Wenn in St. Wendel der Namenstag des Stadtheiligen gefeiert wird, dann trifft sich beim Wendelsmarkt nicht nur Gott und die Welt. Auch die Ex-Arbeitskolleginnen Gertrud Bumb aus Neunkirchen und die Theleyerin Maria Peitz haben eine feste Verabredung. "Jedes Jahr bummeln wir gemeinsam über den Markt und lassen es uns gut gehen", sagt Stammgast Peitz. Beide Damen wühlen seitlich der Basilika in den Auslagen von "Jeans Walter" Danne. "Wir sind zum 30. Mal hier", verrät seine Frau Sabine und hat den Beweis dafür auch prompt zur Hand: Eine Standplatz-Zusage der Stadt St. Wendel aus dem Jahr 1985.

Beim Rundgang über den Markt ist auch reichlich Entertainment geboten. Gleich drei Verkäufer preisen in Manier der Moderatoren bekannter Teleshopping-Kanäle ihre Gemüsehobel als die jeweils schnellsten der Welt an. "Der Gemüsehobel ist acht Mal schneller als andere Produkte und sicherer. Denn Gemüse wächst nach und die Finger werden immer kürzer", erklärt Gemüse-Schnitzer Mike Schiele den Schaulustigen. Und es kommt noch besser. Eine patentierte Weltneuheit aus der Messerstadt Solingen bewirbt Thomas Piel. Er zeigt die Vorzüge seines superscharfen Küchenmessers mit der eingebauten Schleifmaschine zum Preis von 19.90 Euro.

Drohnen mit eingebauter Kamera inklusive Live-Bild auf das Handy, bietet der Bad Kreuznacher Hans Hahne für 70 Euro an. Unterschiedlich teuer ist die traditionelle Marschverpflegung für den Besucher. Am Saalbau verlangt Landmetzger Willi Detemple zwei Euro für die Bratwurst, 30 Cent mehr die Metzgerei Keller am alten Rathaus. Vor der Domgalerie und auf der Mott muss 2.50 Euro für Wurst und Weck hingelegt werden.

Die Lisdorferin Isolde Bernard weiß genau, was ihre Kundschaft zu dieser Jahreszeit wünscht. "Vor Allerheiligen sind Gestecke gefragt. Ich habe sie ganz allein gebunden", berichtet Bernard. Seit 46 Jahren, früher am Dom nun auf der Mott, kommt der Gartenbaubetrieb mit seinen Pflanzen schon zum Wendelsmarkt.

Vom Mia-Münster-Haus entlang des Kugelbrunnens bis in die Luisenstraße ist jeder Meter mit Textilwaren belagert. Fraglich, ob durch das inflationäre Angebot für einen der Händler überhaupt noch ausreichend Umsatz rausspringt. "Alles muss raus, durchschauen und ein Schnäppchen sichern", ruft ein wortgewandter Schmuckverkäufer in der Schloßstraße. Mit der Präsentation der exklusiven Kollektion Dubai Fashion lockt er die Damenwelt an seinen Tisch. "Ohne Nickel, keine Pickel. Jedes Schmuckstück ist nickelfrei", versichert er während des Räumungsverkaufs der Ohrringe oder Halsketten aus Weiß- und Rotgold. Mit dem Eintreffen der grauen Wolken lässt der Betrieb in den Gassen der City in den Nachmittagstunden etwas nach.

Wieder freie Sicht bekommt die Wendelin-Skulptur, die vorm Mia-Münster-Haus steht, erst später. Der Schutzpatron aus Bronze war an seinem Namenstag mittendrin im Geschehen. Umgeben von einem Stand spitzte er zwischen Textilien hervor.