Unwetter setzt Zeltlager beim Openair jähes EndeHeiße Fete bringt die Menschenmassen mächtig ins Schwitzen

St. Wendel. Die Bands des zwei Tage dauernden Festivals "Rock am Bach" im St. Wendeler Bosenbachstadion haben längst die Bühne verlassen, die letzten Live-Musik-Töne sind verklungen. Trotzdem tummeln sich in der Nacht auf Sonntag noch tausende Besucher auf dem Openair-Gelände

 Mehr Schlachtfeld als Zeltplatz: Nach dem heftigen Gewitter sind viele Zelte vom Sturm zerfetzt. Foto: B & K

Mehr Schlachtfeld als Zeltplatz: Nach dem heftigen Gewitter sind viele Zelte vom Sturm zerfetzt. Foto: B & K

St. Wendel. Die Bands des zwei Tage dauernden Festivals "Rock am Bach" im St. Wendeler Bosenbachstadion haben längst die Bühne verlassen, die letzten Live-Musik-Töne sind verklungen. Trotzdem tummeln sich in der Nacht auf Sonntag noch tausende Besucher auf dem Openair-Gelände. Viele von ihnen haben sich entschieden, die hochsommerlich heißen Stunde auf dem Openair-Gelände zu verbringen, mit Gleichgesinnten weiterzufeiern und anschließend irgendwann gegen Morgen in ihren Zelten wenigstens kurze Zeit zu verschnaufen. Die Stimmung ist riesig. Eine St. Wendeler Polizeisprecherin bestätigt am Sonntagnachmittag: "Alles ruhig. Keine besonderen Vorkommnisse."Allerdings beunruhigt der Deutsche Wetterdienst Feuerwehr, Deutsches Rotes Kreuz (DRK) und Technisches Hilfswerk (THW), deren Helfer auf dem Gelände unterwegs sind: Gegen 22.30 Uhr am Samstag geben die Wetterfrösche eine Unwetterwarnung für den gesamten Landkreis St. Wendel heraus. Die sagt schwere Gewitter mit Sturmböen und sintflutartigen Regenfällen voraus. Ab diesem Zeitpunkt bereiten sich die Rettungskräfte mit einem Notfallplan auf die mögliche Katastrophe vor, wie Stefan Grevener später berichtet. Das bedeutet laut Pressesprecher der St. Wendeler Feuerwehr: Lagebesprechung der Hilfsorganisationen und Veranstalter, um die Festival-Besucher rechtzeitig evakuieren zu können.

Doch vorerst bleibt alles ruhig. Die Veranstaltung scheint verschont. Nur ein paar Regenschauer erfrischen das aufgeheizte Partyvolk.

Kurz nach ein Uhr: Innerhalb weniger Minuten spitzt sich die Situation wie aus heiterem Himmel zu: Starker Wind, Platzregen und heftige Blitze setzen ein. Und schon fegen Zelte und Pavillons über den Platz. Holzkohlegrills stürzen um, drohen so, die völlig ausgetrocknete Wiese in Brand zu setzen. Ein sieben Meter hoher Lichtmast muss gesichert werden. Der Sturm setzt auch der Bühne zu: Schwere Teile drohen abzustürzen. Bauzäune, die den Platz abriegeln, fallen um. Große Bäume schwanken gefährlich. Feuerwehrleute, THW-Mitarbeiter und DRK-Helfer starten wie geplant die Evakuierung in die angrenzende Sporthalle mit der Lautsprecherdurchsage: "Achtung, eine Durchsage: Bitte begeben Sie sich in die Festhalle. Das Gelände wird zu ihrer eigenen Sicherheit geräumt." Gleichzeitig alarmieren die Sicherheitskräfte weitere 100 Helfer.

