„Hanebüchene Planungsfehler“

St Wendel · Von gravierenden Übergangsproblemen beim Öffentlichen Personennahverkehr im St. Wendeler Land spricht Landrat Udo Recktenwald (CDU). Die beiden Busunternehmen, die den ÖPNV im Landkreis seit 1. Januar bedienen, hat er heute zu einem Klärungsgespräch ins Landratsamt gebeten. Unterdessen beseitigen zusätzliche Busse Engpässe und Fehler im Schülerverkehr.

 Die Fahrplanmängel beheben, das ist die Devise im Landkreis. Damit die Kunden dem ÖPNV nicht den Rücken kehren. Foto: B&K

Die Fahrplanmängel beheben, das ist die Devise im Landkreis. Damit die Kunden dem ÖPNV nicht den Rücken kehren. Foto: B&K

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"Es ist für mich durchaus nachvollziehbar, dass es beim Übergang zu Anpassungsschwierigkeiten kommen kann", sagt St. Wendeld Landrat Udo Recktenwald (CDU ) mit Blick auf die neue Struktur des ÖPNV im St. Wendeler Land. Allerdings: "Überhaupt kein Verständnis habe ich jedoch dafür, dass offenbar eingespielte Schulbusverkehre nicht mehr fahren. Dies hat nichts mit angeblichem Sparen des Aufgabenträgers (des Landkreises, Anmerkung der Redaktion), sondern mit gravierenden Planungsfehlern zu tun." Offenbar habe es an den Schnittstellen zwischen allen Beteiligten - Unternehmen, Kreis, Gemeinden, VGS, Schulen - Fehler gegeben. Auch sei bisher nicht geklärt, warum das damit beauftragte Unternehmen das Fahrplanbuch nicht wie vereinbart haushaltsdeckend verteilt habe.

Die notwendige Korrektur der Fahrpläne hat Recktenwald zur Chefsache erklärt und für heute die beiden Unternehmen, die für das Liniennetz zuständig sind, zum Spitzen- und Klärungsgespräch ins Landratsamt einbestellt. Mit der Stadtbus Zweibrücken und der Saar-Mobil fahren nach der notwendigen EU-weiten Ausschreibung zwei neue Unternehmen die drei Linienbündel im Landkreis.

Recktenwald nimmt in einer Pressemitteilung die Mitarbeiter seiner Verwaltung in Schutz, die sich seit Monaten intensiv auf die neuen Aufgaben vorbereitet hätten, auch unter Inanspruchnahme externen Sachverstandes und mit interner Personalverstärkung. Auch die Gremien des Kreistages hätten sich intensiv mit der Neuausschreibung befasst.

Der CDU-Politiker: "Wir haben uns darauf verlassen und auch verlassen müssen, dass in der Planung selbstverständlich das übernommen wird, was - wie der Schulbusverkehr - unabdingbar in der bisherigen Form zu einem bedarfsorientieren ÖPNV gehört, worauf Eltern und Kinder einen Anspruch haben und sich auch verlassen können müssen." Und weiter: "Bis Montag hätte ich mir nicht vorstellen können, dass dies nicht geschieht. Es ist für mich schleierhaft, warum ein bisher um 7.04 Uhr problemlos von A nach B fahrender Schulbus plötzlich nicht mehr fährt und warum ein bisheriger Ganztagsschulbus statt um 16 Uhr um 15.30 Uhr kommt, obwohl die Betreuung bis 16 Uhr geht." Recktenwald unterstreicht: "Das sind hanebüchene Planungsfehler, die wir nicht akzeptieren können."

Vor diesem Hintergrund habe er großes Verständnis für die Kritik und Verunsicherung der betroffenen Bürger. Seine Mitarbeiter seien rund um die Uhr bemüht, jede Rückmeldung in Rückkopplung mit den Unternehmen abzuarbeiten. Im Gespräch mit den Unternehmen wolle er Klarheit darüber, wo die Planungsfehler liegen und wie sie umgehend behoben werden können.

