Urweiler Straußjugend zieht singend durch die Johannisnacht

Urweiler · Im St. Wendeler Stadtteil Urweiler hat die Straußjugend einen alten Brauch aus dem Tiefschlaf erweckt. Singend ging es am Donnerstagabend durch das 2000-Einwohner-Dorf.

 Junge Menschen lassen alten Brauch aufleben: Urweiler Straußjugend zog am Donnerstagabend singend durchs Dorf. Foto: Frank Faber

Junge Menschen lassen alten Brauch aufleben: Urweiler Straußjugend zog am Donnerstagabend singend durchs Dorf. Foto: Frank Faber

Foto: Frank Faber

Für eine lange Zeit war es mucksmäuschenstill während der Johannisnacht in Urweiler . Das Brauchtum Johannissingen war in den 1990er-Jahren eingeschlafen. Unwissende Neubürger und Zugezogene fanden den nächtlichen Gesangsauftritt der Straußjugend als Ruhestörung, was gar die Polizei auf den Plan rief. Am Donnerstagabend ist der Brauch wieder erweckt worden. 30 Mitglieder des Kirmesjahrgangs hatten sich vor dem Jugendclub versammelt, bestückten Bollerwagen mit Marschverpflegung und zogen singend durch das Dorf. "Das ist doch toll, dass der alte Brauch wieder belebt wird, es kommt uns doch allen zugute", freute sich Dominik Dillinger vom Straußjahrgang. Früher war es in Urweiler Brauch, dass die Jungen des Kirmesjahrgangs durch das Dorf marschierten und ihren Liebsten das Johannislied: "Wir singen schon die ganze Nacht: Grün ist die Linde. Schöne Jungfrau wir sind da: Eier fürs Gesinde." Für den Gesang wurden sie mit Eiern, Speck, Flüssigem und Talern belohnt. Am darauffolgenden Tag fand damals der Eierball statt, bei dem die volljährigen Mädels erstmals Ausgang hatten. "Erst mit 18 Jahren konnten die Mädels ausgehen, damit hätten wir heutzutage aber echte Probleme", meinte Carlos Gregorius.

Der erste Stopp des gemischten Chores war stimmgewaltig. Im Auto sitzend wurden Inge Merten und Martha Vollmann mit einem Ständchen unterhalten. "Es hat uns gefreut", bedankte sich Inge Merten und steckte den Jugendlichen ein paar Euro für die Kasse zu. Diesmal waren die Urweiler Bürger mit einer schriftlichen Ankündigung über die Kurzauftritte der Sänger informiert worden. Davon hatte Carsten Baab in der Theresienstraße nichts mitbekommen: "Ich bin zugezogen, toll, dass es noch so etwas gibt, da kann mein Sohn ja auch einmal mitmachen."

Ohne Geknurre und Gebell genoss Hündin Dana die musikalische Vorführung, während Frauchen Christa Ehl von der Haustüre die Melodie mitsummte. "So langsam werden wir immer textsicherer", war aus den Reihen des Chores zu vernehmen. Lothar Finkler belohnte die Darbietung mit einer Schachtel Eier.

Im Jahre 1988 hatte sich das Johannissingen für die damalige Straußjugend richtig gelohnt. "Wir haben beim Eierball 450 Eier gebraten", erinnerte sich Andreas Mörsdorf. Bis gegen 22 Uhr schallte es noch "Grün ist die Linde" durch die Gassen. Die Wiederbelebung des Brauchs geht mit der Zeremonie des Eierballs weiter.

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Hintergrund Der Johannistag erinnert an die Geburt Johannes des Täufers. Er steht in Verbindung zur Sommersonnenwende. Die Johannisnacht ist die Nacht auf den Johannistag, 23. auf 24. Juni. Verknüpft ist der Tag mit Festen im Zusammenhang mit der Sommersonnenwende wie dem Johannisfeuer, wie auch als Lostag im Zusammenhang mit Bauernregeln. frf

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