Vortrag in St. Wendel Im Zelt war es wie im Kühlschrank

St. Wendel · Heinz Zimmer war 800 Kilometer mit dem Fahrrad durch das Himalayatal unterwegs. Vortrag im Wendalinum.

 Buddhistische Mönche führten zwischendrin den Maskentanz auf.

Buddhistische Mönche führten zwischendrin den Maskentanz auf.

Foto: Frank Faber

Indiens rauer Norden Ladakh ist ein menschenleerer Landstrich. 1984 hatte der Bubacher Abenteurer Heinz Zimmer zu Fuß die Pässe und Schluchten im Himalayatal bestiegen und durchquert. Im vergangenen Jahr setzte der 65-Jährige noch eins drauf. Von seiner spektakulären Tour „Mit dem Fahrrad durch Zanskar und Ladakh“ berichtete Zimmer in der Aula des St. Wendeler Wendalinum-Gymnasiums. Mit dem buddhistischen Mönch Lama Konchog Samten verbindet Zimmer eine Freundschaft von früheren Trips. Im Kloster von Tserkamo in Tingmosgang entwickelten sie die Idee einer gemeinsamen Tournee „Aus dem Herzen des Himalayas“, ein Zusammenspiel von Mönchen, Künstlern und saarländischen Abenteurern in der Region.

„Mit geht es darum, Verständnis für die unterschiedlichen Kultur darzustellen und zu vermitteln“, sagte Zimmer. Sein Part wurde die beschwerliche Radtour, die er den 80 Zuhörern mit Fotos und Videosequenzen präsentierte. Allerdings noch vor dem ersten Schritt nach der Ankunft in dem Städtchen Leh auf einer Höhe von rund 3500 Metern war die Akklimatisierung zu meistern. „Klar merkt man, dass die Luft dünn geworden ist. Nach dem Aufstehen am Morgen muss jede hastige Bewegung unbedingt vermieden werden“, berichtete Zimmer. Er und sein Begleiter Albrecht Steigner radelten dann 800 Kilometer die vor ihnen liegenden Pässe rauf und die nachfolgende Schlucht wieder hinunter. „Die Höhenmeter zählt man gar nicht mehr, es geht doch eh immer weiter“, sagte Zimmer. Übernachtet wurde in Unterkünften oder bei Kühlschrank-Temperaturen im Zelt. Die Verpflegung unterwegs bestand hauptsächlich aus Instant-Suppe und löslichem Kaffee.

39 Kilometer lang und zwischen sechs und acht Prozent steil war der Anstieg zum in der Hochgebirgswelt liegenden Kloster Diskit. „Es war ein unbeschreibliches Gefühl, als wir dann oben waren“, meinte Zimmer. Der Weg war beschwerlich. Immer karger wurde die Landschaft, die Pfade schmäler und die steinernen Erhebungen höher. Die imposante Kulisse der Bergrücken glich den Zacken eines Drachens. Nur ein Trampelpfad führte sie nach ganz oben über den Khardung-Pass. „Alles war schneebedeckt. Der Pass wäre gesperrt, hatten wir in einem Dorf gehört. Es gäbe auch kein Pferd oder einen Führer, um den Pass zu überqueren“, sagte Zimmer. Kommunikation mit der nomadenartig lebenden Bevölkerung in der Bergwelt funktionierte nur mit Händen und Füßen. Schließlich trafen sie eine Frau, die in englischer Sprache verkündete, dass der Pass auf einer Höhe von 5598 Metern geöffnet sei. „Wir haben dann den höchsten Pass der Welt überwunden“, ist Zimmer stolz auf das Erreichte.

Nach jeder Passüberquerung hingen die beiden eine Gebetsfahne auf. Übrigens: Der tibetische Buddhismus ist in der Region überall präsent: Gebetsfahnen wehten im Wind, in den Tälern standen Stupa und Chörten, wie die Schreine genannt werden. Und bei Begegnungen mit Menschen erfuhren sie, dass er und Steigner die Ersten seien, die die als Trekkingroute bekannte Strecke mit den Stationen Lamayuru, Photoksar, Lingshet, Padum, Shingo La und Darcha mit dem Rad bewältigt hätten. „Das ist ein unbeschreibliches Gefühl“, meinte Zimmer.

Zweimal befand sich das Duo in argen Nöten. Einmal riss eine Kette und zudem war der zur Reparatur nötige Kettennieter defekt. „Wir gingen zum nächsten Kloster und fragten, ob man uns helfen kann. Und siehe da, es kam ein Mönch mit Kettenglied und Kettennieter“, schilderte Zimmer einen Glücksmoment. Und dabei sollte es nicht bleiben. Ein Schockmoment ereilte Zimmer und Steigner beim Überqueren einer Steinmauer, als  der Gurt am Rucksack riss, der daraufhin einen steilen Abhang runterrutschte. „Da war alles drin: Geld, Pass, einfach alles“, so der Bubacher. Aber zum Glück blieb der Rucksack an einem Stein hängen, und das kurz bevor er in einem Fluss gelandet wäre. In der dünnen Luft pusteten die Abenteurer kräftig durch. „Es sollte einem hier nichts passieren“, so Zimmer. Die nächste holprige Straße in dieser entlegenen Ecke Indiens liegt entweder ein paar Tagesmärsche nach Süden oder nach Norden.

 Abenteurer Heinz Zimmer hat mit dem Fahrrad rund 800 Kilometer im Himalaya-Hochgebirge zurückgelegt.

Abenteurer Heinz Zimmer hat mit dem Fahrrad rund 800 Kilometer im Himalaya-Hochgebirge zurückgelegt.

Foto: Frank Faber

Zwischen Zimmers spannendem Reisebericht vermittelten die Mönche um Lama Konchog Samten mit einem Friedensgebet und Maskentanz die kulturelle Tradition der nordindischen Gebirgswelt. Mit dem Erlös aus den Veranstaltungen soll eine Schule für Waisenkinder und den Nachwuchs aus armen Familien im nordindischen Ladadkh finanziert werden. Der Grundstein für das Gebäude wurde bereits 2016 in der Nähe von Leh, der Hauptstadt Ladakhs, gelegt. Auch ein Internat und eine Bibliothek sollen hier entstehen. „2022 soll alles fertig sein“, erklärte Zimmer. Bei der Eröffnung will dann Zimmer dabei sein. Er steht genau wie der Dalai Lama jetzt schon auf der Gästeliste. „Das ist nun mein großes Ziel, den Dalai Lama einmal kennenzulernen“, freute sich Zimmer schon auf seinen nächsten Besuch im Norden Indiens

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