Ben Salomo am Gymnasium Wendalinum Vom Rapper zum Prediger?

St. Wendel · Ben Salomo sensibilisierte Schüler des Gymnasium Wendalinum für Antisemitismus im alltäglichen Leben.

 Ben Salomo spricht vor Schülern des Wendalinum.

Ben Salomo spricht vor Schülern des Wendalinum.

Foto: Frank Faber

Ausgerappt: Ben Salomo, bürgerlich Jonathan Kalmanovich, beklagt im Stile eines Predigers vor 250 Schülern am St. Wendeler Gymnasium Wendalinum den zunehmenden Antisemitismus und Diskriminierung in der Gesellschaft. Der israelische Rapper und YouTuber, der vor mehr als einem Jahr der Rap-Szene den Rücken gekehrt hat, vermittelte während seines 90-minütigen Vortrages, was es bedeutet, wegen seiner Religion und Herkunft diskriminiert zu werden. „Sobald die Menschen erfahren, dass ich Jude bin, gibt es Leute, die mich diskriminieren“, berichtete er von seinen negativen Erfahrungen. Ob Holocaust-Witze oder Erniedrigungen durch Gleichaltrige – bereits als Kind erfuhr Jonathan Antisemitismus, sogar von seinem damaligen besten Freund. „Ich habe ein Aussehen wie jemand aus dem Nahen Osten und nicht wie der normale Bio-Europäer“, stellte der mittlerweile 42-jährige Rapper fest. Als 16-Jähriger sei er auf der Party einer Freundin gewesen. „Dort haben mich drei Typen gefragt, ob ich wüsste, wie die jüdische Nationalhymne geht“, schilderte Ben Salomo. Er habe geantwortet: „Es gibt nur eine israelische“. Daraufhin habe ihm der Anführer der Gruppe ein Feuerzeug unter die Nase gehalten, aufs Gas gedrückt und gelacht. „Was würdest du heute tun, wenn du so etwas erleben würdest“, fragte eine Schülerin bei Ben Salomo nach. Dass der Betroffene ein Judenhasser sei, würde er ihm zu verstehen geben und danach verschwinden.

Aktuell geht der Referent davon aus, dass sich die Situation für Juden in Deutschland verschlimmert habe. „Antisemitistische Erzählungen sind viel mainstreamiger geworden und werden im Internet tausendfach reproduziert: durch Facebook-Kommentare, Pseudodokus oder andere YouTube-Videos“, erklärte Ben Salomo. Wendalinum-Schülerin Joelle wollte von ihm wissen: „Woher kommen denn eigentlich die Vorurteile?“ Dazu brachte Ben Salomo die Jesus-Judas-Geschichte ins Spiel. „Auch von der Kirche ist viel erfunden worden, und Martin Luther war ein glühender Antisemitist“, ging er tief in die Vergangenheit zurück. Ein Thema, das Ben Salomo besonders wichtig ist, ist der Antisemitismus in der deutschen Rap-Szene. Der YouTuber kritisierte massiv, dass viele Rap-Songs voller antisemitischer Hetze steckten. Aus der Szene sei er nach dem Echo-Skandal um Kollegah und Farid Bang (siehe Infobox) ausgestiegen, weil er dort Toleranz und Respekt vermisse. „Kollegah hat nach einem Besuch im KZ Auschwitz Interviews gegeben, in denen er den Israel-Palästina-Konflikt mit der NS-Zeit und dem Holocaust verglichen hat. Solche Vergleiche ziehen meiner Meinung nach nur Rechtsradikale, linksextreme Antisemiten oder Islamisten“, fand Ben Salomo.

Bei Bushido, Haftbefehl oder Kollegah hätte der Antisemitismus jedoch Einzug in Musiktexte und dazugehörige Musikvideos gehalten. „Kollegah hat antisemitische Ansichten, er ist ein Verbreiter“, ist Ben Salomo überzeugt. Er zitierte einige Textzeilen aus dem Song „Apokalypse“, die im dazugehörigen Videoclip außerdem mit judenfeindlicher Bildsprache untermalt werden. Für jeden Rapper gelte die Regel: Worte, die man sage, seien genau wie die, die man nicht sage. „Deutsch-Rap denkt aber teilweise so wie Rechtsrock“, verdeutlichte er. 2006 war ein Auftritt in Berlin von Deso Dogg, der später als IS-Kämpfer eine traurige Berühmtheit erlangte, der vorläufige Höhepunkt einer schlimmen Entwicklung. „Deso Dogg schwenkte zu Beginn seiner Show eine Hisbollah-Fahne, was vom Publikum frenetisch bejubelt wurde. Keiner der Veranstalter intervenierte, Deso Dogg konnte seinen Auftritt durchziehen und wurde mit viel Liebe von der Bühne verabschiedet“, erinnerte Ben Salomo.

 Ausgerappt: Ben Salomo beklagte zunehmenden Antisemitismus.

Ausgerappt: Ben Salomo beklagte zunehmenden Antisemitismus.

Foto: Frank Faber

Mit den 250 Wendalinum-Schülern in der Aula schloss er abschließend einen Pakt. „Ihr seid jetzt Multiplikatoren. Wenn Ihr antisemitistische Äußerungen, Diskriminierungen und was über Judenhass hört, widersprecht sofort“, so der Rapper. Die Schüler sollen nun mithelfen, den Tag, die Zeit, einfach besser zu machen.

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