Ratten erobern die Innenstadt

St Wendel · Dort, wo Abwässer fließen, in der Kanalisation, halten sie sich meistens versteckt: Ratten. Doch plötzlich sind sie oberirdisch zu sichten. Mitten in St. Wendel. Das beunruhigt SZ-Leser, die darauf aufmerksam machten. Was wird jetzt gegen die Plagenager unternommen?

 Eine Ratte streift durch den Sand auf dem Platz über der St. Wendeler Tiefgarage. Sie ist nicht der einzige Nager, der für Passanten überraschend hier auftauchte. Aber von einer Rattenplage in der City will der Umweltamtschef nicht sprechen. Fotos: hgn

Eine Ratte streift durch den Sand auf dem Platz über der St. Wendeler Tiefgarage. Sie ist nicht der einzige Nager, der für Passanten überraschend hier auftauchte. Aber von einer Rattenplage in der City will der Umweltamtschef nicht sprechen. Fotos: hgn

Da, wo sich im Dezember Besucher des St. Wendeler Weihnachtsmarktes getummelt haben, krochen nun Tiere herum, die vielen einen Schauer über den Rücken jagen. Ratten - gleich eine ganze Familie schien es, sich dort heimisch zu machen. Von kleinen Exemplaren bis hin zum fetten Nager striffen umher. Einen Strohhaufen in der Mott durchfurchten sie. Ein Überbleibsel des orientalischen Teiles des Marktes, das nun erst verschwand. Der städtische Bauhof räumte den Platz und ließ auch die nahen Tannenbäume verschwinden, wo sich die Tiere ebenfalls tummelten.

Passanten hatten die SZ-Redaktion auf die Ratten mitten in der Stadt aufmerksam gemacht. Einige Zeugen waren bloß verdattert, die ansonsten scheuen Tiere am helllichten Tag umherschleichen zu sehen. Andere wiederum fürchteten sich regelrecht davor. Werden die Ratten schließlich mit ansteckenden Krankheiten in Verbindung gebracht. Doch jetzt sei es zumindest an dieser Stelle aus und vorbei, versichert Hans-Jürgen Rauber. Der Chef des städtischen Umweltamtes: "Mitarbeiter haben den Platz gesäubert." Die Hinterlasenschaften der Kamele , die während des Weihnachtsmarktes dort gestanden haben, hätten die Ratten angelockt. Außerdem habe nach den anhaltenden Regenfällen der vergangenen Woche die Plagegeister aus ihre Kanälen gejagt, wo sie sich für gewöhnlich aufhielten.

"Ratten gibt es überall", informiert Rauber. In jedem Ort, jeder Gemeinde, jeder Stadt tauchten sie auf. Mal weniger, mal mehr. Sie völlig auszurotten, gelinge auch nicht mit regelmäßigen Einsätzen einer Saarbrücker Spezialfirma. Die setze mindestens zweimal im Jahr Köder in den unterirdischen Abwasserrohren aus. "Bei Bedarf auch öfter", ergänzt der St. Wendeler Amtsleiter.

Was genau bezwecken die Fachleute aber mit den Ködern? Rauber nochmal: "Dieses Gift blockiert die Blutgerinnung. Die Tier verbluten innerlich." Hört sich martialisch an. Jedoch gebe es keine andere Lösung, sich von Ratten zu befreien. "Die Tiere sind intelligent und lernfähig: Stellen wir Fallen auf und die erste Ratte tappt rein, folgen die übrigen nicht mehr."

Anders bei den eingesetzten Giftködern. Zwar schickten die Tiere "Vorkoster", die testen, ob das Futter gefährlich ist. Da der ausgelegte Stoff indes zeitverzögert erst nach einigen Tagen wirkt, labten sich die übrigen ebenfalls nichtsahnend daran.

Unterdessen versichert der Rathaus-Mitarbeiter, dass die Köder für Menschen und übrige Tiere ungefährlich seien - so lange sie sich nicht in der Kanalisation aufhalten. "Überirdisch werden die Köder nicht ausgelegt, damit das Gift nicht ausgeschwemmt und so per Luft oder durch Grundwasser weitergetragen wird", versichert Rauber.
Plage in der City?



Ratten tauchten zudem nicht nur in der City auf. In den Stadtteilen seien kommunale Mitarbeiter immer wieder mal deswegen unterwegs. Denn Ratten unterscheiden nunmal nicht nach städtischen und dörflichen Abwasserleitungen.

Dass sie sich schon mal an der Oberfläche blicken lassen, dies kenne jeder Gartenbesitzer mit Komposthaufen: "Wenn es im Winter kalt wird, suchen sie dort nach Nahrung." Aber von einer regelrechten Plage, weil die Nager nun in der Mott auftauchten, will Rauber nicht sprechen.

 Ein weiteres, gewichtiges Exemplar auf Tour.

Ein weiteres, gewichtiges Exemplar auf Tour.

 Zwischen Tannen und Heuhaufen pendelten die Plagegeister auf der Mott hin und her, ließen sich nicht stören.

Zwischen Tannen und Heuhaufen pendelten die Plagegeister auf der Mott hin und her, ließen sich nicht stören.

Zum Thema:

Auf einen BlickRattengift: Der Fraßköder blockiert Enzyme im Körper des Nagers, die zur Blutgerinnung nötig sind. Wo üblicherweise für diese Stoffbildung entsprechende Vitamine andocken, setzt der chemische Stoff an. Er stoppt die körpereigene Produktion. Erst nach einigen Stunden ist der lebenswichtige Blutgerinner aufgebraucht, so dass die Wirkung einsetzt. Für das Tier bedeutet dies nach dem Fraß: Es verblutet innerlich. hgn

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