Aktion Haarige Wohltaten von Engeln mit Scheren

St. Wendel · Mit kostenlosen Rasuren und Haarschnitten geben Frisöre mittellosen Menschen ein Stück Selbstvertrauen und Würde zurück.

 Barber René Voborsky bei der Arbeit. Behutsam trimmt er den Bart eines Odachlosen in Köln. 

Barber René Voborsky bei der Arbeit. Behutsam trimmt er den Bart eines Odachlosen in Köln. 

Foto: Sebastian Luty

Sie sehen aus wie Rocker, nennen sich „Barber Angels Brotherhood“. Immer mehr Friseure in Deutschland schneiden Obdachlosen und anderen armen Menschen gratis die Haare. Dafür haben sich im Club „Barber Angels Brotherhood“ (Bruderschaft der Friseur-Engel) mittlerweile mehr als 50 professionelle Figaros zusammengetan.

Rein optisch stellt man sich Engel sicherlich anders vor. Doch diese tragen Lederkutten als Markenzeichen. Sie sollen Nähe zum Ausdruck bringen. Von Designerklamotten oder Schicki-Micki-Gehabe halten die „Barber Angels“ überhaupt nichts. Schließlich haben ihre Gäste damit ebenfalls wenig zu tun. Die Nächstenliebe ist für die sozial eingestellten und ehrenamtlich tätigen Friseure eine Tugend, als Lohn reicht eine Umarmung.

Ein Clubmitglied ist der St. Wendeler Barbershop-Chef René Voborsky. „Ich habe in der Friseurzeitung von den Angels gelesen und mich daraufhin sofort gemeldet“, berichtet Voborsky. Ein Anruf von Barber-Angels-Gründer Claus Niedermaier hat gereicht, seitdem trägt er die Barberkutte. Einmal im Monat besucht der 36-Jährige nun mit weiteren Vereinskollegen – auf eigene Kosten – in einer größeren Stadt ein Heim für Wohnungslose und arbeitet dort gratis.

Als Arbeit empfindet er es nicht, Obdachlosen und bedürftigen Menschen die Haare zu schneiden und ihnen so einen neuen Look zu verpassen. Voborsky hat bereits auf der Kölner Domplatte frisiert und rasiert. Zuletzt beim Sommerfest des Vereins „Heimatlos in Köln“ haben der Barber aus der Kreisstadt und seine Berufskollegen 120 obdachlose Menschen salonfähig gemacht. Das Wort „Kunde“ nehmen sie dabei nicht in den Mund. Schließlich zahlen die Menschen, die bei ihnen auf dem Stuhl sitzen, keinen Cent.

Die Aktionen der „Barber Angels“ sollen den Obdachlosen neues Selbstbewusstsein vermitteln, mit dem sie vielleicht wieder Fuß in der Gesellschaft fassen können. „Vor zwei Jahren sind diese Menschen während der Flüchtlingswelle fast völlig in Vergessenheit geraten“, kritisiert Voborsky. Die am Rande der Gesellschaft lebenden Menschen nun aus Eigennutz zur Schau zu stellen, sei keineswegs das Anliegen der Figaros. „Im Gegenteil. Wir wollen wach rütteln und den Obdachlosen und anderen Bedürftigen ihr Gesicht zurückgeben“, betont der Barber. Denn die Gäste auf dem Friseurstuhl seien nicht nur Menschen, die kein Dach mehr über dem Kopf haben. Oft seien es auch solche, die sich einfach keinen Friseur leisten können. „Diese Menschen in der Millionenstadt Köln besitzen selbst so gut wie nichts, haben mir aber viel gegeben. Einer hat mir eine Zigarette angeboten. Es ist einfach schön zu spüren, dass sie keine Hemmschwelle haben“, sagt Voborsky. Zum Haarschnitt und der Rasur werden die Gäste verköstigt und zusätzlich mit Lesebrillen und Hygiene-Artikel versorgt. „Es waren schon emotionale Momente für mich, wenn man sieht, wie glücklich man jemanden machen kann und wie dankbar und herzlich diese Menschen sind“, erklärt der Barber.

 Als Mitglied der Barber Angels stylit René Voborsky kostenlos jene Menschen, die sich keinen Fiseurbesuch leisten können.

Als Mitglied der Barber Angels stylit René Voborsky kostenlos jene Menschen, die sich keinen Fiseurbesuch leisten können.

Foto: Sebastian Luty

Im kommenden Monat startet Voborsky zu einer weiteren Mission der Angels, am 24. September klickt seine Schere in Saarbrücken. „Das wird eine große Geschichte“, kündigt Gaby Günther, Pressesprecherin des Vereins, an. Dafür sollen weitere Saar-Figaros mit Schere und Rasiermesser zum Mitmachen animiert werden.

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