St. Wendel Stolperfallen und Solaranlagen im Stadtrat

St. Wendel · Defizite im Forst, verlorenes Land und schadhaftes Pflaster waren Themen der jüngsten Sitzung des St. Wendeler Gremiums.

 Für Menschen, die auf Rollatoren oder andere Gehhilfen angewiesen sind, kann der stellenweise schlechte Zustand des Pflasters in der Fußgängerzone problematisch sein.

Für Menschen, die auf Rollatoren oder andere Gehhilfen angewiesen sind, kann der stellenweise schlechte Zustand des Pflasters in der Fußgängerzone problematisch sein.

Foto: B&K/Bonenberger/

Die Motorsägen liefen auf Hochtouren: 4700 Festmeter Holz mehr als geplant, wurden im vergangenen Jahr im St. Wendeler Stadtwald eingeschlagen. Aber nicht, um mit zusätzlichem Ertrag die Stadt-Kasse zu füllen. Das Gegenteil ist der Fall. „Das Defizit hat sich erhöht“, offenbarte Bürgermeister Peter Klär (CDU) während der jüngsten Sitzung des St. Wendeler Stadtrats. Ursächlich dafür sei unter anderem, „dass der Borkenkäfer auch vor dem St. Wendeler Wald nicht haltmacht“, erklärte der Chef der Stadtverwaltung. 25 Hektar beträgt der Flächenverlust bei der Fichte im Stadtwald.

Das hat wirtschaftliche Folgen. Zumal dann, wenn das eigene Waldgebiet nicht als einziges betroffen ist. Die beiden vergangenen extrem trockenen Sommer haben in ganz Europa dazu geführt, dass sich die Borkenkäfer-Populationen sprunghaft vermehrt haben. Alleine in Deutschland summiert sich das sogenannte Käferholz auf geschätzte 70 Millionen Festmeter, sodass gerade Fichte nur noch schwer absetzbar ist. Der Preis für den laufenden Meter Stammholz hat sich auf 40 bis 45 Euro halbiert, ist im Forstwirtschaftsplan der Stadt zu lesen. Fichtenholz für die Werkstoffindustrie bringt sogar nur noch 20 Euro pro Festmeter – und spielt noch nicht einmal die Aufarbeitungskosten ein.

Es ist sogar noch schlimmer: Die zahlreichen Bäume, die jetzt gefällt werden mussten, fehlen in Zukunft. Dadurch verringert sich der bis zum Jahr 2027 für die Fichte geplante Hiebsatz von jährlich 2300 Festmeter auf 1400 bis maximal 1600. Das führt in den kommenden Jahren ebenfalls zu Einnahmeverlusten – und zu Mehrausgaben, müssen die Kahlflächen doch wieder aufgeforstet werden.

Das alles bedenkend, galt es für die Mitglieder des Stadtrats, den Forstwirtschaftsplan für das Jahr 2020 auf den Weg zu bringen. In dem wird mit einem Gesamteinschlag von 5080 Festmetern geplant. Kalkuliert wird mit Einnahmen in Höhe von 152 000 Euro (2019: 259 000). Das Aufforstungsprogramm mit Bäumen, die das Klima besser vertragen, wird aus Kapazitäts- und Finanzierungsgründen auf mehrere Jahre verteilt. Die Gesamtausgaben für 2020 belaufen sich in St. Wendel, die Stadt ist nach eigenen Angaben zweitgrößter kommunaler Privatwaldbesitzer im Saarland, auf kalkulierte 272 500 Euro (2019: 228 000). Einstimmig wurde der Forstwirtschaftsplan angenommen.

Ebenfalls gebilligt – allerdings mit drei Gegenstimmen von AfD, FDP und einem parteilosen Stadtratsmitglied – wurden die Entwürfe zum Bebauungsplan „Solarpark Niederlinxweiler“ und zur Teiländerung des dazugehörigen Flächennutzungsplans. Der geplante Solarpark soll auf einer etwa 16,4 Hektar großen Fläche entstehen. Die wird bis dato landwirtschaftlich genutzt. Der Acker liegt südlich von Niederlinxweiler, zwischen den Feldwirtschaftswegen in der Verlängerung der Stählbachstraße im Westen und Zum Heckelchen im Osten sowie der Gemeindegrenze im Süden. Zwar hatte der Niederlinxweiler Ortsrat in seiner Stellungnahme keine Einwände gegen das Projekt. Dennoch glaubt FDP-Stadtratsmitglied Jürgen Rieth nicht, „dass die Bürger in Niederlinxweiler jubeln werden“. Und er fragt: „Was haben die Bürger aus Niederlinxweiler von diesem Solarpark?“ Wenn es ein Gesetz gäbe, dass diese in Zukunft ihren Strom für die Hälfte des Preises bekämen, dann könne er sich vorstellen, dass die Bevölkerung für den Park wäre. Doch jetzt steckten lediglich die Landbesitzer ein gutes Salär für die Vermietung des Bodens ein. Land, das den Bauern weggenommen werde. Der dort erzeugte Strom sei weder wirtschaftlich noch umweltgerecht. „Solche Module gehören auf die Dächer, da schaden sie keinem. Außerdem gehören die Module immer dahin, wo ein Eigenbedarf ist.“ Wenn also jemand ein Haus habe, und könne den Strom selbst verbrauchen, „ist das eine sehr sinnvolle und nachhaltige Lösung. Diese Module auf die grüne Wiese zu stellen, ist grundsätzlich falsch“.

