Fingerzeig für eine Welt ohne Gewalt

St Wendel · „Tanz, steh' auf“: Mit dieser Botschaft wenden sich Landkreis, Stadt St. Wendel und Lebenshilfe an Frauen in der Region. Am 14. Februar sollen sie auf dem Schlossplatz in St. Wendel tanzen und ihre Hand gegen Gewalt an Frauen erheben.

 Die Hand heben gegen Gewalt: Frauen proben die Choreografie für den V-Day auf dem Schlossplatz in St. Wendel. Foto: B&K

Die Hand heben gegen Gewalt: Frauen proben die Choreografie für den V-Day auf dem Schlossplatz in St. Wendel. Foto: B&K

Foto: B&K

Die ersten Takte gleichen einem Herzschlag. Konzentriert schauen die Akteure auf Trainerin Katja Bonny. Der Puls wird schneller, die Melodie setzt ein und damit die ersten Bewegungen. Knapp 30 Frauen und ein Quotenmann treffen sich an diesem Donnerstagnachmittag in der Turnhalle der Lebenshilfe St. Wendel , um eine Choreografie zu lernen. Damit sind sie nicht alleine. Denn überall auf der Welt treffen sich dieser Tage Menschen, um zusammen zu tanzen, zu den Rhythmen des gleichen Liedes aus dem gleichen Grund.

Die Aktion "One Billion rising" ist in St. Wendel angekommen. 2012 von der New Yorker Künstlerin und Feministin Eve Ensler initiiert, geht es darum, Solidarität zu zeigen - mit Frauen im Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt. Die Zahl Billion (eine Milliarde) ergibt sich aus einer Statistik der Vereinten Nationen (UN). Derzufolge wird eine von drei Frauen in ihrem Leben entweder vergewaltigt oder Opfer von schwerer körperlicher Gewalt.

Am Sonntag, 14. Februar, geht es darum, dass diese Opfer sich erheben. "Frauen sind kein Besitz" heißt es in dem Lied "Spreng die Ketten” ("Break the Chain"), das zur Aktion gehört. "Der Diskriminierungsgrund Geschlecht ist noch lange nicht aus der Welt", sagt die Kreis-Frauenbeauftragte Ursula Weiland. Sie hat während einer bundesweiten Versammlung 2012 bereits von der Aktion erfahren. Gefallen hat ihr dieser "alternative Valentinstag" sofort. Doch gab es Zweifel, ob "wir das in St. Wendel hinkriegen". Doch vergangenes Jahr hat sie sich Kooperationspartner mit ins Boot geholt. Landkreis, Kreisstadt und Lebenshilfe stehen zusammen, um den V-Day (siehe Infobox) auf dem Schlossplatz zu organisieren.

Bei den Begriffen Gewalt und Missbrauch gegenüber Frauen fühlen sich aktuell sicherlich viele an die Schreckensmeldungen aus der Silvesternacht in Köln erinnert. Dort wurden Frauen sexuell belästigt. Von jungen Männern, die aus nordafrikanischen Ländern stammen sollen. Doch Weiland betont, dass es Gewalt gegen Frauen auch ohne Flüchtlinge oder Asylbewerber gebe. "109 mal im Jahr rückt die Polizei im Landkreis St. Wendel zu Fällen häuslicher Gewalt aus", nennt sie eine Zahl. Doch diese spiegelt nur jene Fälle wieder, in denen Beamte zur Hilfe gerufen werden. Die Dunkelziffer sei mit Sicherheit höher.

Bei "One Billion rising" stehen die Frauen zusammen auf. "Sie realisieren: Wir sind die Hälfte der Menschheit, warum sollen wir uns unterdrücken lassen?" Die Kreis-Frauenbeauftragte wünscht sich am Valentinstag 500 Frauen auf dem Schlossplatz. Und Männer, die ihre Solidarität bekunden. Es wird eine Bühne geben, auf der Trainerin Bonny die Choreografie zeigt. Die Menschen davor sollen spontan mittanzen. Trotz des ernsten Themas sagt Weiland: "Es ist eine Demo mit guter Laune, Musik und Tanz."

Die gute Laune ist den Tänzern beim Training schon mal anzusehen. Sie lächeln. Nach Einheit Nummer drei ist Katja Bonny von der Leistung ihrer Schützlinge angetan. Sie habe die Choreografie etwas entschärft. Im Großen und Ganzen sei sie weltweit in etwa gleich. "Aber jeder Choreograf bringt kleine Änderungen ein", so die Trainerin. Durch Katja Biehl von der Lebenshilfe kam sie zu der Aktion. "Ich denke, die Thematik ist aktueller denn je. Deshalb sollten wir jetzt ein Zeichen setzen."

Die letzten Takte des Liedes erklingen. Die Tänzer strecken ihre Arme in die Luft und zeigen gen Hallendecke, die Blicke nach oben gerichtet. "In diesem Moment muss alle Kraft bis ins Universum gehen", motiviert Weiland. "Stellt euch vor, dass auf der ganzen Welt die Frauen in diesem Moment in dieser Pose stehen." Dieser Gedanke gefällt Heike Groß. "Ich finde die Aktion super", sagt sie und lobt das Gemeinschaftsgefühl. Ein Grund, mitzumachen war für sie aber auch die Aktualität der Thematik. Der globale Aspekt reizt Astrid Johann an dem V-Day. "Ich mache mit, weil ich es wichtig finde, dass Frauen aufstehen gegen Gewalt und Unterdrückung ." Gleichzeitig gehe es aber auch um den Spaß. Und den hat sie beim Tanzen, auch wenn ihr die ein oder andere Schrittfolge noch ein bisschen schwer falle. Auch Simone Jungmann von der Lebenshilfe wird am 14. Februar ihre Hand erheben. "Es ist eine tolle Aktion. Ich bin gespannt, wie viele kommen."

Der V-Day startet am Sonntag, 14. Februar, 14 Uhr auf dem Schlossplatz in St. Wendel . Trainiert wird heute, 18 Uhr in der Turnhalle der Lebenshilfe .

Zum Thema:

HintergrundDer V-Day steigt am Sonntag, 14. Februar, erstmals in St. Wendel . Das V steht unter anderem für die englischen Begriffe victory (Sieg) oder violence (Gewalt). Es ist ein Aktionstag, der ein Zeichen setzen möchte gegen Gewalt an Frauen. Daraus entwickelt hat sich die Kampagne "One Billion rising". Die Idee, dass sich an einem Tag weltweit eine Milliarde Frauen erhebt und gegen Diskriminierung und Unterdrückung kämpft. Es ist ein friedlicher Kampf mit Musik und Tanz. Die Zahl Milliarde verweist auf eine Studie der Vereinten Nationen. Diese besagt, dass ein Drittel aller Frauen in ihrem Leben Opfer von Gewalt werden. evy

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