Interview mit Sänger Bosse Warum der Montag sein Sonntag ist

St. Wendel · Im Gespräch mit Sänger Bosse am Rande des Festivals.

 War sichtlich entspannt und gut drauf bei der Schüler-Fete zum Beginn der Sommerferien am Freitag:  Sänger Bosse.

War sichtlich entspannt und gut drauf bei der Schüler-Fete zum Beginn der Sommerferien am Freitag: Sänger Bosse.

Foto: B&K/Bonenberger/

Es ist kurz nach 11 Uhr an diesem Festival-Freitag in St. Wendel. Von der Bühne im Bosenbachstadion her sind zarte Beats zu hören. Im Backstage-Bereich für die Künstler geht es noch ganz ruhig zu. Axel Bosse ist schon da. Mit Cap und Brille begrüßt er lächelnd zum Interview. Eines von vielen, wie er später verrät.

Sein erster Eindruck von St. Wendel ist positiv. „Ich war bisher in der süßen Altstadt. Dort war es total gemütlich. Das ist ein Tag wie im Urlaub für mich. Und abends noch Musik machen“, sagt der 39-jährige Sänger. Am Abend zuvor habe er noch ein Clubkonzert gespielt – drei Stunden lang. „Bei einem solchen Festival fühle ich mich auch ein bisschen wie ein Gast. Ich trage nicht allein die Verantwortung.“

Die Sommerzeit ist eine arbeitsreiche Zeit für Bosse. Jedes Wochenende habe er zwischen drei und vier Auftritten. „Sonntagabends komme ich dann nach Hause. Der Montag ist mein Sonntag“, sagt Bosse. Dienstag und Mittwoch arbeite er, und ab Donnerstag gehe es wieder in den Tourbus. Doch eine Auszeit gönnt er sich dann doch. „Für zwei Wochen fliege ich zu meiner Frau und Tochter in die Türkei. Die beiden treten den Urlaub schon vor mir an, ich komme nach.“ Trotz vieler Termine hat Bosse das Gefühl, dass auch genügend Zeit für die Familie bleibt. „Ich gehe ja nur im Januar, März und im Herbst auf Tour. Ansonsten bin ich viel zuhause, da ich von dort aus arbeiten kann.“

Im Hause Bosse werde seine Musik übrigens nicht gehört. „Aber im Freundeskreis meiner Tochter, das sind 13/14-Jährige, schon“, weiß der Musiker. Es gebe in der deutschen Musikszene viel Tolles und viel Schreckliches. „Für mich ist es wichtig, einen Grund zu haben, um einen Text zu schreiben. Wenn ich den nicht habe, wird es bla bla bla...“ Es sei leicht für ihn, solche Gründe zu finden. „Im eigenen Leben oder dem der Freunde sowie in der Gesellschaft gibt es Hochinteressantes.“ Das verpackt er dann in Lieder wie „Schönste Zeit“. Gab es eine solche denn bei ihm? „Das Leben läuft ja in Dekaden ab. Jede hat schöne und schlechte Seiten. 1994 war so eine schöne Zeit mit 14 Jahren. Es war toll, weil man noch alles vor sich hatte. Vieles hat man zum ersten Mal erlebt: Liebe, Reisen, das Sich-Abkapseln von den Eltern.“ Es sei eine herrliche Zeit gewesen – ohne viel Verantwortung. „Aber ich sehne mich nicht zurück. Ich mag jetzt Verantwortung. Das hat auch viel mit Liebe und Familie zu tun.“

Bei einem solchen Schools-Out-Festival wie jetzt in St. Wendel hat Bosse schon öfter gespielt. Er selbst sei ein guter Schüler gewesen, auch wenn er letztlich kein Abitur gemacht hat. Und daran ist die Musik schuld. Schon mit 16 Jahren hatte er eine Band. „Wir haben damals einige Plattenangebote bekommen und eines haben wir dann auch angenommen“. Als er die halbe Woche nur noch im Probenraum geschlafen habe, sei ihm  klar geworden, dass er nur Musik machen will und dafür brauche er kein Studium.

Wie haben da wohl die Eltern drauf reagiert? „Mit meinen Eltern hatte ich immer eine gute Kommunikation und sie hatten ein Grundvertrauen in mich. Sie wussten, ich bin zielstrebig. Ich war ein krasser Tennisspieler. Sie wussten, ich bin der Typ, wenn ich nach Berlin gehe, um Musik zu machen, dann mache ich das auch“, erzählt Bosse. Würde er seine Tochter auch bei einem solchen Weg unterstützen? „Bei meiner Tochter und mir ist das ähnlich. Wenn sie jetzt sagen würde, ich will tanzen in New York, würde ich sagen: lauf!“

Sein Mut, auf die Musik zu setzen, war der richtige Weg. „Was den Erfolg betrifft, muss ich mich manchmal noch kneifen, wie gut alles läuft“, gesteht Bosse. „Ich habe in Clubs angefangen, jetzt spiele ich in großen Hallen. Das genieße ich.“ Er  wolle weiter Musik machen, solange er Bock darauf habe.

Im nächsten Jahr steht ein runder Geburtstag an. Der Sänger wird 40. Ein seltsames Gefühl? „Zahlen haben mich noch nie interessiert“, sagt Bosse lächelnd. „Manchmal fühle ich mich wie 80, manchmal wie 14. Gerade fühle  ich mich fitter als mit 23. Älterwerden hat mich nie gestört. Dadurch, das ich Musiker bin, werde ich von den Kids nicht gesiezt.“ Während sich langsam der Einlass zum Festivalgelände öffnet, plant Sänger Bosse noch seine Freizeit bis zu seinem Auftritt gegen 18 Uhr. „Jetzt chille ich noch, treibe ein bisschen Sport und dann gehe ich in die Stadt ein Eis essen.“

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