„Im Prinzip eine große Familie“

Bliesen · Die Selbsthilfegruppe Morbus Bechterew im Landkreis St. Wendel hat 30-jähriges Bestehen gefeiert. Die SZ besuchte Patienten, die mit der chronisch entzündlichen Rheuma-Krankheit den Alltag meistern.

 Gymnastik im Rehazentrum in Bliesen. Foto: Faber

Gymnastik im Rehazentrum in Bliesen. Foto: Faber

Foto: Faber

Einmal in der Woche treffen sich Mitglieder der Selbsthilfegruppe Morbus Bechterew aus dem Landkreis St. Wendel zur Gymnastik im physiotherapeutischen Rehazentrum Niederlof in Bliesen . Eine Stunde gibt Physiotherapeutin Dominique Schumann die Kommandos. Nach dem Aufwärmen stehen Beweglichkeitsübungen für die Wirbelsäule an. Es wird trainiert, um die Muskulatur zu stärken. Die Sportler sitzen auf Pezzi-Bällen, kreisen mit ihren Armen. Die Stimmung: klasse.

"Im Prinzip sind wir eine große Familie", sagt Gruppensprecher Siegmar Fritsch aus Türkismühle. Der 71-Jährige ist Mitgründer der Selbsthilfegruppe und des Landesverbandes. "Vor 30 Jahren haben wir mit fünf Leuten angefangen." Später waren es 35 Mitglieder, aktuell sind es noch 22 mit einen Durchschnittsalter von über 60 Jahren.

"Es kommen keine jüngeren Leute mehr dazu", bedauert der Gruppensprecher an diesem Abend. Doch dann die Überraschung: Anette Weber hat im Internet von der Selbsthilfegruppe erfahren, sich ins Auto gesetzt und trainiert sofort mit. Eine Dame, die sichtlich den Altersdurchschnitt um einige Jahre drückt, ihre Lebensjahre aber hält sie unter Verschluss.

Fritsch ist darüber völlig überrascht, begrüßt den Neuling und erklärt: "Die wöchentliche Gymnastik unter Anleitung ist ganz wichtig, damit Haltungsfehler wieder ausgebessert werden." Dabei sei es hilfreich, sich auszutauschen und Tipps zu geben, damit man es im Alltag trotz Krankheit etwas einfacher habe.

Kurz beschrieben, ist Morbus Bechterew eine chronisch entzündlich rheumatische Krankheit mit Schmerzen in und Versteifung von Gliedern. "Es hat relativ lange gedauert, bis bei mir Morbus Bechterew festgestellt wurde", schildert Bernd Pfaff (65) aus Frohnhofen. Bei ihm seien die Beine schwer geworden, er hätte nicht mehr richtig laufen können. "Dann habe ich die Tour durch die Wartezimmer der Ärzte gemacht", berichtet er, der über 25 Jahre der Selbsthilfegruppe angehört. Von deren Existenz erfuhr Pfaff seinerzeit während der Reha. Die Ärzte machten nicht auf die Gruppe aufmerksam. "Aber das Gesundheitsamt schickt die Leute zu uns", erklärt Fritsch. Sämtliche Termine der Gruppe organisiere und koordiniere er. "Dazu muss ich Vorbild für die anderen Gruppenmitglieder sein", so sieht Fritsch seine Aufgabe.

Einmal pro Monat plant er einen Infoabend, jährlich steht ein Familientreffen mit Angehörigen an. "Die Geselligkeit muss dabei natürlich immer eine große Rolle spielen." Diesmal falle allerdings die Weihnachtsfeier aus, denn erst kürzlich stemmte die Gruppe ihr Fest zum 30. Geburtstag.

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StichwortDie Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) ist eine schmerzhafte, chronisch verlaufende, entzündlich-rheumatische Erkrankung, die sich vor allem an der Wirbelsäule manifestiert. Entzündungen der Wirbelgelenke, der Gelenke zwischen Wirbeln und Rippen sowie zwischen Kreuz- und Darmbein führen schließlich zur Verknöcherung der Gelenkumgebung und zur knöchernen Überbrückung der Gelenke. Die Folgen sind eine teilweise, im Endstadium vollständige Versteifung mit mehr oder weniger nach vorn gebeugter Haltung sowie Brustkorbstarre. Die Krankheit bricht meist zwischen 15. und 30. Lebensjahr aus. Sie verläuft in Schüben und individuell unterschiedlich. Phasen hoher Krankheitsaktivität mit erheblichen Schmerzen, Abgeschlagenheit und auch Fieber wechseln sich mit Phasen relativen Wohlbefindens ab. Die Bechterewsche Erkrankung ist bis heute nicht heilbar. Die Behandlung muss also mehr oder weniger das ganze Leben fortgeführt werden. Insbesondere muss lauf aufrechte Haltung und genügend Bewegung geachtet werden. Quelle: Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew Landesverband Saarland. www.dvmb-sl.deInformationen über die Selbsthilfegruppe Morbus Bechterew im Landkreis St. Wendel: Gruppensprecher Siegmar Fritsch, Telefon (0 68 52) 61 27. frf

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