Aktion an Karfreitag In Zeiten Coronas wird zuhause gekleppert

Winterbach/Bliesen · Trotz der Kontaktsperre halten vielerorts im Landkreis St. Wendel die Kinder und Jugendlichen die Oster-Tradition aufrecht.

 Kleppern und ratschen auf dem heimischen Balkon in Winterbach: Danni Riefer, Paula Riefer, Ben Riefer und Jörg Riefer (von links).

Kleppern und ratschen auf dem heimischen Balkon in Winterbach: Danni Riefer, Paula Riefer, Ben Riefer und Jörg Riefer (von links).

Foto: Frank Faber

Die Kirchenglocken sind verstummt. Am Gründonnerstag sind sie der Legende nach in Richtung Rom geflogen, und ihr Schweigen steht für die Grabesruhe Jesu. Am Karfreitag und an diesem Karsamstag bestimmen Holzklappergeräusche und der Ton von Haushaltsgegenständen die feierliche Geräuschkulisse im St. Wendeler Land. Wegen der Corona-Pandemie können die Messdiener und Kommunionkinder in diesem Jahr aber nicht mit Kleppern und Ratschen lärmend durch die Ortschaften ziehen.

Die Winterbacher Messdiener haben beispielsweise Flyer an die Haushalte verteilt, die die Bevölkerung animieren sollen, mitzumachen – auf dem heimischen Balkon, im Garten oder am Fenster. Auch durch das improvisierte Ritual soll ein Zeichen der Verbundenheit gesetzt werden. „Wir wollen ja die Tradition bewahren und beibehalten“, sagt Messdiener Kai Welter.

Das Kleppern ersetzt das Angelusläuten und kündigt normalerweise die Karfreitagsliturgie, den Kreuzweg oder Kirchgang an. Welter und seine Messdienerkollegen, so der Winterbacher Pfarrgemeinderat Jörg Riefer, seien es gewesen, die in den vergangenen Jahren das zwischenzeitlich einmal eingeschlafene Brauchtum im Ort wiederbelebt haben. „Mit sieben Jahren war ich erstmals dabei“, berichtet der 50-jährige Riefer, der noch immer das selbe Lärminstrument benutzt. Allerdings waren die Klepperer in seiner Jugendzeit um einiges früher auf den Beinen. „Wir haben uns um 6 Uhr getroffen und sind eine Dreiviertelstunde später durch die Straßen marschiert“, erinnert sich Riefer.

Kurz vor 8.30 Uhr steht er mit der kompletten Familie auf dem Balkon bereit, um die Glocken der Pfarrkirche Heilige Familie zu ersetzen. „Ich bin schon zwei Mal beim Klappern in Dorf dabei gewesen“, berichtet derweil die neunjährige Paula Riefer. Sekunden daraufhin legen die Riefers los: Zehnmal ratschen, zehnmal schallt der Ruf „wir kleppern die Betglock“ vom Balkon.

Ortswechsel. Eine halbe Stunde später steigt der Osterbrauch in Bliesen. Die Instrumente sind identisch. So kann der Lärm durch eine Kurbel ausgelöst werden, die die Holzleisten anheben und zurückschnellen lässt. Aber auch ein kleiner Hammer, der auf Holz schlägt, und viele andere Vorrichtungen können den klappernden Ton hervorrufen. Das Equipment wird von Generation zu Generation vererbt.

Die Messdiener Emma und Johann Fuss lärmen um 12 Uhr mittags mit den Geräten von Mama Barbara auf einer Bank vor dem Elternhaus. „Am Abend und am Samstag sind wir wieder dabei“, kündigt die zwölfjährige Emma an. Aber in diesem Jahr sei es anders. „In den vergangenen Jahren war es schon schön, sich mit den anderen Messdienern zu treffen und durch das Dorf zu laufen“, meint sie.

Und dabei haben die Kinder und Jugendlichen für den österlichen Krach vor den Häusern immer viele Süßigkeiten von den dankbaren Bürgern bekommen. „Das ist aber nicht so schlimm, dass es dieses Mal keine Süßigkeiten gibt“, sagt Emma verständnisvoll.

 In Bliesen kleppern die Messdiener Johann und Emma Fuss die Mittagsglocke auf der Bank vor dem Elternhaus.

In Bliesen kleppern die Messdiener Johann und Emma Fuss die Mittagsglocke auf der Bank vor dem Elternhaus.

Foto: Frank Faber

Die Corona-Pandemie schränkt zwar jeden Bereich des öffentlichen Lebens ein, doch die Tradition des Klepperns hat sie nicht ganz verstummen lassen können.

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