Toscani in St. Wendel Die Erinnerung lebendig halten

St. Wendel · Besuch des Landtagspräsidenten: Am Gymnasium Wendalinum ging es um NS-Verbrechen an jüdischen Familien.

 Landtagspräsident Stephan Toscani, der sich für das Erinnern an die Verbrechen der NS-Zeit engagiert, traf sich mit Schülern des Gymnasiums.

Landtagspräsident Stephan Toscani, der sich für das Erinnern an die Verbrechen der NS-Zeit engagiert, traf sich mit Schülern des Gymnasiums.

Foto: Frank Faber

Es gibt immer weniger Holocaust-Zeitzeugen – auch deshalb will sich Saar-Landtagspräsident Stephan Toscani (CDU) verstärkt für das Erinnern an die Verbrechen der Nationalsozialisten (NS) engagieren. In den nächsten Wochen und Monaten beabsichtigt der Politiker, mit Schülern Erinnerungsplätze in den jeweiligen Orten der Schulen zu besuchen. Den Auftakt seiner Tour bildete der Besuch am St. Wendeler Gymnasium Wendalinum. „Es ist eine besondere Ehre, dass der höchste Politiker im Lande zum Auftakt seiner Besuchsreise durch das Saarland an unsere Schule kommt“, begrüßte Wendalinum-Schulleiter Alexander Besch den Landtagspräsidenten.

Toscani sieht es als seine Aufgabe an, jüngere Menschen anzusprechen, wie man aus der Vergangenheit lernen kann. Ziel sei es, die Geschichte jüdischen Lebens im Saarland im Bewusstsein der jungen Menschen zu verankern, damit sie nicht vergessen, dass auch im Saarland das Leben vieler Juden im Dritten Reich von den NS-Schergen ausgelöscht wurde. „Verfolgung, Unterdrückung und Mord haben nicht irgendwo weit weg stattgefunden, sondern hier in unserer Region, wo die jungen Leute leben“, sagte der 51-Jährige. Und explizit, wo er zu den Schülern sprach, drückte seinerzeit Fritz Berl am früheren Knabengymnasium die Schulbank. Wendalinum-Lehrer Rafael Groß und die Projektgruppe „Wendalinum wider das Vergessen“ präsentierte dem Landtagschef in Form eines Videos die Geschichte der jüdischen Familie Berl aus St. Wendel. Dabei in besonderer Weise die Schicksale des Kaufmanns Eugen Berl und dessen Sohnes Fritz, der 1938 unter grausamen Umständen die Schule verlassen musste.

Bereits sechs Jahre existiert die Projektgruppe am Wendalinum, die 2016 für dauerhaftes Engagement im Bereich der Erinnerungskultur mit dem von der SPD gestifteten Eugen-Berl-Preis ausgezeichnet worden ist. „Jetzt ist die dritte Gruppe im Seminarfach an der Reihe. Für die Schüler ist es ganz gut, dass es schon einen Pool an Informationen gibt“, meinte Groß. Schüler Mathis Edelmann erklärte dazu: „Wir sind gut eingearbeitet, und es ist spannend zu erfahren, was in der damaligen Zeit passiert ist“. Sein Mitschüler Julian Redelechner ist derzeit dabei, die App „Wendalinum wider das Vergessen“ zu entwickeln, um künftig eine größere Reichweite zu erzielen. Denn zusätzlich soll noch die Präsenz in den sozialen Medien gesteigert werden.„Ich bin beeindruckt“, gestand Toscani nach der Präsentation. Als nächstes Projekt will die Gruppe nun die Reichspogromnacht in St. Wendel vom
9. auf den 10. November 1938 zurückverfolgen.

Im Anschluss an den Besuch in der Schule ging es in die Gymnasialstraße, um an das Schicksal der jüdischen Familie Heymann zu gedenken, die 1943 nach Auschwitz deportiert worden war. Vom 2014 eingeweihten Gedenkort Eugen-Berl-Platz neben der evangelischen Stadtkirche führte der Weg weiter durch die Schloßstraße, vorbei am Stolperstein für Erna Berl, zum ehemaligen Standort der St. Wendeler Synagoge. Abschließend empfing Geschäftsführer Jörn Didas die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung im Adolf-Bender-Zentrum. „Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Juden in Deutschland wieder Angst haben müssen“, betonte Toscani. Jeder in der demokratischen Gesellschaft müsse sich überlegen, was er an seinem Platz dagegen tun könne. Die traditionelle Holocaust-Gedenkveranstaltung am 27. Januar im Landtag soll diesmal zudem von Schülern in einer neuen, zeitgemäßen Form gestaltet werden.

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