Erntezeit in Feld und Flur

St. Wendel · „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, besagt eine landläufige Redensart. Aber wird er denn auch aufgelesen, wenn er gefallen ist? Oder wird er überhaupt gepflückt, wenn er mehr oder weniger ansehnlich gewachsen und gereift am Baum hängt? SZ-Mitarbeiter Heino Bernhard hat beim Kreisvorsitzenden der Obst- und Gartenbauern, Rüdiger Rauber, und beim Geschäftsführer des Kreisverbands der Obst- und Gartenbauvereine, Michael Keller, nachgefragt, welche Ernte zu erwarten ist.

Wie sind die Ernteaussichten auf den Streuobstwiesen im Landkreis St. Wendel in diesem Jahr?

Rüdiger Rauber: Wir erwarten diesmal eine richtig gute Ernte. Die Äpfel sind zwar, bedingt durch die lange Trockenheit im Juli und August, kleiner, aber mengenmäßig sieht es dennoch gut aus.

Michael Keller: Wenn alles an Äpfeln geerntet würde, was im Kreis wächst, hätten wir wohl eine Menge von etwa 2000 Tonnen Äpfeln zu erwarten. Weil das aber bei Weitem nicht der Fall ist, werden am Ende wahrscheinlich lediglich 600 Tonnen Äpfel aus dem Kreis St. Wendel auch verwertet.

Was heißt Verwertung denn konkret?

Rüdiger Rauber: Wir haben derzeit 30 Keltereien im Landkreis und 13 Abfüller für Apfelsaft. Das ist eigentlich ein sehr großes Potenzial an Verwertungsmöglichkeiten. Dazu kommt, dass es in Hasborn-Dautweiler und Baltersweiler Sammelstellen gibt, zu denen man seine Äpfel hinbringen und gegen Saft aus der Merziger Süßmosterei eintauschen kann.

So viele Möglichkeiten - und dennoch sieht man immer wieder Obst an Bäumen hängen, das offenbar niemand pflücken mag.

Michael Keller: Das Problem ist erkannt. Es gibt immer wieder Streuobstwiesen, die von den Eigentümern nicht mehr gepflegt werden können und auf denen auch nicht mehr geerntet wird. Dazu haben wir über den Landesverband eine Streuobstbörse eingerichtet, wo sich Interessenten an solchen Grundstücken und am Obst, das darauf wächst, orientieren können. 50 Angebote haben wir dort zurzeit, Tendenz steigend.

Tendenz steigend, kann man das auch von Mitgliederzahlen in Ihren Vereinen sagen?

Rüdiger Rauber: Unsere Mitgliederzahl ist seit Jahren relativ stabil und schwankt immer im Bereich von etwa 6000 Mitgliedern in derzeit 51 Vereinen. Im Bereich der Mitgliederwerbung sind wir immer aktiv, um an jüngere Leute heranzukommen. Das ist eigentlich permanent unsere Aufgabe, auch wenn wir nicht immer spezielle Werbeaktionen machen können wie 2013, wo wir relativ erfolgreich waren und über 100 neue Mitglieder dazu gewonnen haben.

Und wie sieht die Altersstruktur in den Vereinen aus?

Rüdiger Rauber: Es wäre sicher mal interessant, eine zuverlässige Erhebung zu machen. Insgesamt aber sind die Vereine derzeit wohl eher überaltert. Wir haben ganze Gebiete, in denen das Durchschnittsalter der Mitglieder bei 70 Jahren und darüber liegt. Es gibt aber auch Anzeichen dafür, dass hier ein Verjüngungsprozess im Gang ist. In Theley zum Beispiel haben wir einen jungen Vorstand und als Folge davon auch eine ganze Reihe, sicher über 20 neue Mitglieder, in jüngeren Jahren. Das stimmt hoffnungsfroh.

Welche Schwerpunkte setzen sich die Obst- und Gartenbauvereine für die nahe Zukunft?

Rüdiger Rauber: Wir werden in nächster Zeit unser Hauptaugenmerk auf die Pflege der Obstbäume richten. Im Bereich unserer Vereine haben wir 17 neue, voll ausgebildete Baumwarte, die beim Baumschnitt richtig zur Sache gehen. Das sind echte Profis, die so manchen Baum zu neuem Leben erwecken können.

Michael Keller: Es wird auch einen Fotowettbewerb geben, der die Leute für unser Thema sensibilisieren soll: die Streuobstwiese im Wandel der Jahreszeiten. Da werden für jede Jahreszeit die besten Bilder prämiert und auch öffentlich präsentiert. Wir werden die Aktion demnächst vorstellen.

Zum Thema:

Michael Keller "zählt" jährlich die Äpfel im Landkreis St. Wendel. Im Auftrag des Verbandes der Fruchtsaftindustrie nimmt er diese statistische Erhebung vor. Dazu hat er sich 20 verschiedene Stellen im Kreisgebiet ausgesucht. An den dortigen Apfelbäumen ermittelt er im Juni, nachdem der Baum die Früchte abgeworfen hat, die nicht ausreifen werden, die Anzahl der Äpfel , die voraussichtlich reifen. Ein hypothetischer Wert, aber den Saftherstellern dient er als Anhaltspunkt dafür, welche Menge heimischer Früchte in die Presse kommen. be

Zum Thema:

In den kommenden Wochen ist Erntezeit in Feld und Flur und auch die Obstbauern im Landkreis ziehen Bilanz, diesmal bei der Jahreshauptversammlung am Samstag, 12. September, im Dorfgemeinschaftshaus Osterbrücken. be

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