Jürgen Möller von der SPD sprach von „einem sicherlich nicht leichten Prozess“. Aber im Ort selbst habe es bei mehreren Terminen eine Meinungsfindung gegeben. Das Ergebnis liege jetzt vor. „Und wenn der Ortsrat zustimmt, dann hat er sich das sicherlich nicht einfach gemacht und hat abgewogen, was die Vor- Und Nachteile sind.“ Überhaupt könne man nicht immer sagen, wenn man der Ansicht ist, dass mehr Erneuerbare Energien erzeugt werden müssen, „mache es bitte nicht vor meiner Haustür“.

„Die Bürger haben sich beteiligt und mit der Sache auseinandergesetzt und der Ortsrat hat so entschieden“, sagte CDU-Sprecher Peter Schunath. Seiner Fraktion sei es wichtig, „dass wir das Votum der Bürger vor Ort einfließen lassen“. Schunath vertrat jedoch auch die Ansicht, dass der Stadtrat nicht der Ort für eine Grundsatz-Diskussion sein könne, wie man zu Erneuerbaren Energien steht. „Wir sind hier nicht zuständig, wir sind weder Bundes- noch Landtag.“

Joachim Zerfaß von der Linkspartei erklärte, dass ihm nicht bekannt sei, dass in Niederlinxweiler ob des geplanten Solarparks kontrovers diskutiert worden sei. Seine Partei verlasse sich auf das Votum des Ortsrats und stimme dem Beschlussvorschlag zu.

Ebenfalls keine Einwände hatten die Grünen. „Wir haben hier eine gut geeignete Fläche, wir haben einen Ortsrat, wir haben ein Dorf, das zumindest mehrheitlich dem Vorhaben zustimmt. Deshalb sehe ich nicht, warum wir uns hier im Stadtrat in irgendeiner Art und Weise dagegen aussprechen sollten.“

Diskussionsbedarf gab es auch bei den Punkten zehn und elf. Punkt zehn war die Zurkenntnisnahme des Abschlussberichts der „Verkehrsuntersuchung Innenstadt St. Wendel“. Herauszufinden, „wie die Verkehrsströme sind“, erklärte dazu Bürgermeister Klär, sei eines der Hauptziele der Untersuchung gewesen. Ebenso, welche städtebauliche Maßnahme welchen Effekt erzielen kann. Ergebnis: „Die Bahnhof- und die Mommstraße bieten im planerischen Sinne eine Menge Möglichkeiten, tätig zu werden. Und aufgrund dieses Gutachtens wollen wir nun mit dem Straßenbaulastträger in Verhandlung treten.“ Alles sei möglich, die Bahnhofstraße biete eine Menge Optionen für Fußgänger, Radfahrer, den Öffentlichen Personennahverkehr und den Individualverkehr. Nicht untersucht wurde jedoch, ob sich die Bahnhof -
straße sozusagen unter Tage verlegen lässt. Das nämlich hat FDP-Vertreter Jürgen Rieth angeregt. Das ließ CDU-Sprecher Peter Schunath an das Phantasia-Land denken. Er mahnte: „Wir sollten das Machbare immer im Auge behalten und von visionären Lösungsmöglichkeiten Abstand nehmen.“

Punkt elf beruhte auf einem Antrag der Fraktion Die Linke, der vorsah, „die Radwege in der Innenstadt zu überdachen und in alle Verkehrsstraßen einzuarbeiten“, wie Bürgermeister Klär aus dem Antrag zitierte. Joachim Zerfaß konkretisierte, dass er und seine Partei sich deutlich mehr Radwege in St. Wendel wünschen und diese entsprechend auszustatten seien. Tilman Schön von den Grünen erklärte, dass seine Partei auch für mehr Radwege in St. Wendel sei. „Aber vielleicht sollte man nicht über das Ziel hinausschießen“, meinte er zu der Idee einer Überdachung. Dennoch würden er und seine Parteifreunde gespannt auf das von der Stadt angekündigte Radwegekonzept warten, um dann auszuloten, was die Verwaltung vorschlägt und darüber beraten zu können. Jürgen Möller von der SPD stellte klar, dass es mit der Überdachung wohl gar nicht so gemeint gewesen ist, wie das nun rübergekommen sei. Und: „Vom Grundsatz her ist der Antrag richtig. Doch es muss ein kompletter Ansatz her.“ Das sah auch CDU-Sprecher Schunath so, der sagte: „Der Gedanke, Radwege in St. Wendel, ist ja nicht neu. Das Ansinnen ist berechtigt.“ Deshalb habe der Rat ja bereits mehrfach über dieses Thema gesprochen und ein Radwegekonzept gefordert.

Ebenso kritisierte die Linkspartei, und das sei eigentlich das Hauptanliegen des Antrags, dass in der mit Steinen gepflasterten Fußgängerzone ob des Belags zahlreiche Stolperfallen lauerten. Gerade hinsichtlich einer immer älter werdenden Gesellschaft sollten sich die Verantwortlichen Gedanken machen, wie die Bereiche, die besonders sturzgefährdend seien, saniert werden könnten. Hier gab es über alle Parteigrenzen hinweg Zustimmung. Punkt eins des Antrags sollte jedoch nachbearbeitet und ergänzt werden, fand Schunath. Der CDU-Sprecher schlug vor, den Antrag in Gänze zunächst im entsprechenden Ausschuss noch einmal zu beraten und zu überarbeiten, ehe er wieder den Weg in den Stadtrat finden soll. Und so wurde es beschlossen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort