Raus aus dem Buchstaben-Labyrinth

St Wendel · Was sie als Kinder und Jugendliche nicht richtig gelernt haben, können Erwachsene jetzt im St. Wendeler Grundbildungszentrum nachholen. Zwei mal wöchtlich gibt es ab Mitte September einen offenen Lerntreff. Dessen Inhalte sind Lesen, Schreiben und Rechnen.

Den Fahrplan lesen, einen Einkaufszettel schreiben - das ist für die meisten eine Selbstverständlichkeit, der nicht viel Bedeutung beigemessen wird. Doch wie sieht der Alltag eines Menschens aus, der nicht lesen kann, wohin der Bus, der vor ihm steht, fährt? Eine Studie besagt, dass deutschlandweit 7,5 Millionen Erwachsene nicht richtig lesen und schreiben können. Im Saarland sind es 90 000.

Eine Zahl für den Kreis St. Wendel liegt nicht vor. Aber auch hier leben Menschen, für die die Aneinanderreihung von Buchstaben nur wenig Sinn ergibt. Um ihnen zu helfen, werden Grundbildungszentren eingerichtet. In St. Wendel nimmt das saarlandweit zehnte Zentrum im September seine Arbeit auf. Wie St. Wendels Bürgermeister Peter Klär erläutert, ist die St. Wendeler Volkshochschule Träger des Zentrums. Was die Lerninhalte betrifft, so ist die Arbeitsmarkt-Initiative St. Wendel im Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) zuständig. Sie stellt auch die Räumlichkeiten in der Weimarer Straße 13 für den "Offenen Lerntreff" zur Verfügung.

Der Name ist hier auch Programm. Die Teilnehmer treffen sich zum gemeinsamen Lernen und das ganz ungezwungen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, und Kosten fallen auch keine an. Den Unterricht übernimmt Studentin (Mathematik und Deutsch als Fremdsprache) Caroline Ferrang. "Es ist wichtig, dass ich die Menschen da abhole, wo sie stehen", sagt Ferrang. Eine homogene Gruppe werde es in dem Treff kaum geben. "Es sind viele Ursachen denkbar, weshalb jemand nicht lesen und schreiben kann", weiß die Studentin. Möglicherweise habe es die Person in der Schule nie richtig gelernt oder es können Lese- oder Rechtschreibschwächen vorliegen. Es gelte zunächst herauszufinden, was auf den einzelnen Teilnehmer zutrifft. Danach wird individuell geschult. Neben Lesen und Schreiben steht auch Mathematik auf dem Lehrplan.

Ob beim Start des Zentrums ein, zwei oder zwölf Teilnehmer den Weg in die Weimarer Straße finden werden, können die Verantwortlichen nicht einschätzen. Nortrud Bechter von der Arbeitsmarkt-Initiative St. Wendel hofft, dass sie die Menschen, die nicht lesen und schreiben können, erreichen. Zunächst über Bekannte und Familienmitglieder, die lesen können. Später vielleicht auch durch Mundpropaganda.

Der Lerntreff öffnet ab 10. September jeweils donnerstags, 17 bis 18.30 Uhr und ab 11. September jeweils freitags 10 bis 11.30 Uhr.

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