Party geht in der Halle weiter

Zeitweise fällt der Strom aus. Eilig aufgebaute Notaggregate sorgen wieder für Licht. Gegen halb vier beruhigt sich die Lage. Niemand wurde verletzt. Die Evakuierten nehmen übrigens das Ganze relativ gelassen - Grevener von der Feuerwehr: "In der Halle sorgen laute Musik und Partystimmung für die gewohnte Umgebung." > Seite B 1: Weiterer BerichtSt. Wendel. Robert Schäfer saß am Sonntagmorgen auf einem Campingstuhl beim Sportzentrum. Neben dem 17-Jährigen aus Neustadt an der Weinstraße standen auf dem Bürgersteig Alexander Schäfer, Marc Mandery und Christopher Dausch. Die Pfälzer warteten auf Alexanders Vater, der sie mit dem Auto abholen wollte. Die vier Jungs gehörten zu den rund 12 000 Leuten, die am vergangenen Freitag und Samstag beim Rock-am-Bach-Festival im St. Wendeler Bosenbachstadion abfeierten.

"Das Openair war lässig", sagte Alexander. Besonders der Auftritt von Flogging Molly hatte den vier Pfälzern gefallen. "Wir waren dort, wo die Post abging. Zentral mittig vor der Bühne", so Marc. Die irisch-amerikanische Folk-Punk-Rock-Band bestätigte am Freitagabend ihren Ruf, eine der weltweit besten Live-Bands zu sein. Viele Fans brüllten die Texte mit, klatschten, tanzten und hüpften so begeistert, dass zu erwarten war, dass im nächsten Moment der Schlacke-Boden zu wackeln begann. "Ich bin froh, dass ich den Freitagabend ohne bleibende Schäden überstanden habe", sagte der 20-jährige Marc aus Klingenmünster mit einem Lachen. Der Grund: Während Flogging Molly den Fans der härteren Musik einheizte, trat ihm jemand auf den Fuß, und Marc fiel zu Boden. "Da hatte ich plötzlich einen Fuß auf dem Kopf", erinnerte sich Marc. Glücklicherweise habe ihn ein hünenhafter Mann gepackt und auf die Beine gestellt. Und Marc war wieder dabei, als der Punk abging.

Aber nicht nur die Musiker heizten den Fans ein. Die Sonne sorgte an beiden Tagen für Gluthitze. Nicht alle Festivalbesucher waren mit der Hitze fertig geworden. "Witterungsbedingt hatten die Sanitäter einiges zu tun", berichtete Heiko Werno, Mitorganisator bei Rock am Bach.

Kritisch äußerte sich Marc zur Müll-Entsorgung auf dem Campingplatz am Sportzentrum. "Wir hatten Probleme mit dem Wechselgeld", gab Mitorganisator Werno zu. Die Geldautomaten in der näheren Umgebung seien leer gewesen. Zur Erklärung: Gegen ein Fünf-Euro-Pfand erhielten die Camper einen Müllbeutel sowie einen Müllchip. Gegen Abgabe der gefüllten Abfalltüte und des Chips bekamen die Leute ihr Pfandgeld wieder. Aber die passenden Banknoten gingen den Helfern aus, sodass sie Münzgeld ausgeben mussten. Werno lobte die Zusammenarbeit mit der Stadt St. Wendel. Unter dem Strich sei die Veranstaltung "reibungslos" verlaufen. Petit verteidigte die Festival-Währung "Rab-Dollar" gegen KritikMitorganisator Nico Petit: "Mit dem Rab-Dollar geht es an den Verkaufsständen einfach schneller."

Wie die finanzielle Bilanz des Festivals aussieht, können die Veranstalter noch nicht sagen. Erst müssten die Gewitterschäden ermittelt werden, so Petit. > Seite B 4: Weiterer Bericht

Auf einen Blick

 Fans feiern beim "Rock am Bach". Foto: B & K

Fans feiern beim "Rock am Bach". Foto: B & K

Während des Unwetters in der Nacht auf Sonntag wurden der Kreiseinsatzzentrale in St. Wendel rund 40 Einsätze gemeldet. In Urexweiler entzündete laut Marpinger Feuerwehrsprecher Christian Gessner wahrscheinlich Blitzschlag Stroh, Holz und Wiese des Magdalenenhofes. Regenmassen fluteten in Berschweiler und Sitzerath Keller. In Theley riss der Sturm Ziegel von Wohnhäusern. In Nonnweiler stürzten Bäume auf Straßen. hgn

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