Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners Experte rät, Nester wegzusaugen statt zu Chemie zu greifen

St. Wendel · Wenn sich der Eichenprozessionsspinner an Bäumen bei Schulen oder Sportplätzen ansiedelt, muss er oft weichen.

 Eine Raupe des Eichenprozessionsspinners kriecht auf einem Eichenstamm entlang. Der Nachtfalter baut Nester in den Baumkronen. Die Härchen der Ruapen können Allergien auslösen.

Eine Raupe des Eichenprozessionsspinners kriecht auf einem Eichenstamm entlang. Der Nachtfalter baut Nester in den Baumkronen. Die Härchen der Ruapen können Allergien auslösen.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) ist ein Nachtfalter mit einer Flügelspannweite von gerade einmal 25 bis 30 Millimetern. Er bevorzugt warm-trockenes Klima und breitet sich aufgrund der Klimaveränderungen immer stärker im Saarland aus. „Der Eichenprozessionsspinner war lange unter dem Radar und ist an  warmen Stellen im Bliesgau und bei Perl vorgekommen. Er ist keineswegs aus Südeuropa eingewandert und zieht jetzt seit zehn Jahren durch das Saarland“, erklärt Andreas Werno, Insektenforscher am Zentrum für Biodokumentation in Landsweiler-Reden. Aus seiner Sicht werde der Eichenprozessionsspinner oft nur auf das Schädliche reduziert, weil die Bekämpfung mit Kosten verbunden ist. „Er ist ein eher unscheinbarer, graubrauner Nachtfalter, der als Schmetterling harmlos ist“, meint Werno.

Besiedelt werden eichenreiche Wälder, bevorzugt an trockenen und lichten Orten. Die Tiere jedoch treten auch an Einzelbäumen auf,  etwa an Straßenrändern, in Parks und im urbanen Bereich. Ab Juni bauen Eichenprozessionsspinner-Raupen ihre typischen Gespinstnester in Astgabeln und an Eichenstämmen. „Die Raupen des Eichenprozessionsspinners ernähren sich ausschließlich von den Blättern  weichblättriger Eichenarten“, erklärt der Insektenforscher. Empfehlenswert sei eine Bekämpfung immer dann, wenn sich an einer Befallsstelle regelmäßig und länger Menschen aufhalten (Parks, Sportplätze, Schulen, Kindergärten, Picknickplätze, Ruhebänke). „Am besten ist es, das befallene Areal sofort abzusperren, sodass sich niemand dort aufhält“, rät Werno.

Bestehen denn mögliche Gefahren für den Menschen? „Die schon vom ersten Larvenstadium an stark behaarten Raupen bilden nach der zweiten Häutung besondere Haare aus. Sie brechen ab und können vom Wind über weite Strecken verfrachtet werden“, erläutert er. Die innen hohlen, mit Widerhaken versehenen Härchen beinhalten das Nesselgift Thaumetopoein. „Nur wenn sich die Widerhaken in die menschliche Haut bohren, kann es zu allergischen Reaktionen kommen“, meint Werno. Eine Berührung der Härchen könne einen Juckreiz, ähnlich wie bei einer Brennnessel auslösen. Und deshalb soll sich niemand mit freiem Oberkörper in der Nähe der Eichen aufhalten. Der Ethologe empfiehlt weiter, dass Cabriofahrer ihre Autos nicht mit offenem Verdeck unter einem mit Warnschild gekennzeichneten Baum abstellen sollten.

„Die Lebensdauer des Baumes ist durch den Eichenprozessionsspinner nicht beeinträchtigt, er schlägt sich ja nicht den eigenen Sarg zu“, stellt Werno fest. Besonders in den vergangenen drei Jahren ist eine deutliche Zunahme der Schmetterlingsart festgestellt worden. „Das sehr warme Jahr 2018 hat seine Ausbreitung sicher begünstigt“, findet Werno. Und dadurch stellt sich nun in jedem Jahr die Frage der Bekämpfung. „Muss ich? Kann ich? Es kostet Geld und es wird ja nicht weniger“, so der Experte.

Wie soll denn die Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners eingedämmt werden? Von präventiven Maßnahmen rät Werno ab. „Das muss man genehmigen lassen und das wissen die wenigsten“, mahnt er. Und zur Vorbeugung würden oft chemische Behandlungsmittel zum Einsatz kommen. „Auf der Eiche leben zwischen 700 bis 800 Insektenarten, die dann eliminiert werden. Zudem schädigt das Vorgehen die Biodiversität“, betont Werno. Ebenso spricht er sich gegen die rein thermischen Verfahren durch Abflammen der Nester am Stamm aus. „Durch die entstehende Hitze wird der Baum geschädigt“, stellt er klar. Das Absaugen der Raupe und der Gespinste ist für den Insektenforscher die schonendste Methode. Die Sauger sind mit feinen Filtern ausgestattet, damit die Härchen nicht in die Luft gelangen können. „Gespinstnester und Raupen sollten stets von geschultem Fachpersonal beseitigt werden“, appelliert der Insektenforscher. Südliche Regionen seien im Saarland stärker vom Besuch des Eichenprozessionsspinners betroffen als der Landkreis St. Wendel.

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