Landkreis als Geschäftsmodell

St Wendel · Wenig Arbeitslose, viele Touristen und eine gelungene Integration der Flüchtlinge – wirtschaftlich gesehen war 2015 ein erfolgreiches Jahr für den Landkreis St. Wendel. Das ist das Ergebnis des 25. Wirtschaftstages im Saalbau.

Krisen - sie sind das Lieblingsthema vieler Politiker. In Reden und Diskussionsrunden beschweren sich die Staatsmänner gerne über leere Kassen. Sie klagen über die schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkt . Und jammern über zu hohe Lohnforderungen. Beim 25. St. Wendeler Wirtschaftstag im Saalbau war das anders. Dort kamen Politiker und Wirtschaftswissenschaftler am Montagabend zu dem Ergebnis: Im Großen und Ganzen geht es dem Landkreis St. Wendel gut.

"2015 war ein erfolgreiches Jahr für uns", sagte Landrat Udo Recktenwald (CDU ). Besonders im Tourismusbereich habe der Landkreis große Fortschritte verzeichnet. Im Vergleich zum Jahr 2014 sei die Zahl der Übernachtungen um 2,4 Prozent auf knapp eine Million gestiegen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer blieb mit vier Tagen konstant hoch. "Wirtschaftlich bedeutet dies: Der Tourismus spülte im vergangenen Jahr 5,6 Millionen Euro an Steuergeldern in die Kassen des Landkreises", sagte Recktenwald. Doch nicht nur die Touristen sorgen für eine positive Entwicklung. Der Landrat betonte: "Wir haben hier auch eine starke Wirtschaftsstruktur mit leistungsfähigen klein- und mittelständischen Unternehmen."

Das St. Wendeler Land zähle zu den wirtschaftsstärksten Regionen im gesamten Bundesland. "Die Bundesagentur für Arbeit bescheinigt, dass die Beschäftigungsquote bei uns die höchste im Saarland ist", verkündete Recktenwald. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre habe sich die Arbeitslosigkeit im Landkreis mehr als halbiert. Die jahresbezogene Arbeitslosenquote sei 2015 nochmals von vier auf 3,8 Prozent gesunken. Im Vergleich: Die Arbeitslosenquote im gesamten Saarland liegt bei 7,7 Prozent. Darüber hinaus gebe es im St. Wendeler Land auch weniger arbeitslose Jugendliche als in allen anderen saarländischen Landkreisen. Doch dem Arbeitsmarkt stehe eine große Herausforderung bevor: die Flüchtlinge . "Es ist uns gelungen, alle 1600 Menschen, die im Moment hier wohnen, in unseren Dörfern unterzubringen", erklärte Recktenwald. Das sei die beste Voraussetzung für eine gesellschaftliche Integration.

Jobs für Flüchtlinge

Über die hohe Zahl der Flüchtlinge macht sich der Landrat weniger Gedanken. Demografiebedingt habe der Landkreis in den vergangenen zehn Jahren mehr als 6500 Einwohner verloren. "Das zeigt, dass die Zahl der Flüchtlingszuzüge zahlenmäßig durchaus verkraftbar ist", sagte Recktenwald. Das Problem sei die Geschwindigkeit der Zugänge, die fehlende Planbarkeit und die unzureichende Finanzierung der Kommunen durch Land und Bund. Nichtsdestotrotz sei es bereits gelungen, einigen Flüchtlingen einen Job oder einen Ausbildungsplatz zu vermitteln. Damit der Landkreis St. Wendel wirtschaftlich gesehen auch weiterhin Erfolge verbuchen kann, forderte der Landrat: "Wir dürfen uns auch künftig nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen."

Nachdem Recktenwald das "Geschäftsmodell St. Wendeler Land" vorgestellt hatte, präsentierte Gastreferent Ulrich Kater das "Geschäftsmodell Deutschland". Der Chefvolkswirt der Deka Bank konzentrierte sich in seinem Vortrag auf den Vergleich der beiden Modelle. "Man erkennt da durchaus Parallelen", sagte er. So sei das deutsche Geschäftsmodell etwa die Industrie. "Der Landkreis St. Wendel hat sogar einen höheren Anteil Industrie als der Bundesdurchschnitt. Er verkörpert diesen Teil des Geschäftsmodells also hervorragend", erklärte Kater. Doch das St. Wendeler Land habe auch ein Problem, das die gesamte Bundesrepublik beschäftigt: die abwärts gerichtete demografische Entwicklung. Es stelle sich also die Frage: Wie kann man das Erreichte auch in Zukunft halten? Kater riet dem Landkreis, sich nicht nur auf den Tourismus zu versteifen. "Tourismus ist gut", sagte er. Aber es gebe noch andere Dienstleistungen, mit denen man viel verdienen kann; etwa mit Forschung und Bildung. Kater erklärte: "Das ist ein Thema, wo der Landkreis noch zulegen kann."

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HintergrundZum 25. Mal veranstalteten die Kreissparkasse St. Wendel , der Landkreis sowie die Wirtschaftsfördergesellschaft den St. Wendeler Wirtschaftstag. Im ersten Teil der Veranstaltung wird die wirtschaftliche Situation des Landkreises St. Wendel vorgestellt. In der zweiten Hälfte präsentieren Referenten Themen, die entweder von bleibendem Interesse sind oder gerade aktuell diskutiert werden. In den vergangenen Jahren standen teils prominente Redner auf der Bühne, unter anderem auch der heutige Bundespräsident Joachim Gauck . sara

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