Nach dem Abitur Sie tauscht Hörsaal gegen Gemeindezentrum

St.Wendel/Oberthal · Nach dem Abitur reist Laura Tasche aus Oberthal erstmal nach Kolumbien, um dort zwölf Monate lang ihren Freiwilligendienst zu absolvieren. Danach geht es an die Uni.

 Nach dem Abitur möchte Laura Tasche die Welt erobern. Die 18-Jährige leistet ein Jahr lang Freiwilligendienst in Kolumbien. Ein Land, das sie schon einmal kennengelernt hat.

Nach dem Abitur möchte Laura Tasche die Welt erobern. Die 18-Jährige leistet ein Jahr lang Freiwilligendienst in Kolumbien. Ein Land, das sie schon einmal kennengelernt hat.

Foto: Laura Tasche

Die Reifeprüfung ist eine wichtige Etappe im Leben eines jungen Menschen. Doch was tun, wenn diese Hürde genommen ist? In den Abschlussreden der Abiturfeiern wird den Schülern gerne mit auf den Weg gegeben, dass ihnen jetzt die ganze Welt offen stehe. Das hat Laura Tasche wörtlich genommen und startet ihr Leben nach der Schule 8994 Kilometer entfernt – in Kolumbien.

Die Idee zu dem Freiwilligendienst im Ausland ist der 18-Jährigen im vergangenen Herbst gekommen. Zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Pauline überlegte die Schülerin des Arnold-Janssen-Gymnasiums in St. Wendel, wie es nach dem Abitur in diesem Jahr weitergehen soll. Gleich studieren? Eine Auszeit nehmen? „Ich wollte auf jeden Fall etwas Soziales machen und nicht nur rumreisen“, war Laura sofort klar. Sie recherchierte im Internet über verschiedene Organisationen, schrieb Bewerbungen. Gleiches tat Pauline. Zunächst.

Denn inzwischen steht fest: Die beiden Zwillingsschwestern starten auf verschiedenen Wegen in die Zeit nach der Schule. „Pauline hat sich entschlossen, gleich zu studieren.“ Politikwissenschaft in Mannheim oder Berlin. Bei der Wahl des Faches im Masterstudiengang herrscht dann wieder Einigkeit bei den Geschwistern, die 2013 mit ihren Eltern aus der Nähe von Baden-Baden nach Oberthal gezogen sind. Denn Politikwissenschaft wird auch Lauras Wahl sein, wenn sie aus Südamerika zurück ist. Einmal beim Auswärtigen Amt zu arbeiten, sei ihr großes Ziel.

Zunächst geht es aber Anfang September für sie in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá mit etwa acht Millionen Einwohnern. „Das ist schon was anderes als Oberthal“, sagt die 18-Jährige und lacht. Bei ihrer Bewerbung habe sie eine Wunschregion angeben können. „Ich hatte mich auf Lateinamerika fokussiert.“ Dass die Wahl der Organisation, die den Freiwilligendienst koordiniert, ausgerechnet auf Kolumbien fiel, ist fast schon Schicksal. Denn Laura Tasche kennt das Land im Nordwesten Südamerikas bereits. Ein Austausch, den der Rotary-Club St. Wendel-Stadt initiierte, führte die Jugendliche 2016 schon einmal dorthin. Allerdings in eine ganz andere Region als dieses Mal. „Das war mir wichtig“, sagt die 18-Jährige. Damals war ihre Zwillingsschwester zeitgleich in Brasilien. Jetzt bleibt sie in der Heimat, während Laura erneut um die halbe Welt fliegt. „Ich finde es gut, dass wir den Freiraum haben, uns unterschiedlich zu entwickeln“, sagt die angehende Abiturientin. Wobei ihre Schwester die Person sei, auf die sie sich immer verlassen könne.

Während Pauline den Uni-Campus erobern wird, engagiert sich Laura in einem Gemeindezentrum im Norden der kolumbianischen Hauptstadt. Dort leben finanziell schwächere Familien.  In dem Zentrum, so erzählt die Schülerin, werde Nachmittagsbetreuung und Freizeitbeschäftigungen für Jugendliche angeboten. Sie sollen dort gefördert werden und die Gelegenheit haben, ihre Talente zu entdecken. Aber auch für ältere Menschen gebe es Angebote. „Es geht darum, die Gemeinschaft zu leben und zu stärken.“ Montag bis Freitag, jeweils von 8 bis 17 Uhr wird die angehende Abiturientin in dem Zentrum arbeiten, die Nachmittagsbetreuung organisieren oder eigene Kurse geben. „Untergebracht bin ich wohl in einer Wohnung, die ich mir mit einer weiteren Freiwilligen aus Deutschland teile.“

Organisiert wird all das vom Verein für internationalen und interkulturellen Austausch (VIA). Der einjährige Aufenthalt kostet 10 500 Euro. Da die Freiwilligendienste der VIA gefördert werden vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie der Europäischen Kommission sind 7500 Euro der Kosten gedeckt. „Die restlichen 3000 Euro müssen durch Spenden zusammenkommen“, erklärt Laura. Und darum muss sie sich selbst kümmern, hat schon einen Kuchenverkauf initiiert. „Es steckt die Idee dahinter, dass die Spender, die die Freiwilligen unterstützen, Rückmeldung bekommen, was vor Ort getan wird.“ Die 18-Jährige hat sich vorgenommen, per Mail mit ihren Unterstützern von Kolumbien aus Kontakt zu halten.

Obwohl sie schon jetzt jede Menge Formulare ausfüllt, sei ihr noch gar nicht bewusst, dass sie in einem knappen halben Jahr nach Kolumbien aufbricht. „Vorfreude kommt momentan noch nicht wirklich auf. Dafür sitzt mir das Abitur zu sehr im Nacken“, sagt sie und lächelt. Doch die Hürde Reifeprüfung wird sie noch an der Seite ihrer Schwester meistern. Dann starten die beiden in verschiedene neue Lebenserfahrungen.

Kontakt: Wer Laura Tasche unterstützen möchte: Mail: ltasche@gmx.net

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