BI „Wir für den Wald“ „Der Wald der Zukunft“: Bäume sollen länger wachsen dürfen

Winterbach · Die Bürgerinitiative „Wir für den Wald“ lockte rund 80 Bürger zur Info-Veranstaltung mit dem Referenten Martin Levin nach Winterbach.

 Rund 80 Besucher waren bei der Infoveranstaltung der BI "Wir für den Wald" in der Mehrzweckhalle Winterbach dabei. Foto: N. Brill

Rund 80 Besucher waren bei der Infoveranstaltung der BI "Wir für den Wald" in der Mehrzweckhalle Winterbach dabei. Foto: N. Brill

Foto: N. Brill

Vor rund 80 Bürgern stellte die Bürgerinitiative „Wir für den Wald“ mit dem Referenten Martin Levin von der Naturwaldakademie das Zukunftskonzept für den St. Wendeler Stadtwald vor. Ihre Sprecherin Nicole Brill wies in ihrer Eröffnungsrede darauf hin, dass wir auf den Rohstoff Holz nicht verzichten können und daher angesichts des Klimawandels eine Methode benötigen, die den Wald langfristig gesund und nutzbar erhält. Aus diesem Grund präferiert die BI für den Stadtwald St. Wendel das Lübecker Modell, also die Waldnutzungsmethode der Stadt Lübeck. „Es erfüllt für uns alle Kriterien, den Wald langfristig nutzbar, gesund und wirtschaftlich rentabel zu erhalten.“

Martin Levin, ehemaliger Revierleiter der Stadt Göttingen, der das Lübecker Modell jahrelang im Göttinger Stadtwald praktizierte, stellte klar: Der Klimawandel zwingt uns zum Umdenken. Er schreitet schneller voran als gedacht. Ein „Weiter so“ wäre angesichts der Datenlage fahrlässig. Nach den Fichten gerieten  nun die Buchen in bisher nicht gekanntem Ausmaß unter Stress. Dies sei aber alles nur der Anfang. Kommen die vorhergesagten 1,6 Grad oder gar die zwei Grad Klima-Erwärmung für Deutschland, sehe es mit dem Wald düster aus. Dürreperioden wie die der vergangenen drei Jahre kämen dann häufiger. Für die heimischen Laubbäume sei das ein großes Problem. Aber auch die Trinkwasserspeicher gerieten dann unter Druck, heißt es in der Presseveröffentlichung der Initiative.

Jetzt sei die Zeit noch gegeben, um gegenzusteuern und die Weichen für einen nachhaltigeren Waldschutz zu stellen. Da die 1,6 Grad-Klimaerwärmung so gut wie sicher sei, sei eine Abkehr von den altherkömmlichen, bisherigen Forstmethoden unerlässlich.

Temperaturen um die 40 Grad im Sommer seien dann keine Seltenheit. Daher gelte es nun, die Kronendecke geschlossen zu halten, um Kühle und Feuchte im Wald zu behalten. Da auch bei diesem Konzept eine Holzernte gewünscht ist, werden die Bäume auch hier als Rohstoff genutzt. Sie dürfen nur länger wachsen und älter werden. Es ergebe mehr Sinn, die dickeren und wertvolleren Bäume zu fällen, anstatt die kleinen, dünneren Bäume zu ernten und damit den Wald immer schwächer und anfälliger werden zu lassen.

In der Fachsprache heißt dies: die Zielstärke der Bäume erhöhen. Die Ernte der Bäume erfolgt dann in Einzelstammentnahme, was den Wald zusätzlich stärke. Es falle der waldschädliche Termindruck weg. Nach einer Übergangsphase steige die wirtschaftliche Rentabilität, denn die wertvolleren und qualitativ höherwertigeren Stämme erzielten zum Teil wesentlich höhere Verkaufspreise. Zuletzt müsse besonders dem Waldboden eine größere Bedeutung beigemessen werden. Das bisherige Befahren mit schweren Erntemaschinen zerstöre den Waldboden bis auf weiteres. Untersuchungen hätten gezeigt, so ein Sprecher der BI, dass nach 35 Jahren nur die ersten 15 Zentimeter von insgesamt 2 Metern Verdichtung des Bodens in die Tiefe sich wieder erholt haben. Man gehe davon aus, dass eine vollständige Regeneration erst nach 500 bis 600 Jahren stattfindet, heißt es weiter.

Im Gegensatz zum bisherigen  Wirtschaftswald, wo der Mensch denke, alles kontrollieren und lenken zu müssen, stehe im Lübecker Modell der Grundsatz im Vordergrund: Ökonomie durch Ökologie langfristig erhalten. Das heißt: Nur durch einen intakten und stabilen Wald könne langfristig der Wald wirtschaftlich rentabel bleiben. Da, wo es geht, die Natur machen lassen, ist die Devise.

Die BI „Wir für den Wald“ möchte mit der Veranstaltung einen „Startschuss für einen konstruktiven Dialog“ setzen. „Wir möchten einen positiven Beitrag leisten für einen klimaresistenten und damit langfristig ertragreichen Wald.“, so die Sprecherin Nicole Brill während der Veranstaltung. „Machen wir uns jetzt auf den Weg! Worauf warten wir? Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Das von Martin Levin vorgestellte Waldnutzungskonzept wird im Staatswaldgebiet des Reviers Eppelborn/Quierschied bereits seit 25 Jahren angewandt. Der während der Infoveranstaltung anwesende Revierförster Roland Wirtz (SFL) hat eine Besichtigung in seinem Revier angeboten. Diese Waldexkursion stellt eine praktische Ergänzung zum ersten Veranstaltungsteil dar. Die Unterschiede zu einem „normalen“ Wirtschaftswald können hier in natura angeschaut werden.

Die Waldexkursion findet am 13. November um 9.30 Uhr statt. Treffpunkt ist die Lauftreffhütte am Friedhofsparkplatz in Quierschied (Friedhof Quierschied, Holzer Str./L262). Anmeldung per E-Mail an wirfuerdenwald@gmx.de

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