Videoprojektion am Mia-Münster-Haus Kunst und Ort verändern sich gegenseitig

St. Wendel · Leslie Hupperts Videoprojektion „Nachtruf“ machte Station in St. Wendel. 50 Zuschauer kamen zu der abendlichen Open-Air-Veranstaltung am Mia-Münster-Haus.

 Impression von „Nachtruf“ auf der Fassade des Mia-Münster-Hauses.

Impression von „Nachtruf“ auf der Fassade des Mia-Münster-Hauses.

Foto: Jennifer Fell

Vier Projektionsflächen an der Fassade des frisch gestrichenen Mia-Münster-Hauses dienten nach Einbruch der Dunkelheit für 90 Minuten als Leinwand für eine ungewöhnliche Art der Kunstpräsentation. Parallel zueinander liefen Streams mit Videos, Fotografien, Zeichnungen, Aquarellen oder Gemälden, einzig untermalt durch den Originalton der Beiträge. So erklangen manchmal drei verschiedene Sounds gleichzeitig, während einen Augenblick später völlige Stille herrschte.

Die saarländische Künstlerin Leslie Huppert, die in Riegelsberg und Berlin lebt, ist neben besagten Kunstprojektionen für ihre Gefängnisprojekte bekannt, bei denen sie zusammen mit jungen Gefangenen Wandmalereien anfertigt. Aber auch Installationen gehören zu ihrem Repertoire. Für „Nachtruf – drive in art – die Kunst lebt“ kooperierte sie mit 25 Kollegen, sammelte deren Werke und fügte sie zu Sequenzen zusammen. Die Künstlerin zu ihren Beweggründen: „Dieses Projekt hatte ich schon länger geplant und die Zeit des Corona-Lockdowns bot die ideale Gelegenheit zur Umsetzung. Wir wollen damit auch zeigen, dass wir noch da sind. “ Als sie dann an die Ordnungsämter herantrat mit der Idee, „Nachtruf“ als Kunst-Karawane durch verschiedene saarländische Orte zu führen, sei sie damit auf wenig Gegenliebe gestoßen. Da es aber immer mehr Einladungen für Vorführungen gegeben habe und man keinerlei Öffentlichkeitsarbeit gemacht habe, habe sie das Vorhaben dennoch umsetzen dürfen.

Dabei hätten die Lokalitäten, an denen das Kunstprojekt bisher gezeigt wurde, unterschiedlicher kaum sein können. So war man sowohl in der unterirdischen Burg des historischen Museums, am Riegelsberger Rathaus als auch an der Wintringer Kapelle zu Gast. Die Künstlerin dazu: „Die Kunst verändert die Orte, aber die Orte verändern auch die Kunst.“

Das kann Cornelieke Lagerwaard, Leiterin des St. Wendeler Museums, nur bestätigen: „Es wirkt überall anders. Ich habe bisher zwei Stationen von „Nachtruf“ gesehen und dies motiviert mich, mir noch weitere Stationen anzuschauen.“ Hupperts Anfrage zur Vorführung auf der Fassade des Mia-Münster-Hauses habe sie sehr gefreut: „Für uns ist das eine schwierige Zeit, wir haben seit Mitte März geschlossen. Ich fand die Idee gut, geschlossene Kunsthäuser als Projektionsfläche für Kunst zu nutzen. Zudem sehe ich Leslies Projekt als eine Art Auftakt zu unserer Wiedereröffnung Ende August.“ Die Atmosphäre vor dem Museum empfand Lagerwaard als entspannt und machte bei warmem Sommerwetter sogar südliches Flair aus. Da alles im Außenbereich präsentiert werde, falle es auch leicht, die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.

Für die etwa 50 Zuschauer und Kunstinteressierten war es eine neue Art des Kunstgenusses. „Der Grundgedanke war mir erst einmal fremd, denn normalerweise nimmt man sich Zeit bei der Kunstbetrachtung, lässt sich auf ein Gemälde ein. Das kann man hier nicht.“, sagte Peter Kaufmann aus Tholey. Allerdings musste er einräumen, dass die Form der Präsentation in unsere schnelllebige, digitale Zeit passe und durchaus interessant sei. Besonders faszinierte ihn, dass sich manche Gemälde dynamisch verwandelten, andere aber mit kurzer Pause nacheinander gezeigt würden. Auch Klaus Harth aus Wemmetsweiler, einer der mitwirkenden Künstler, sah die Vorführung in der St. Wendeler Mott zum ersten Mal: „Von mir sind neue Aquarelle und ein altes Skizzenbuch im Wechsel zu sehen, eine Kombination aus Alt und Neu. Ich finde es spannend, dass die gezeigten Loops unterschiedlich lang sind und so immer verschiedene Bilder und Filme miteinander kommunizieren.“

Aus dem Landkreis St. Wendel nimmt Gertrud Riethmüller aus Dörrenbach mit ihren Arbeiten an dem Vorhaben teil. Drei ihrer Videos aus Installationen waren am späten Donnerstagabend zu sehen. Für Leslies Hupperts Idee konnte sie sich sofort begeistern: „In der Zeit des Shutdowns war das eine gute Gelegenheit, als Künstler auf sich aufmerksam zu machen.“ Leslie Hupperts Kunstshow wurde bei dem von der Union Stiftung in Kooperation mit dem Pop-Rat ausgerufenen Wettbewerbs „20 mal 1000 Corona Hilfe“ mit 1000 Euro prämiert.

 Die Künstlerinnen Leslie Huppert (links) und Gertrud Riethmüller bei der Veranstaltung auf der Mott.

Die Künstlerinnen Leslie Huppert (links) und Gertrud Riethmüller bei der Veranstaltung auf der Mott.

Foto: Jennifer Fell

Und noch eine weitere Ehre wird der saarländischen Künstlerin zuteil, wie sie selbst verriet: „Nachtruf wird anlässlich der Feierlichkeiten „30 Jahre Wiedervereinigung“ am Tag der deutschen Einheit in Potsdam als künstlerischer Beitrag des Saarlandes vorgeführt. Und zwar genau so, wie die Videoprojektion gerade hier in St. Wendel zu sehen ist.“

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