Luther rückt in die Mitte der Menschen

St Wendel · Am 31.10.1517 veröffentlichte Martin Luther seine 95 Thesen. 500 Jahre Reformation – das ist der Grund, 2017 das Luther-Jahr zu feiern. Und dieses hat viel mehr zu bieten als einen zusätzlichen Feiertag – auch im Landkreis St. Wendel.

 Luther steht im nächstem Jahr im Mittelpunkt. So auch in der Runde mit (von links) Superintendent Gerhard Koepke, Pfarrer Markus Karsch, Helmut Paulus vom Diakonischen Werk an der Saar und Pfarrerin Christine Unrath. Foto: B&K

Luther steht im nächstem Jahr im Mittelpunkt. So auch in der Runde mit (von links) Superintendent Gerhard Koepke, Pfarrer Markus Karsch, Helmut Paulus vom Diakonischen Werk an der Saar und Pfarrerin Christine Unrath. Foto: B&K

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500 Jahre ist es her, dass Martin Luther in Wittenberg seine 95 Thesen anschlug. Das feiert die evangelische Kirche im Jahr 2017. Eine zentrale Frage ist dabei: Was bedeutet die Reformation für uns heute? Superintendent Gerhard Koepke, der gemeinsam mit der St. Wendeler Pfarrerin Christine Unrath und Helmut Paulus vom Diakonischen Werk an der Saar zum SZ-Redaktionsgespräch gekommen war, nennt einen Punkt: "Martin Luther hat Dinge angestoßen und zu seiner Überzeugung gestanden; davon können wir heute noch lernen." Seit fünf Jahren arbeiten er und seine Mitstreiter vom Kirchenkreis Saar-Ost an dem Thema Reformation, seit drei Jahren ganz konkret an dem landesweiten Programm für 2017, für das ein Budget von 300 000 Euro zur Verfügung steht. In Workshops und Arbeitsgruppen wurden Details besprochen.

Gefeiert wird überall im Saarland, in jeder einzelnen Kirchengemeinde. Los ging es bereits Ende Oktober in Homburg. Dort wurde das Luther-Jahr mit einem Festgottesdienst eröffnet. Die nächste größere Veranstaltung steht am 11. März an: eine Synode auf dem Campus der Saar-Uni mit Abgeordneten aus allen saarländischen Kirchengemeinden , aber auch mit Vertretern der Kirchen in Frankreich und Luxemburg. Paulus nennt das zentrale Thema: "Wie muss sich die Kirche verändern, um mehr Menschen zu erreichen?" Nach Angaben Koepkes verliere der Kirchenkreis Saar-Ost jedes Jahr etwa 1,2 Prozent der Mitglieder - "das ist pro Jahr eine Kirchengemeinde". Dieser Prozess sei zwar in erster Linie der Demografie geschuldet, dennoch könne es nicht schaden, neue Wege zu gehen.

So wie an Karfreitag, wenn die Matthäus-Passion von Bach in der Gebläsehalle in Neunkirchen aufgeführt wird. Einem ungewöhnlichen Ort. Mit Absicht. "Wir wollen sehen, wie etwas, was normalerweise in Kirchen aufgeführt wird, auch andere Menschen erreicht." Christine Unrath sieht darin auch eine Fortführung der Luther'schen Aussage, "dem Volk aufs Maul schauen" zu wollen.

Es gibt zahlreiche andere Veranstaltungen im ganzen Land. "Wir bemühen uns, in die Regionen zu gehen", sagt Paulus. Unter anderem wird sich eine Aktionstheatergruppe aus München in Saarbrücken mit dem Thema Reformation auseinandersetzen und einen Flashmob übers Handy zu organisieren. Das Thema: "Aus der Kutte springen." Koepke gesteht: "Wir wissen nicht genau, was dann passiert; das ist künstlerische Freiheit." Es gibt außerdem einen Kinderkirchentag, Musikfestivals und einen offiziellen Festakt am 30. Oktober in der Ludwigskirche in Saarbrücken.

Der 31. Oktober ist dann ausnahmsweise und einmalig ein Feiertag. Das Saarland war Vorreiter; mittlerweile machen alle Bundesländer mit. Das bietet den Kirchengemeinden überall im Land die Möglichkeit, zu feiern. Unter anderem wird eine große Reformationsfeier in Niederlinxweiler geplant, auch in St. Wendel ist ein Gottesdienst angedacht. Außerdem gibt es eine Ökumenische Nacht der Reformation, an der sich auch andere christlichen Gemeinden in der Kreisstadt beteiligen.

An diesem Tag werden die Preisträger eines Kunstwettbewerbs bekannt gegeben, der derzeit in Arbeit ist. Nach Angaben Christine Unraths werden alle Schulen angesprochen. Die Schüler sollen aus verschiedenen Blickwinkeln ihre Vorstellung von Reformation künstlerisch umsetzen. Wie diese Kunst aussieht, da sind keine Grenzen gesetzt.

Sing-Festival in der City

Ein weiteres Großereignis in St. Wendel soll das Sing-Festival am 10. September sein. Überall in der Stadt sollen Bühnen aufgebaut werden. Chöre aus dem gesamten Land können kommen. Paulus rechnet mit bis zu 1000 Sängern. Dabei werde nicht nur reine Kirchenmusik geboten. Jazzige Elemente bis hin zu Songs von Xavier Naidoo werden ebenfalls vertreten sein. "Wir zeigen, wie sich das Kirchengut verändert hat", so Paulus.

Jede Menge Arbeit liegt hinter Koepke, Paulus und Unrath - und auch noch vor ihnen. Aber sie genießen es. Paulus: "Viele Jahre lang ging es in der Kirche um Strukturen, jetzt geht es um Inhalte." Unrath hat das Gefühl, dass dank einer ökumenischen Steuerungsgruppe, die viele Veranstaltungen initiiert, die Christen aus verschiedenen Bereichen mehr zusammenwachsen. Und das gehe laut Koepke über die eigene Kirchengemeinde hinaus. Ein Beispiel: "Wir haben eine Nähe zu der pfälzischen Landeskirche, wie es sie vorher nicht gab."

Die Menschen mitnehmen, das sei oberstes Ziel. Daher werde auch gezielt mit Kindern und Jugendlichen in Schulen und Kindergärten das Thema Reformation bearbeitet. Koepke: "Martin Luther ist nicht immer konform gelaufen; daher ist er gerade für Kinder interessant."

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