Regeln für die Notbetreuung Welches Kind darf in die Notbetreuung?

Marpingen · In der Krise einen Platz zu bekommen, ist schwierig. Ein Marpinger erzählt. Der Landkreis erklärt die Richtlinien.

 Kitas und Schulen sind leer, nur Notbetreuungen werden angeboten. Doch einen Platz zu ergattern, ist schwierig.

Kitas und Schulen sind leer, nur Notbetreuungen werden angeboten. Doch einen Platz zu ergattern, ist schwierig.

Foto: dpa/Sina Schuldt

Die Corona-Krise bringt auch Eltern in die Bredouille. Was, wenn beide Elternteile arbeiten gehen, und sich niemand um das Kind kümmern kann? Alle Schulen und Kitas sind geschlossen. Einfach ein paar Tage zu Hause bleiben, ist für Berufstätige nicht möglich. Zu den Großeltern sollte man die Kleinen auch nicht bringen – gerade ältere Menschen gehören ja zur Risiko-Gruppe, da die Covid-19-Erkrankung sie meistens besonders schwer trifft.

Eine Notbetreuung ist in den Kitas und Schulen zwar eingerichtet, in Anspruch nehmen dürfen sie aber nur Eltern, die in Berufen tätig sind, die in der Krise systemrelevant sind. Darunter fallen unter anderem Polizisten, hauptberufliche Feuerwehrleute, Ärzte, Pfleger und Apotheker sowie Menschen, die für die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Waren des täglichen Bedarfs zuständig sind.

Aber was sollen all diejenigen machen, die nicht zu diesen Berufsgruppen gehören, aber trotzdem ein Kind haben, um das sich jemand kümmern muss? In dieser Lage fand sich vor Kurzem auch Dirk Scheid aus Marpingen wieder, hinter dem und seiner Frau aufregende Tage liegen. Seinen Fall haben wir beispielhaft aufgegriffen.

Dirk Scheid arbeitet beim Autozulieferer ZF in Saarbrücken, das Werk hat inzwischen bis auf Weiteres die Produktion eingestellt. Doch Anfang vergangener Woche, als Kitas und Schulen plötzlich geschlossen wurden, musste sich Familie Scheid um einen Kita-Platz für ihren Sohn in der Notbetreuung kümmern, erzählt der Vater. In der Kita, die der Sohn besuche, gebe es diese Notbetreuung.

 Da er selbst Schichtarbeiter sei und seine Frau in einem Drogeriemarkt arbeite, sei er davon ausgegangen, dass er einen Platz in der Notbetreuung bekommen würde, sagt Scheid. Am Dienstag vergangener Woche habe die Kita mitgeteilt, dass das Kind einen Platz in der Notbetreuung bekomme. Einen Tag später sei dann aber eine Hiobsbotschaft gekommen Scheid: „Am Telefon hieß es, das Jugendamt hätte unseren Antrag noch einmal überprüft, und wir bekämen jetzt doch keinen Kita-Platz.“

Beim Jugendamt habe man ihm dann erklärt, dass beide Eltern in „systemrelevanten“ Berufen arbeiten müssten, um einen Platz in der Notbetreuung zu bekommen. Eine Freundin habe für ihr Kind ebenfalls keinen Kita-Platz in der Notbetreuung erhalten, sagt der Marpinger. Mit der Schließung des ZF-Werkes in Saarbrücken habe sich die Situation für seine Familie zwar vorerst entspannt. Doch was, wenn die Produktion bei ZF fortgesetzt wird? Dass er und seine Bekannte keinen Kita-Platz für ihre Kinder bekommen konnten, hat den Marpinger verwundert. „Ich war erstaunt, als ich in der SZ gelesen habe, dass nur wenige Eltern eine Notbetreuung in Anspruch nehmen. Wenn die Plätze alle restlos belegt wären, wäre das etwas anderes“, sagt Scheid. „Aber es sind ja scheinbar noch Plätze frei.“

Für die Vergabe der Kita-Plätze in der Notbetreuung sei in diesem Fall der Landkreis St. Wendel zuständig, erklärt Kreis-Sprecher Lukas Kowol. Der Betreuungsplatz für den Sohn von Dirk Scheid sei vonseiten des Kreisjugendamtes vorerst zurückgestellt und nochmals geprüft worden. „Die Kindertageseinrichtung hatte zunächst der Familie einen Platz zugesagt, ohne mit dem Jugendamt Rücksprache zu halten“, erklärt Kowol. Da die Ehefrau von Dirk Scheid in einem „systemrelevanten Beruf“ tätig ist, sei die Einrichtung davon ausgegangen, dass die Familie einen Platz bekäme.

„Jedoch – und hier hat das St. Wendeler Jugendamt explizit beim Ministerium nachgefragt – müssen beide Elternteile einen ‚systemrelevanten Beruf‘ ausüben“, führt Kowol weiter aus. Vor allem dieser Punkt scheint für Verwirrung zu sorgen. Denn dass beide Eltern in einem der explizit genannten Berufe arbeiten müssen, geht aus dem offiziellen Schreiben des Bildungsministeriums, das die Bedingungen für die Notbetreuung erläutert, nicht hervor. Dort heißt es lediglich: „Das Angebot richtet sich an bestimmte Gruppen, die in der Daseinsfürsorge tätig sind“. Kowol ergänzt: „Oder der zweite Elternteil besorgt einen Nachweis vom Arbeitgeber, dass er oder sie dringend benötigt werden.“ Um einen solchen Nachweis habe sich auch Dirk Scheid bemühen wollen, erzählt der Marpinger. Doch mit der Schließung des Saarbrücker ZF-Werks sei das hinfällig geworden.

Kreis-Sprecher Kowol weist auch darauf hin, dass eine weitere Bedingung für die Notbetreuung gelte: In Anspruch nehmen könnten sie auch Eltern, die beide in „systemrelevanten“ Berufen tätig sind, nur dann, wenn „keine anderweitige Betreuung möglich ist“.

So steht es auch in dem Schreiben des Bildungsministeriums und in dem Antragsformular zur Notbetreuung, das Erziehungsberechtigte ausfüllen müssen. Aber gilt das auch, wenn noch Plätze frei sind? Auch das ist vom Bildungsministerium geregelt.

In dem Schreiben, das am 14. März herausgegeben wurde, heißt es: „Kein Auffüllen aller Plätze mit Kindern, die nicht zum festgelegten Personenkreis gehören, damit Plätze für die dringendsten Bedarfsfälle zur Verfügung stehen.“

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