In Zeiten von Corona Jugendherbergen bangen um ihre Existenz

St. Wendel · Statt in die Saison zu starten, sind die Gästehäuser für die Jugendlichen derzeit geschlossen. Keine leichte Situation für die Betreiber.

Das Schullandheim in Oberthal ist vorerst bis 26. April geschlossen.

Das Schullandheim in Oberthal ist vorerst bis 26. April geschlossen.

Foto: Frank Faber

Jugendherbergen und Schullandheime sind Orte der Begegnung und sozialen Kontakte, in denen die Gäste Gemeinschaft erleben können. Die Hauptsaison beginnt mit den Osterferien. Wegen der Ausbreitung des Coronavirus sind die Herbergen zunächst bis zum 19. April geschlossen worden. Und das trifft die Betreiber knallhart.

„Weil gerade jetzt unser Geschäft richtig angefangen hätte“, erklärt Marpingens Bürgermeister Volker Weber (SPD), dessen Gemeinde das Schullandheim und Natur-Erlebniszentrum Biberburg in Berschweiler betreibt. Mit der Biberfreizeit für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren zu Saisonbeginn ist direkt ein Programmhöhepunkt im Schullandheim gestrichen worden. „Die wirtschaftliche Lage ist schwierig, die Einnahmen brechen weg und das ist ein großes Problem“, verdeutlicht Weber.

Aktuell sei gefährdet, was über lange Zeit an der Biberburg erfolgreich aufgebaut worden sei. „Wir sind dabei zu eruieren, wie wir die Personalisierung aufrechterhalten können und dazu mit Zuschussgeldern im Gespräch“, sagt der Bürgermeister. Im Schnitt verzeichnet das Schullandheim pro Jahr rund 7000 Besucher. „Wir gehen momentan davon aus, dass mehr als die Hälfte der Gästezahl davon wegbricht“, vermeldet er. Auch deshalb habe sich die Gemeinde schriftlich an das Kultusministerium gewandt, weil durch die Schulschließungen auch das ökologisch-pädagogische Lehren in der Biberburg mit betroffen sei.

Das Schullandheim Oberthal liegt zwar im Landkreis St. Wendel, befindet sich aber seit 1967 in Trägerschaft des Regionalverbands Saarbrücken. „Alle Reservierungen für die Monate März und April wurden bereits storniert. Zudem sind bei zahlreichen Buchungen bis zu den Sommerferien Stornierungen vorgenommen worden“, teilt Regionalverband-Pressesprecher Denny Sturm mit. Die aktuelle Situation werde sich gravierend in der diesjährigen Bilanz des Schullandheimes niederschlagen. Mit mehr als 7400 Gästen sei laut Regionalverband 2019 ein Anstieg von 1000 Besuchern registriert worden, und die Anzahl an Übernachtungen auf 13 000 gestiegen.

Regionaldirektor Peter Gillo meint: „Schullandheime sind als außerschulische Lernorte eine große Bereicherung. Ob wir auch in diesem Jahr jenen Kindern die Teilnahme an Freizeiten anbieten können, die sonst nicht die Möglichkeit haben, in den Ferien zu verreisen, ist abhängig von der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie“. Die Mitarbeiter des Schullandheimes seien derzeit freigestellt, sollten aber erreichbar bleiben. „Baumaßnahmen oder Ähnliches können in dieser Zeit nicht im größeren Umfang durchgeführt werden, da man nicht abschätzen kann, wie sich die Lage entwickelt“, erläutert Pressesprecher Sturm.

Völlig klar, dass die Gesundheit der Gäste und Mitarbeiter der Jugendherbergen und Schullandheime höchste Priorität genießt. Aber. „Die aktuelle Situation stürzt uns in eine schwere Krise“, skizziert Jacob Geditz, Vorstandsvorsitzender von „Die Jugendherbergen“, ein düsteres Szenario. Das Unternehmen, das als Verein eingetragen ist, betreibt unter anderem das Haus in Tholey. Die Schließung der Jugendherbergen führe zu Millionen Euro Einbußen. Das habe er in einem Brief an die rheinland-pfälzische und die saarländische Landesregierung geschrieben. „Es sind alle notwendigen Maßnahmen in die Wege geleitet, um die Existenz und das Überleben der Jugendherbergen zu ermöglichen. Ohne gravierende Einschnitte wird es nicht gehen“, befürchtet Geditz.

Investitionen seien auf Eis gelegt, Kurzarbeit eingeführt und kurzfristig Überbrückungskredite notwendig. „Ohne Unterstützung von Bund und Land wird das Überleben der Jugendherbergen nicht möglich sein“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Es sei enorm wichtig, dass der Bund und die Länder bei den laufenden Beratungen zu Unterstützungsleistungen für Unternehmen in der Corona-Krise auch die Lage der Jugendherbergen berücksichtigten und ihre Förderung ermöglichten. „Mit allen Partnern und dem Einsatz der Mitarbeiter arbeiten wir daran, die Krise zu meistern. Dabei bleibt die Hoffnung, dass möglichst bald die Bedingungen wieder gegeben sind, um Gäste in den Jugendherbergen begrüßen zu können“, hofft Geditz.

Ebenfalls geschlossen: das Jugendgästehaus in Tholey.

Ebenfalls geschlossen: das Jugendgästehaus in Tholey.

Foto: Frank Faber
 Blick auf das Schullandheim Biberburg in Berschweiler.

Blick auf das Schullandheim Biberburg in Berschweiler.

Foto: Frank Faber

Die Jugendherberge Tholey verzeichnet normalerweise pro Jahr laut eigenen Angaben rund 23 000 Übernachtungen. Neben Tholey werden landesweit die Familien- und Jugendgästehäuser in Dreisbach, Weiskirchen und Saarbrücken vom Betreiber „Die Jugendherbergen in Rheinland-Pfalz und im Saarland“ mit Sitz in Mainz verwaltet. Die insgesamt 45 Jugendherbergen verfügen über derzeit 6000 unbelegte Betten.

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