Haushalt verabschiedet St. Wendeler Stadtrat verfünffacht Spielplatz-Budget

St Wendel · Gremium der Kreisstadt verabschiedet Haushalt mit Stimmen der CDU. Opposition übt Kritik an dem Zahlenwerk.

 Das Innenministerium unter dem früheren Bürgermeister Klaus Bouillon (CDU) fördert in St. Wendel die Anschaffung von Spielgeräten – auf diesem Foto ist ein Klettergerüst zu sehen – mit bis zu 50 000 Euro. Damit der Betrag auch ausgeschöpft werden kann, wurde der Ansatz für Spielplätze im Haushaltsentwurf auf Antrag der CDU verfünffacht.

Das Innenministerium unter dem früheren Bürgermeister Klaus Bouillon (CDU) fördert in St. Wendel die Anschaffung von Spielgeräten – auf diesem Foto ist ein Klettergerüst zu sehen – mit bis zu 50 000 Euro. Damit der Betrag auch ausgeschöpft werden kann, wurde der Ansatz für Spielplätze im Haushaltsentwurf auf Antrag der CDU verfünffacht.

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Ratssitzungen zum Haushalt haben für Oppositionsparteien gewöhnlich einen hohen Stellenwert. Denn das ist die Gelegenheit, um mit dem Bürgermeister und der Mehrheitsfraktion abzurechnen. Das war auch am Donnerstag in der Sitzung des St. Wendeler Stadtrats der Fall – und somit nichts Außergewöhnliches. Zwei Besonderheiten bot die Sitzung in der städtischen Sporthalle aber dennoch: Letztmals diskutierten die Mitglieder des Gremiums über einen von Stadt-Kämmerer Thomas Gregorius gefertigten Haushaltsentwurf. Und erstmals leitete Peter Klär (CDU) seit seiner Wahl ins Bürgermeisteramt nicht selbst die Ratssitzung.

Grund für erste Besonderheit ist das Ausscheiden von Gregorius im weiteren Jahresverlauf – er geht in den Ruhestand. Und Bürgermeister Klär fehlte, weil er sich als Kontaktperson ersten Grades seit knapp einer Woche in Quarantäne befindet. „Zwei Mal wurde der Bürgermeister bislang getestet, zwei Mal fiel der Test negativ aus“, berichtete Stadt-Sprecher Volker Schmidt auf Nachfrage am Rande der Sitzung. Diese leitete statt Klär der Erste Beigeordnete Alexander Zeyer (CDU).

Nachdem die Tagesordnungspunkte eins bis sechs in dreieinhalb Minuten einstimmig abgehakt waren, umriss Zeyer zu Beginn des Tagesordnungspunkts sieben dessen Eckpunkte. „Wir planen für das laufende Jahr trotz der andauernden Corona-Pandemie Investitionen in Höhe von 12,5 Millionen Euro – in die Infrastruktur, in die Digitalisierung, in Sport und Kultur und auch Umwelt“, stieg der Erste Beigeordnete in das 77,2 Millionen Euro schwere Zahlenwerk ein. Das weist zwischen Einnahmen und Ausgaben ein Defizit von rund 1,6 Millionen Euro auf. „Wobei wir hier auf der Einnahmenseite sehr vorsichtig und sehr konservativ gearbeitet haben.“ Nach einem coronabedingt schwierigen Jahr sei nun wieder eine positive Entwicklung zu verzeichnen, meinte Zeyer und versprach: „St. Wendel soll und muss nach dieser Krise wieder aufleben.“

Hernach listete Zeyer auf, wo und in was die Stadt die 12,5 Millionen Euro investieren möchte: In Schulen, Digitale Bildung, Tiefbau, Infrastruktur, E-Mobilität und dergleichen mehr. Gegen Ende seiner einführenden Worte präsentierte Zeyer eine „für unsere Stadt sehr, sehr positive Nachricht“. Nämlich Förderzusagen über zwei Millionen Euro aus Saarbrücken. Das vom früheren St. Wendeler Bürgermeister Klaus Bouillon (CDU) geleitete Innenministerium unterstützt mit entsprechenden Bedarfszuweisungen die Sanierung der Sporthallen in Bliesen (zusätzlich eine Million Euro) und Niederlinxweiler (450 000 Euro), die Beschaffung von Spielgeräten (50 000 Euro) sowie den Bau des Gemeindezentrums in Winterbach (500 000 Euro). „Diese weiteren finanziellen Förderungen sind logischerweise in diesem Haushaltsentwurf noch nicht drin. Denn irgendwann gibt es ja auch für einen Haushalt einen Redaktionsschluss.“

Die weiteren Förderzusagen begrüßte das SPD-Stadtratsmitglied Jürgen Möller nur bedingt: „Das hat ja in St. Wendel Tradition, dass man bei irgendwelchen Events dann Schecks bekommt. Das kommt immer gut rüber, insbesondere in der Presse“, grämte sich Oppositionspolitiker Möller.

