedergelegt. Bei der Hörmann KG Eckelhausen waren das nach Aussage des Betriebsratsvorsitzenden Slawek Michalik in der Frühschicht 130 von 200 Mitarbeitern, zahlreiche von ihnen sind im Anschluss nach St. Wendel gekommen, um ihren Forderungen corona-konform Nachdruck zu verleihen. Sie sitzen mit Mund-Nasen-Schutz in ihren Autos und lauschen der Ansprache von Jörg Caspar via Autoradio. Ihre Zustimmung artikulieren sie per Autohupe. Caspar erhält vor Ort Unterstützung von seinen Kollegen Thorsten Dellmann, IG Metall Saarbrücken, und Holger Hammer-Huhn, IG Metall Bad Kreuznach, die die ebenfalls mitstreikenden Betriebe Diehl Defence GmbH & Co KG, Thyssenkrupp Systemengineering, Fissler GmbH und Voestalpine Automotive Components Birkenfeld GmbH vertreten.

Seit drei Wochen gibt es nun Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie, mit der ersten Autokundgebung des Saarlandes in St. Wendel startet die zweite Welle. Für Slawek Michalik von der Hörmann KG Eckelhausen ist dabei der Schutz der Arbeitsplätze vorrangig: „Die Beschäftigungssicherung ist das A und O“, bekräftigt der Betriebsratsvorsitzende aus St. Wendel. Er fügt hinzu, dass sein Betrieb bisher mit einem blauen Auge durch die Corona-Krise gekommen sei, es habe keine Kurzarbeit gegeben. Darüber hinaus weist er darauf hin, dass eine Lohnerhöhung auch die Kaufkraft der Arbeitnehmer stärke und damit wiederum die Wirtschaft ankurbele.

 Jörg Caspar von der IG Metall Neunkirchen bei seiner Ansprache auf dem Parkplatz des Wendelinusparks.

Jörg Caspar von der IG Metall Neunkirchen bei seiner Ansprache auf dem Parkplatz des Wendelinusparks.

Foto: Jennifer Fell

Martina Bauer aus Schwollen, die bei der Fissler GmbH in Hoppstädten-Weiersbach beschäftigt ist, berichtet, dass in ihrem Unternehmen die Kurzarbeit eine untergeordnete Rolle gespielt habe. In vielen Bereichen sei ausreichend Arbeit da gewesen, weshalb sie den Eindruck gewonnen habe, dass Corona häufig nur vorgeschoben werde, um Löhne zu sparen. Ihre Kollegin Andrea Hill aus Berschweiler bei Kirn, die im Vertrieb die Dekorateure betreut, hat da andere Erfahrungen gemacht: „Da die Geschäfte geschlossen waren, gab es für unsere Dekorateure nichts zu tun, in dem Fall war es verständlich, dass sie in Kurzarbeit gehen mussten.“ Nichtsdestotrotz halte sie aber die Forderungen der Gewerkschaft für wichtig, allen voran die Erhaltung von Jobs. Stefan Simon aus Gonnesweiler, der bei Defence Service Logistics (DSL) in Schwarzerden arbeitet, wünscht sich eine Lohnerhöhung, die zumindest die Inflation ausgleicht. Von der Pandemie sei in seinem Betrieb ohnehin wenig zu spüren gewesen: „Die Arbeit lief normal weiter, teilweise mussten wir sogar Überstunden machen“, erklärt er.

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