Prinz Albert Jahr Ein Stadtrundgang mit Herzogin Luise

St. Wendel · Darstellerin Jutta Stumm führt Besucher durch St. Wendel und zeigt ihnen, wie die Vorfahrin der Windsor lebte.

 Herzogin Luise (Jutta Stumm) neben ihrer Statue vor der ehemaligen Winterresidenz im Amtshaus (altes Rathaus am Schlossplatz).

Herzogin Luise (Jutta Stumm) neben ihrer Statue vor der ehemaligen Winterresidenz im Amtshaus (altes Rathaus am Schlossplatz).

Foto: Frank Faber

Der britische Hochadel aus dem Königshaus Windsor hat der Einladung der Kreisstadt St. Wendel zum Besuch im „Prinz Albert Jahr“ eine Absage erteilt. Nicht weiter schlimm. Denn am Dienstag ist deren Vorfahrin Herzogin Luise von Sachsen-Gotha-Altenburg (1800 bis 1831) an dem Ort aufgetaucht, wo sie mehr als sechs Jahre im Exil gelebt hat. Nach St. Wendel im damaligen Fürstentum war Luise (dargestellt von Jutta Stumm) 1824 von ihrem Ehemann Ernst I. von Sachsen-Coburg-Saalfeld verbannt worden. Zuvor hat sie mit ihm im Schloss Rosenau zu Coburg gelebt. „Ehebruch wird mir vorgeworfen“, berichtet sie während der Stadtführung.

Von ihrer geliebten Sommerresidenz (Niederweiler Schlösschen), ein Gartenhaus mit herrschaftlichem Garten (dem Gelände des heutigen Bahnhofs)  ist nur noch eine Zeichnung übrig geblieben. Schade. Die Adlige wirkt traurig, ihre Worte klingen gebrochen. „Ich musste damals meine beiden Kinder zurücklassen“, beklagt Luise. Im Herbst ist sie dann in die ungeliebte Amtsstube (altes Rathaus am Schlossplatz) eingezogen. „Da drin war es kalt, nichts war fertig und ich habe Tapeten kleistern müssen“, jammert sie. Eine evangelische Kirche habe seinerzeit nicht in St. Wendel existiert. Im Bethaus seien die Menschen ein- und ausgegangen.

Wie ist sie denn in der Verbannung über die Runden gekommen? „Der Herzog hat mir Geld geschickt“, erklärt Luise. Mit einem Betrag von 13 000 Gulden hat sie auskommen müssen. Merkwürdig. In die ehemalige Winterresidenz und ins nachträglich gestaltete Luisenzimmer setzt die Blaublüterin keinen Fuß während des Stadtrundgangs. Damals habe sie dabei arme Kinder betteln sehen. „Das war erschreckend und hat mich erschüttert“, betont Luise.

Zwei Jahre nach der Trennung von Herzog Ernst wird sie geschieden. Für eine Evangelische damals kein Problem. Interna, weshalb es zum heftigen Rosenkrieg zwischen ihr und dem Herzog gekommen ist, packt sie nicht aus. Schon sechs Monate nach der Scheidung heiratet Luise dann erneut – und keinen Unbekannten: Maximilian von Hanstein, der bereits am Coburger Hof angestellt war und dem man schon damals ein Verhältnis mit ihr nachgesagt hat. „Dadurch konnte ich glücklicher leben“, sagt sie.

Ihr zweiter Ehemann hat fortan den Namen Graf von Pölzig und Bayersdorf getragen – schließlich muss eine Adelsehe standesgemäß sein. Luise ist dann vor der Magdalenenkapelle (Balduinstraße) angekommen. „Hier haben die Coburger eine Schule eingerichtet“, weiß sie noch. Übrigens. Dem Vergleich mit dem Coburger Schloss Rosenau kann St. Wendel nicht standhalten. Luise erinnert sich noch an das alte Hospital für Pilger, wobei sie in der Aufregung den seinerzeit tatsächlichen Standort verwechselt. „Das alte Hospital hat mich animiert, mich um die Kinder zu kümmern, damit sie eine Ausbildung erhalten“, war ihr Plan.

Hingegen hat ihr modebewusstes Auftreten der betuchten Männerwelt im Städtchen nicht gefallen. „Die Frauen wollten sich auch modischer kleiden und das ging an den Geldbeutel der Männer“, erzählt sie. Anstelle der Trattoria da Anna hat vor knapp 200 Jahren die Tabakfabrik Marschall gestanden. „Durch meine Anwesenheit ist das Gewerbe in St. Wendel gefördert worden“, behauptet Luise. Vor der Statue des Komponisten Philipp Jakob Riotte (1776-1856) am Fruchtmarkt ist sie kurz sprachlos. „Ich habe ihn in der Wiener Oper kennengelernt“, schwärmt die Musikliebhaberin. Oh, sogar eine Straße ist nach mir benannt, stellt Luise erfreut fest. „Überhaupt hat mich das Blühen der St. Wendeler Bürger erfreut“, ist sie entzückt. Durch Musik, Reisen und Literatur habe sie sich in St. Wendel ihre eigene kleine Märchenwelt erschaffen. „Und dabei habe ich angefangen, viel bewusster zu leben“, resümiert sie ihre Zeit in der Kreisstadt.

 Herzogin Luise (Jutta Stumm) marschierte mit ihrer Gruppe durch St. Wendeler Innenstadt.

Herzogin Luise (Jutta Stumm) marschierte mit ihrer Gruppe durch St. Wendeler Innenstadt.

Foto: Frank Faber

In ihrem wahren Leben ist Luise-Darstellerin Jutta Stumm Kastellanin von Schloss Rosenau im Coburger Stadtteil Rödental. Sie führt Touristen und Kindergruppen durch den Geburtsort von Prinz Albert.

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