„Sprache kann eine Heimat sein“

St Wendel · Mehr als 700 Besucher hörten am Donnerstag in der St. Wendeler Basilika dem Benediktinerpater Anselm Grün zu. Der Festredner der Wallfahrtswoche plädierte für achtsames Sprechen und eine nicht verletzende Sprache.

 Andächtig lauschten die mehr als 700 Besucher den Worten des Benediktinerpaters. Fotos: B&K

Andächtig lauschten die mehr als 700 Besucher den Worten des Benediktinerpaters. Fotos: B&K

Der Besuch des bekannten Talkshow-Gastes, Buchautors, geistlichen Beraters und Ordensmannes Anselm Grün während der Wallfahrtswoche übertraf alle Erwartungen. Bereits eine halbe Stunde vor dem Auftritt des 70-jährigen Benediktinerpaters war in der Basilika kein Sitzplatz mehr frei. Zusätzlich wurden Stühle beigeschafft, die Empore wurde geöffnet. Sein Festvortrag hatte der Pater dem Thema "Achtsam sprechen - kraftvoll schweigen" gewidmet. Darin ging es Grün darum, die heilende Wirkung der Sprache wiederzuentdecken. Deshalb betonte er: "Sprache kann verletzen oder eine Heimat sein".

Keineswegs wolle er die Sprache anderer beurteilen und bewerten. Im Gegenteil. Grün versuchte mit leisen, verständlichen Tönen die mehr als 700 Wallfahrer für die Macht der Sprache, aber in erster Linie für einen achtsamen Umgang mit dieser zu sensibilisieren. "Unsere Sprache vereint, was wir fühlen, glauben und denken", meinte Grün. Die Sprache könne ein Haus sein, das Geborgenheit gebe. Sprache sei Heimat , der Dialekt sei ein Dialog der Sprache, in dem man sich geborgen fühle. Grün führte anhand mehrerer Beispiele aus der Bibel und seiner eigenen Erfahrungen als geistlicher Berater hochrangiger Manager oder von verzweifelten innerlich zerrissenen Borderlinern an, was eine achtsame Sprache auszeichnet und wie verletzend sie sein kann.

Kritik an Empörungskultur

"Achtsame Sprache schafft eine Gemeinschaft, ein Miteinander. Sie kommt vom Herzen und drückt Gefühle aus", meinte der Pater. Die E-Mail-Sprache habe er unter Managern in einer aggressiven Form kennengelernt, bei derzeitig geführten Debatten und Demonstrationen würde das gesprochene Wort oft eine verheerende Wirkung nach sich ziehen. "Mittlerweile gibt es eine richtige Empörungskultur", sagte er. Eine Sprache, die darauf abziele, andere Menschen in der Öffentlichkeit zu beurteilen, entlarve den Redenden. "Vielen geht es gar nicht darum, was sie sprechen, sondern nur darum, möglichst viel Redezeit zu haben", behauptete Grün, der sich in Talkshows bestens auskennt.

Er plädierte für eine reine Sprache ohne Nebenabsichten. Weiter müsste Sprache immer offen sein. "Zum Sprechen gehört das Hören, und wer hört, muss schweigen", stellte Grün fest. Viele Menschen könnten nicht schweigen, manche hätten gar Angst vor der Stille, weil sie dann mit der Wahrheit konfrontiert würden. "Um in sich selbst hineinzuhorchen, muss man still sein", sagte er.

Die Basis für ein achtsames Sprechen liege in jedem Einzelnen verborgen. "Das richtige Sprechen kommt aus dem Schweigen", unterstreicht der Benediktinerpater. Jeder Mensch beherberge in sich einen Raum der Stille. Dazu zählte er fünf wichtige Punkte auf. "In seinem Innersten ist der Mensch frei, heil, authentisch, rein von Schuld und bei sich daheim", erklärte er. Mit einem bewegenden Segensritual gab er dem Publikum während seiner ruhigen Ausführungen bewusst die nötige Zeit, den Raum der Stille aufzusuchen. Anschließend signierte der Autor noch seine Bücher. Den mehr als 700 Besuchern hatte der Festredner viele Denkanstöße mit auf den Weg gegeben.

 Anselm Grün hielt einen Festvortrag in der Basilika.

Anselm Grün hielt einen Festvortrag in der Basilika.

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Auf einen Blick Programm der Wallfahrt: An diesem Samstag ist der Tag der Pfarreiengemeinschaften und Firmlinge. Dieser beginnt mit dem Pilgeramt um 10 Uhr, um 18 Uhr gestaltet der Jugendchor der Basilika eine Messe. Der Tag der Pfarrgemeinde ist an diesem Sonntag: 10.45 Uhr beginnt das Festhochamt, 18 Uhr die Abendmesse. Eine Kirmesserenade gibt es um 19 Uhr vor der Basilika. red

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