Junge Menschen bringen Selbstbewusstsein bei

St Wendel · Sprachbarriere? Das steht nicht zur Debatte. Singen, tanzen, schauspielern – das sind die Kategorien, die überall zur Verständigung beitragen. Die Young Americans zeigen, wie das funktioniert.

 Mit Elan reißt die Darstellerin der Gasttruppe mit. Foto: B&K

Mit Elan reißt die Darstellerin der Gasttruppe mit. Foto: B&K

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 Lachende Teilnehmer in der Turnhalle der Lebenshilfe in St. Wendel. Mit den Young Americans bereiten sie eine Show vor, die am Sonnabend im Sportzentrum aufgeführt werden soll. Foto: hgn

Lachende Teilnehmer in der Turnhalle der Lebenshilfe in St. Wendel. Mit den Young Americans bereiten sie eine Show vor, die am Sonnabend im Sportzentrum aufgeführt werden soll. Foto: hgn

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Schon draußen vor der Halle schallt einem lautes Gelächter aus dem Innern entgegen. Mit Musik vermengt und enthusiastischen Jubelrufen. In der Sporthalle der St. Wendeler Lebenshilfe scheint's lebhaft zuzugehen.

Und wahrhaft: Hier toben Menschen umher, klatschen, tanzen, singen. Andere schauspielern wie Pantomime-Künstler. Vor ihnen springen junge Leute, feuern die Gruppe lautstark an. Diese gehören zu den Young Americans, ein internationales Team mit Mitgliedern aus neun Nationen. Zwar stammt der Ursprung dieser Truppe mit 30 quirligen jungen Leuten, die sich zurzeit in der Kreisstadt aufhalten, aus dem kalifornischen Los Angeles. Doch wie der Generalmanager für Europa, Michael Heib berichtet, haben sie mit dem ins Deutsche übersetzten Namen Junge Amerikaner nur teils was zu tun. Der Saarländer: "Sie stammen aus Irland, Australien, Japan, Tschechien, Schottland, Schweden, Tunesien, den USA und aus Deutschland."

Und was ist ihre Aufgabe hier in der Region? Mit behinderten Menschen und jungen Leuten aus familiär schwierigen Verhältnissen binnen zwei Tagen ein bühnenreifes Programm auf die Beine zu stellen, kündigt Katja Biehl an, die bei der Lebenshilfe für Pressearbeit zuständig ist. Aber: Es gehe hierbei nicht um eine Show um ihrer selbst Willen. Manager Heib, der vor Jahren über einen Aufruf zu der internationalen Gruppe stieß, erläutert: "Die Young Americans wollen Menschen mit Musik und Bewegung dazu bringen, ihre Werte nach außen zu bringen." Es gehe also um selbstbewusstes Auftreten. Konkret: "Wenn jemand hier ein Mikro in die Hand nimmt, dann muss am Ende kein perfektes Lied herauskommen. Dass derjenige sich traut, es zu nehmen, das ist der Gewinn."

Und das wagen sich an diesem Freitagvormittag etliche der gehandicapten Menschen in der Halle. Nicht nur Jugendliche greifen zu oder flitzen durch die Menge. "Die Ältesten hier sind heute über 60", sagt Biehl. Alles Menschen, über 80 Teilnehmer, die von der Lebenshilfe betreut werden. In Wohnheimen, in selbstverwalteten Wohngruppen, in der Tagesobhut oder eben als Besucher.

50 Euro kostet es jeden, sich an dem dreitägigen Workshop bis zur Bühnenreife an diesem Samstagabend zu beteiligen. Rund 20 000 Euro müsse die Lebenshilfe für das gesamte Projekt aufbringen, berichtet die Mitarbeiterin. Da reiche der Kursbeitrag nicht aus. Eintrittskarten (à zehn Euro) von bis zu 750 Zuschauern im Sportzentrum sollen den Rest beitragen.

Bereits zum dritten Mal machen die Menschen in St. Wendel bei der Lebenshilfe Station, zuletzt vor zwei Jahren und jetzt mit komplett neuer Besetzung. Denn die Young Americans nutzten diese Europa- und Welttouren für ihr späteres Studium. Sie lernen laut Heib soziales Verhalten, andere Kulturen, verschiedene soziale Milieus kennen und damit umzugehen. Allein in Europa bereise das Team 900 Städte. Jeder sei durchschnittlich bei 22 Stationen über drei Monate dabei. In der Regel bleiben sie jeweils drei Tage an einem Ort. Von Sibirien bis Gibraltar.

Stationen seien Schulen, Behinderteneinrichtungen wie die hiesige, aber auch Jugendgefängnisse. "Es geht auch darum, den Umgang miteinander zu lernen und Vorurteile durch Tanz und Musik abzubauen", beschreibt er das selbstgesteckte Ziel der 1962 in den Vereinigten Staaten gegründeten Organisation. Dahinter stehe indes keine Ideologie, keine politisch oder religiös geartete Weltanschauung. Von Anbeginn weltweit unterwegs, habe sie sich erst in den 90ern von reinen Darstellern hin zu Workshop-Anbietern entwickelt.

Und erneut schweift sein Blick über die Menge in der Turnhalle, während soeben Szenen von Hollywood-Streifen pantomimisch dargestellt werden.

Auftritt der Young Americans und Lebenshilfe-Darsteller an diesem Samstag, 19 Uhr, im St. Wendeler Sportzentrum.

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