Es habe Probleme im Schulbusverkehr bei den Kapazitäten gegeben, bestätigt Rolf Tödtmann, Regionalleiter Südwest des Unternehmens Stadtbus Zweibrücken, der SZ. Diese habe man abgestellt. Stadtbus Zweibrücken ist zuständig für das Linienbündel 1, bedient den Bereich zwischen der Kreisstadt St. Wendel und den Gemeinden Marpingen und Tholey. Mittlerweile seien drei Busse mehr im Einsatz, als ausgeschrieben waren, so Tödtmann. Vom Bohnental zur Schule nach Marpingen sei kein direkter Anschluss geplant gewesen. Diese zusätzliche Verbindung habe man innerhalb eines Tages sichergestellt. Alle Fahrer in seinem Zuständigkeitsbereich hätten Einweisungsfahrten gemacht, sagt der Regionalleiter .

"Die Probleme sind vielfältig", erklärte auf SZ-Anfrage Saar-Mobil-Geschäftsführer Arne Bach. Saar-Mobil fährt die Linienbündel 2 und 3 mit Namborn, Oberthal, Nonnweiler, Nohfelden, Freisen und den dazugehörigen Verbindungen zur Kreisstadt. Die Ausschreibung des Landkreises habe nicht alle Fahrten im Schülerverkehr beinhaltet, oder es habe im Zeitraum von der Ausschreibung bis zum Fahrplanwechsel am 1. Januar Veränderungen gegeben, die nicht eingearbeitet worden seien, erklärt der Geschäftsführer. Als Beispiel nennt Bach die Ganztagsschule am Arnold-Janssen-Gymnasium. Diese habe es bei der Ausschreibung noch nicht gegeben. Auch gebe es an einigen Schulen besondere Gepflogenheiten. So habe sich bisher der Busfahrer bei einer Grundschule gemeldet, dass er da sei. Erst dann seien die Kinder zum Bus gekommen. Da man dies nicht gewusst habe, sei der Bus am ersten Tag leer weitergefahren. Probleme, was Verspätungen angeht, bereitet den Unternehmen darüber hinaus die Sperrung am Finanzamt in St. Wendel . Da viele neue Fahrer eingesetzt sind, sei es auch vorgekommen, dass Fahrer falsch abgebogen seien. Wichtige Probleme habe man aber gelöst, so Bach. Ab heute fahren fünf zusätzliche Busse im Schülerverkehr, ab Freitag sind es dann sogar sechs. Die SPD im Landkreis reagiert mit Unverständnis auf das Chaos im Schülerverkehr. In einer Mitteilung schreibt der SPD-Kreisvorsitzende Magnus Jung : "Dass es bei einem Betreiberwechsel zu Startschwierigkeiten kommt, war zu erwarten. Doch was wir jetzt erleben, geht weit darüber hinaus." Anscheinden habe es bereits in der Ausschreibung und in der Vorbereitung in den letzten Jahren erhebliche Mängel und Versäumnisse gegeben. Wer dafür verantwortlich sei, müsse jetzt geklärt werden, so Jung.

Vor allem müsse jetzt alles getan werden, damit die Schüler wieder ordnungsgemäß zur Schule und zurückkommen. Jung: "Die SPD-Kreistagsfraktion hat deshalb für die nächste Woche eine Sondersitzung des ÖPNV-Ausschusses beantragt." Dabei werde es auch um die Frage gehen, ob und welche Mehrkosten auf den Landkreis zukommen. Jung: "Wenn der Landrat das Thema jetzt zur Chefsache macht, dann sollte man ihn fragen, warum er das nicht vorher gemacht hat."

Das ist auch die Meinung der Juso-Kreisvorsitzenden Sandra Henkel: "ÖPNV muss von Anfang an Chefsache sein, nicht erst, wenn das Chaos ausgebrochen ist." Die aktuelle Situation weise Planungsfehler auf, die eindeutig hätten vermieden werden können, schreibt sie in einer Mitteilung.

Wenn Strecken gar nicht mehr bedient würden, hätte das bereits bei der Auswertung der eingegangen Angebote auffallen müssen. Noch im Dezember habe Landrat Udo Recktenwald (CDU ) betont, dass sich das ÖPNV-Angebot an vielen Stellen verbessern werde. Nun fragten sich die Jusos doch, worin die Verbesserung eigentlich bestehe.

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