Schäden waren nicht auszuschließen

St Wendel · Sie sollte die größte Veranstaltung dieser Art in diesem Jahr in Europa werden, 10 000 Zuschauer anziehen, 150 000 Euro kosten. Daraus wird aber nichts: Die historische Artillerievorführung „Donner über St. Wendel“ Anfang September ist abgesagt. Zu laut, so die Begründung der Stadtverwaltung.

 Schall und Rauch: Geschützdonner ist laut. Foto: Stadt St. Wendel

Schall und Rauch: Geschützdonner ist laut. Foto: Stadt St. Wendel

Foto: Stadt St. Wendel

Es muss ziemlich laut gewesen sein im Jahr 1522. Damals belagerte der Ritter Franz von Sickingen im Zuge der "Trierer Fehde" St. Wendel und nahm die Stadt mit seinen Artillerietruppen unter Beschuss. An dieses historische Ereignis sollte die Großveranstaltung am ersten Septemberwochenende im Bosenbachstadion in St. Wendel erinnern. Der Titel: "Donner über St. Wendel - Franz von Sickingen und seine Erben".

Zahlreiche Artilleriegruppen aus ganz Europa sollten nach St. Wendel kommen, etwa 300 Darsteller mit 100 Geschützen. Sie sollten das Leben innerhalb der Heerlager mit Landsknechten, Schmieden, Feldscheren darstellen, die historische Geschütze zeigen und auch vorführen. Dass dies laut werden würde, war von Anfang an klar.

Wie laut, das hat sich nach Angaben von Bürgermeister Peter Klär erst bei der Detailplanung herausgestellt. Mit dieser habe man vor etwa vier Wochen begonnen, so Klär im SZ-Gespräch. Geplant war, dass an beiden Veranstaltungstagen in fünf Intervallen jeweils 20 Minuten lang die Kanonen schießen sollten.

Er habe sein Ordnungsamt gebeten zu klären, wie hoch der zu erwartende Lärmpegel sei. Das Ergebnis: "Wir müssten mit 130 bis 150 Dezibel rechnen." 70 Dezibel seien normal, so Klär, 90 die Ausnahme. Wenn aber 130 bis 150 Dezibel erreicht würden, sei mit Schäden bei Menschen zu rechnen. Der Bürgermeister: "Dieses Risiko einzugehen, das kann ich keinem empfehlen." Deshalb habe er dem zuständigen Ausschuss in der vergangenen Woche vorgeschlagen, die Veranstaltung abzusagen. Dem sei dieser einstimmig gefolgt (wie berichtet).

Eine Verlagerung aus dem Stadtgebiet hätte nach Ansicht des Bürgermeisters keinen Sinn ergeben. Wasserversorgung, Strom, die Anbindung, die Zufahrten, Parkplätze - die komplette Infrastruktur hätte gefehlt. Das Heerlager und die Artillerieausstellung ohne das Schießen, das hätte auch nicht gereicht, dann hätte diese Veranstaltung nicht mehr die gewünschte Qualität gehabt.

Bis jetzt sind nach Angaben des Bürgermeisters etwa 8500 Euro an Kosten für "Donner über St. Wendel " entstanden. Klär: "Das ist nichts gegen den Schaden, der hätte entstehen können." Einen Run auf Karten hatte es noch nicht gegeben. 37 Karten seien bisher im Vorverkauf abgesetzt worden.

Die SPD-Opposition im St. Wendeler Stadtrat begrüßt die Absage. "Es ist gut, dass diese Veranstaltung nicht stattfindet", sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Torsten Lang: "Es bleibt dabei, es ist falsch, dass sie überhaupt geplant wurde." Krieg zu spielen sei nicht das, was St. Wendel zum Thema einer Veranstaltung machen sollte. Bürgermeister Klär habe diese Veranstaltung noch im Wahlkampf verteidigt.

Langs Vorwurf an die Stadtverwaltung: "Das Thema Lärmimmissionen hätte man früher prüfen müssen, bevor man Verträge abschließt und Eintrittskarten verkauft." Seine Partei werde im Stadtrat genau nachfragen, was das Ganze gekostet hat.

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HintergrundAn der Veranstaltung "Donner über St. Wendel " entzündete sich anders als bei dem historischen Ritterturnier 2012 von Anfang an auch Kritik . Die Veranstaltung sei militaristisch, kriegsverherrlichend, so die Gegner. Die Befürworter hingegen sehen in solchen Projekten die Fortsetzung der Museumsarbeit mit anderen Mitteln. So sagte Alfred Geibig, Leiter der Abteilung für historische Waffen in der Kunstsammlung der Veste Coburg, der auch das Ritterturnier in St. Wendel mitorganisiert hatte, im vergangenen Jahr: "Es wird keine dumpfe Ballerei. Zeigen wollen wir die breite Palette der Artillerie vom 14. bis 19. Jahrhundert." Wie bei den Rittern werde Geschichte erneut hautnah erlebbar. vf

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