„Verteilungskampf führt uns nicht weiter“

St Wendel · Er ist die Interessenvertretung aller Landkreise in Deutschland, der Deutsche Landkreistag. Sein oberstes Entscheidungsorgan, das Präsidium, hat jetzt im Golfhotel in St. Wendel getagt. Ob kommunale Finanzreform, Unterbringung von Flüchtlingen oder Ausbau der Verkehrswege, der Landkreistag forderte in St. Wendel stärkere Unterstützung von Bund und Ländern.

Vier Mal im Jahr tagt das Präsidium des Deutschen Landkreistages, immer in einem anderen Landkreis. So vor wenigen Tagen auch im St. Wendeler Land. Dabei arbeitete das 30-köpfige Gremium, zu dem auch Landrat Udo Recktenwald zählt, eine umfangreiche Tagesordnung ab. In einer Pressekonferenz präsentierten Recktenwald, Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, und Irene Vorholz, Beigeordnete des Landkreistages, die drei wichtigsten Ergebnisse (wie kurz berichtet).

Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehung: Bund und Länder verhandeln zurzeit über eine Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen. Dabei muss es nach Ansicht des Deutschen Landkreistages auch um die Entlastung der Kommunen gehen. Insofern begrüßt es der Landkreistag, dass der Bund die Kommunen im Zusammenhang um fünf Milliarden Euro entlasten will. Es müsse aber sichergestellt werden, dass dieses Geld auch wirklich bei den Kommunen ankomme.

So ist das Präsidium dagegen, dass die Entlastung von fünf Milliarden Euro über die Bezuschussung der Eingliederungshilfe erfolgt. Denn im Saarland zum Beispiel zahlt die Eingliederungshilfe das Land. Die Einsparung käme deshalb dem Land und nicht den Kommunen zugute. "Das wäre der falsche Weg", sagte dazu Landrat Udo Recktenwald . Hans-Günter Henneke ergänzte: "Ein solcher Verteilungskampf führt uns nicht weiter. Dadurch wird das Geld nicht mehr." Beim Bund sei eine Abkehr von dieser Überlegung zu erkennen. Henneke: "Der Zug fährt mittlerweile in die richtige Richtung."

Der Landkreistag ist auch dafür, den Solidaritätszuschlag künftig in den Einkommenssteuertarif einzuarbeiten. Zudem setzt sich der Landkreistag dafür ein, dass der Bund vollständig die Kosten der Unterkunft übernimmt. Das bringe den Landkreisen und Kommunen eine weitere Entlastung von 4,6 Milliarden Euro .

Unterbringung von Flüchtlingen: Der Zustrom von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten hat deutlich zugenommen. Die Folge: "Wir haben große Probleme, geeignete Unterkunftsmöglichkeiten zu finden", erklärte Irene Vorholz, Beigeordnete des Landkreistages. Dabei sei eine menschenwürdige Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge und Asylbewerber selbstverständlich. Vorfälle wie jüngst in Nordrhein-Westfalen seien nicht akzeptabel.

Der Landkreistag fordert von Bund und Land eine stärkere Unterstützung bei der Unterbringung. Die Länder sollten verpflichtet werden, Asylbewerber drei Monate lang in zentralen Einrichtungen unterzubringen und erst dann auf die Kommunen zu verteilen. Dies sei ein weiterer Beitrag zur zügigen Durchführung von Asylverfahren. Zudem sollen Bund und Länder Liegenschaften zur Verfügung stellen, das könnten zum Beispiel alte Kasernen sein.

Darüber hinaus müsse man sich die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union anschauen und Quoten festlegen. Deutschland habe schon relativ viele aufgenommen. Ein weiterer Baustein wäre die Vereinfachung des Baurechts.

Und zuguterletzt geht es auch hier um die Finanzierung. Im Bundesdurchschnitt müssen die Kommunen 60 Prozent der Kosten für die Flüchtlinge tragen. Udo Recktenwald : "Die Pauschale reicht bei Weitem nicht aus." Hinzu komme auch, dass es keine ausreichenden Finanzmittel für die Integration der Flüchtlinge gebe.

Grundsätzlich sprach sich der St. Wendeler Landrat für die Unterbringung in den Kommunen aus: "Je dezentraler die Unterkunft erfolgt, desto stärker ist die Integrationswirkung."

Ausbau der Verkehrswege: Vor allem im ländlichen Raum ist die Straßeninfrastruktur alles andere als gut. Es besteht nach Ansicht des Landkreistages nicht nur ein Sanierungs-, sondern auch ein Ausbaubedarf in Milliardenhöhe. Die geschätzten Erträge durch die Einführung einer flächendeckenden Maut reichten dabei bei Weitem nicht aus, zumal man dort ja auch die Verwaltungskosten abziehen müsse. Schließlich müssten alle 45 Millionen Kraftfahrzeug-Steuerbescheide neu verschickt werden. Andererseits diskutiere man im Finanzministerium die Möglichkeit, Ausbau und Sanierung von Straßen privat zu finanzieren. Die Forderung des Landkreistags: Die Pkw-Maut muss sich in ein Gesamtfinanzierungskonzept für den Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur einfügen. Die derzeit isoliert geführte Diskussion über eine Pkw-Maut greife zu kurz.

Mit diesem Thema wird sich auch der St. Wendeler Landrat Udo Recktenwald weiter befassen. Denn das Präsidium hat ihn zum Vorsitzenden des Bundesausschusses für Wirtschaft, Verkehr und Tourismus gewählt.

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