Sebastian Schorr hatte zuvor im Namen der CDU-Fraktion den Haushaltsentwurf kommentiert und modifiziert. Etwa beim Thema städtische Spielplätze. „Obgleich die Stadtverwaltung selbst wie jedes Jahr im Frühjahr die Spielplätze saniert, möchten wir jetzt in die direkte Umsetzung des Spielplatzkonzeptes gehen.“ Darum wolle man den Ansatz im Haushalt für diesen Posten anheben – von 20 000 auf 100 000 Euro, „sodass wir dort auch die Förderung des Innenministeriums von maximal 50 000 Euro bekommen“. Weitere CDU-Anträge waren 50 000 Euro als Soforthilfe für St. Wendeler Vereine bereitzustellen sowie den Zuschuss an die Aktionsgemeinschaft von veranschlagten 10 000 auf 50 000 Euro zu erhöhen. Auch ein Verkehrsgutachten zum neuen Standort der Nikolaus-Obertreis-Schule wurde vorgeschlagen. Diese vier Anträge wurden einstimmig angenommen. Gegen die Stimmen von Teilen der SPD und der Linkspartei sowie der AfD wurde zudem beschlossen, den Rasenplatz im St. Wendeler Sportzentrum mit einer Flutlichtanlage aufzuwerten. Doch ehe es nach mehr als zweieinhalb Stunden Haushaltsdebatte zur Abstimmung kommen sollte, hatte die Opposition das Wort.

Seine bereits in der SZ dargelegte Kritik an dem Entwurf erneuerte SPD-Fraktionssprecher Torsten Lang. Zudem führte er aus, dass die 20 Millionen für St. Wendel aus dem Saarlandpakt „fast schon wieder weg sind“. Darüber hinaus bemängelte er, dass St. Wendel sein Eigenkapital aufbrauche, die Infrastruktur vernachlässige und der Haushaltsentwurf nicht seriös sei, weil viele Posten darin gar nicht oder nur unter zusammenfassenden Obertiteln auftauchen würden. Obendrein würden für St. Wendel wichtige Bereiche wie Wirtschaft, Einzelhandel und Gastronomie nicht ihrer Dringlichkeit entsprechend gewertet.

Grünen-Sprecher Sören Bund-Becker kritisierte die Aufnahme von Kassenkrediten und erklärte: „Schon seit Jahren weist die Stadt einen negativen Ergebnishaushalt aus. Das bedeutet, die Stadt investiert zu wenig in die Instandhaltung ihrer Werte, sie lebt von ihrer Substanz.“ Indes fanden sie geplanten Investitionen bei den Grünen Zustimmung. Schlecht sei jedoch, dass die Planung der Investitionsmittel kein Geld für das Radwegekonzept, die Erneuerung der Straße nach Hoof oder auch die neue Grundschule vorsieht. Hier sei jetzt schon bekannt, dass für eine zügige Umsetzung Millionen gebraucht werden. „Diese sind im Haushalt allerdings – auch in den nächsten Jahren – überhaupt nicht eingeplant.“ Geplant seien hingegen Millionenausgaben für die neue Sporthalle. Die nehme St. Wendel in den nächsten Jahren sämtliche finanziellen Spielräume. Sowohl um eine übermäßige Aufnahme von Kassenkrediten, als auch ein Umleiten der diesjährigen Investitionsgelder in die Eventhalle zu verhindern, hatte die Fraktion jeweils Änderungsanträge gestellt. Diese wurden allerdings durch die Stimmen der CDU-Mehrheitsfraktion abgelehnt.

Joachim Zerfaß (Die Linke) schloss sich den Aussagen seiner Vorredner Lang und Bund-Becker an. Und er lobte das von Lang zum wiederholten Mal geforderte Ortsratsbudget in Höhe von fünf Euro je Bürger. „Das geht in die richtige Richtung.“ Wenngleich auch das mit Stimmen der CDU-Mehrheit später abgelehnt werden sollte. Zudem bemängelte Zerfaß, dass der soziale Wohnungsbau in St. Wendel quasi eingeschlafen sei und Einzelhandel sowie Gastronomie nicht ausreichend unterstützt würden.

Damit war er einer Meinung mit Stephan Rieth (FDP), der fragte: „Was wollen wir uns leisten, was können wir uns leisten?“ Derzeit keine neue Sporthalle, war seine Antwort. Zunächst müsse sich um die Bahnhofstraße und den Einzelhandel gekümmert werden sowie um die Grundschule. Dann erst um eine neue Sporthalle. „Eine Stadt wird geführt durch Gestaltung und Verwaltung.“ Die Verwaltung sei top, das Gestalterische eher nicht. „Ich vermisse in dieser Stadt einen Fürsprecher für die Wirtschaft.“

Rüdiger Klesmann (AfD) erklärte: „Die SPD-Fraktion hat gute Vorarbeit geleistet, was da gesagt wurde, dem kann man sich nur anschließen.“ Seine Fraktion, die seit voriger Woche wieder zwei Ratssitze hat, sei für „Kürzung und Rückstellung von Ausgaben, die nicht notwendig sind. Und da gehört auch die Sporthalle dazu. Das ist ein Prestige-Projekt, aber wer braucht das jetzt?“ Ebenfalls kritisierte Klesmann die Aufnahme neuer Kassenkredite, weshalb auch die AfD dem vorgelegten Entwurf nicht zustimme.

Und so kam es, dass der Haushalt 2021 lediglich mit den Stimmen der CDU angenommen wurde. Die Grünen enthielten sich, alle anderen stimmten dagegen.

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